Ich fürchte mich nicht: Roman (German Edition)
riskant war, mich hierherzuschicken, und hat sich vermutlich nicht gewundert, als ich tot gemeldet wurde. Gewundert hat er sich dann, als ich zurückkam.« Adam zuckt die Achseln, als wäre sein Tod ein unwichtiges Detail. »Die Strahlung setzt irgendwie die Wirkung dieses Peilserums außer Kraft. So dass jetzt also alle glauben, ich sei tot.«
»Aber wird Warner nicht auf die Idee kommen, dass du hier bist?«
»Kann sein.« Adam blinzelt ins schwindende Sonnenlicht. Unsere langen Schatten sind reglos. »Ich könnte aber auch erschossen worden sein. So oder so gewinnen wir Zeit.«
Er nimmt meine Hand und lächelt mich an. Mir kommt plötzlich ein Gedanke.
»Aber was ist mit mir?«, frage ich. »Werde ich nicht an der Strahlung sterben?« Ich hoffe, dass ich nicht so panisch klinge, wie ich mich fühle. Noch nie hing ich so sehr am Leben wie jetzt. Ich will nicht so schnell wieder verlieren, was ich gerade erst gefunden habe.
»Oh – nein.« Er schüttelt den Kopf. »Entschuldige, das habe ich vergessen: Einer der Gründe, weshalb Warner mich hergeschickt hat, um diese Proben zu nehmen, ist, dass auch du immun bist gegen die Strahlung. Er hat alles über dich gelesen und mir gesagt, er hat diese Information in Krankenhausakten gefunden. Du bist getestet worden –«
»Davon habe ich nie –«
»– vermutlich ohne dein Wissen, und obwohl die Strahlung deutlich messbar war, konnte sie dir nichts anhaben. Mit dir ist alles völlig in Ordnung.«
Völlig in Ordnung .
Diese Formulierung ist so unpassend, dass ich unwillkürlich lachen muss. Dann beherrsche ich mich. »Mit mir ist alles völlig in Ordnung? Das war ein Witz, oder?«
Adam starrt mich so eindringlich an, dass ich erröte. Er hebt mein Kinn und schaut mir in die Augen. Blau Blau Blau, das in mich dringt. Seine Stimme ist tief und ruhig. »Ich glaube, ich habe dich noch nie lachen hören.«
Er hat so sehr recht damit, dass ich ehrlich sein muss. Ich lächle verlegen. »Lachen hat etwas mit Leben zu tun«, sage ich beiläufig und mit einem Achselzucken. »Ich war bislang noch nie wirklich lebendig.«
Er schaut mir unbeirrt in die Augen, und sein Blick zieht mich in seinen Bann. Beinahe spüre ich das Pochen seines Herzens an meiner Haut. Beinahe spüre ich seine Lippen, die mich beatmen. Beinahe spüre ich seinen Geschmack auf der Zunge.
Er atmet zittrig ein und zieht mich an sich. Küsst mich auf den Kopf.
»Lass uns nach Hause gehen«, flüstert er.
29
Nach Hause.
Was meint er damit?
Ich öffne die Lippen, um zu fragen. Erhalte nur ein geheimnisvolles Lächeln zur Antwort. Ich bin aufgeregt und ängstlich und neugierig. In meinem Bauch schlagen Trommeln im Einklang mit meinem Herzen, und ich vibriere fast vor Nervosität.
Jeder Schritt ist ein Schritt, der mich weiter von der Anstalt, von Warner, von meinem sinnlosen bisherigen Leben fortträgt. Jeder Schritt ist ein Schritt, den ich aus freiem Willen tue. Zum ersten Mal in meinem Leben gehe ich vorwärts, weil ich es will , weil ich Hoffnung und Liebe und die Energie der Schönheit in mir spüre. Weil ich wissen will, wie es sich anfühlt zu leben . Ich könnte mir einen Windstoß fangen und für immer auf ihm reiten.
Ich fühle mich, als sollte ich Flügel haben.
Adam führt mich zu einem Schuppen am Rand dieses verwilderten Felds, das von Unkraut und bizarren buschartigen Tentakeln überwuchert ist, von abscheulichen und stachligen und vermutlich hochgiftigen Pflanzen. Ich frage mich, ob wir hier in dem Schuppen Unterschlupf suchen sollen. Blinzle, als ich ins Dunkle trete und sich langsam ein Umriss vor meinen Augen abzeichnet.
Ein Fahrzeug.
Ich blinzle noch mal.
Ein Panzer.
Adam schaut mich an, freut sich an meinem Erstaunen. Redet los wie ein Wasserfall. »Ich habe Warner weisgemacht, dass ich einen Panzer ruiniert habe, mit dem er mich hier hochgeschickt hatte. Die Motoren dieser Teile laufen mit Strom. Ich habe Warner gesagt, die Steuerung sei bei dem Kontakt mit irgendwelchen Chemikalien durchgebrannt, die hier in der Luft sind. Er schickte mir einen Wagen, der mich abholte, und sagte, ich solle den Panzer einfach zurücklassen.« Er lächelt durchtrieben. »Warner hatte mich gegen den Willen seines Vaters hierhergeschickt und wollte verheimlichen, dass er einen 500 000-Dollar-Panzer ruiniert hatte. Im offiziellen Bericht steht, dass der Panzer von Rebellen erbeutet wurde.«
»Könnte ihn nicht jemand hier entdeckt haben?«
Adam öffnet die Beifahrertür. »Zivilisten halten
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