Ich gegen Amerika: Ein deutscher Anwalt in den Fängen der US-Justiz (German Edition)
Amerikaner denn mit mir so machen? Im ‹Spiegel› ist die Geschichte des Deutschen Donald Klein zu lesen, der im Iran zu 18 Monaten verurteilt worden ist, von denen er inzwischen mehr als ein Jahr abgesessen hat. Interessant an dem Fall ist für mich, dass die deutschen Behörden sehr aktiv sein können – wenn sie denn wollen. Bundespräsident Köhler hat wegen der 4 Monate Restzeit ein Gnadengesuch geschrieben!»
Von so viel Engagement konnte ich nur träumen. Bis jetzt hatten die deutsche Botschaft und das Generalkonsulat in Miami wenig für mich getan. Ihre Fürsorge hatte sich darauf beschränkt, einen reichlich überforderten Referendar als Prozessbeobachter zu meinem bond hearing zu schicken. Außerdem hatte man mir im FDC Miami ein- oder zweimal einige völlig veraltete deutsche Zeitungen zukommen lassen.
Anfang 2007 ging in Deutschland der Fall Murat Kurnaz durch die Medien: Er hatte fünf Jahre lang unschuldig in US-Gefangenschaft gesessen, viereinhalb Jahre allein in Guantánamo. Die Bundesregierung hatte 2002 seine Auslieferung nach Deutschland abgelehnt, obwohl seine Unschuld schon damals bekannt war. Man schien in der deutschen Politik und den deutschen Behörden auch weiterhin die Auffassung zu pflegen, dass es sich bei den USA um einen Rechtsstaat handelte.
Und ich war hier schließlich rechtskräftig verurteilt.
Factories with Fences – Industrie hinter Gittern
«Wir sind stolz auf das Engagement der FPI-Mitarbeiter und der Gefangenen, die unsere Männer und Frauen beim Dienst an der Waffe mit Gütern und Dienstleistungen von höchster Qualität versorgen. Wir erkennen aber auch, wie wichtig es ist, das Unternehmen auf ein mögliches Ende des Irak-Krieges und damit auf eine sinkende Nachfrage für militärische Produkte vorzubereiten.» So steht es im Jahresbericht der Federal Prisons Industries Inc. (FPI) – Markenname: Unicor – für das Jahr 2006. Unicor beschäftigt ausschließlich Federal -Gefangene und ist das größte, aber nicht das einzige Unternehmen für Häftlingsarbeit in den USA.
Neben Unicor gibt es zahlreiche weitere staatliche, halbstaatliche und private Firmen, die auf Bundesstaaten-Ebene Gefangene mit – in weitestem Sinne – Industriearbeit beschäftigen: In rund einem Viertel aller amerikanischen Strafanstalten gibt es Produktionsstätten der prisons industries . Sechs Prozent der Strafgefangenen in state prisons haben, so eine Erhebung aus dem Jahre 2000, einen solchen Arbeitsplatz. Selbst wenn man davon ausgeht, dass dieser Anteil konjunkturbedingt zurückgegangen ist, arbeiten heute über 100 000 amerikanische Strafgefangene in über 500 Haftanstalten für Unternehmen der prison industries .
Unicor ist also nur ein Beispiel. Die Federal Prisons Industries Inc. wurde 1934 gegründet. Von Anfang an war dem Unternehmen im Besitz des Bureau of Prisons verboten, auf dem freien Markt mit privatwirtschaftlichen Betrieben zu konkurrieren. Aber der Staat darf und soll sich der billigen Häftlingsarbeit bedienen: Beschäftigte, die verlässlich und pünktlich zur Arbeit erscheinen, sich selten krankmelden, nicht gewerkschaftlich organisiert sind und keine Chance haben, den Arbeitsplatz zu wechseln. Zur breitgefächerten Produktpalette von Unicor gehören Textilartikel, Möbel, Elektronik- und Fahrzeugteile, aber auch Müllrecycling und Büro-Dienstleistungen. Und jede Menge Zubehör für die Armee. Über die Hälfte der Produktion von Unicor geschieht im Auftrag des amerikanischen Verteidigungsministeriums.
Rund 21 000 Gefangene wurden 2008 in 109 verschiedenen Betrieben beschäftigt und brachten es – trotz erbärmlicher Löhne und Dumping-Preisen für Unicor-Produkte – auf einen Jahresumsatz von 854 Millionen US-Dollar. Die Gewinne fließen in Neuinvestitionen und in das Betriebsvermögen des staatlichen Unternehmens, zum Beispiel in den Fuhrpark für seine Manager.
In den letzten Jahren hatte Unicor keine besonders gute Presse: Umweltschützer protestierten, weil Gefangene im Bereich Computer-Recycling unter Missachtung sämtlicher Arbeitsschutzvorschriften mit giftigen Stäuben und Chemikalien hantieren mussten. In der Öffentlichkeit kam auch nicht gut an, dass die Federal Prisons Industries Inc. Zehntausende ausgedienter Computer aus dem Verteidigungsministerium nach dem Flohmarktprinzip an jedermann verscherbelte, statt sie, wie vorgesehen, an bedürftige Schulen abzugeben. Auf den Festplatten der Rechner fanden sich hochsensible Daten. Der
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