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Ich gegen Dich

Titel: Ich gegen Dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Downham
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das Gartentor und über den Rasen. Ihre Mum kniete auf einem Stück alter Decke und stieß einen kleinen Spaten in ein Blumenbeet.
    Sag's ihr, sag's ihr, du musst es ihr sagen.
    Als sie Ellie sah, hockte sie sich auf die Fersen. »Du bist ja so früh wieder da.« Mit dem Ärmel wischte sie sich den Schweiß von der Stirn. Ihre Handschuhe waren lehmverkrustet, und sie hatte Laubstückchen im Haar. »Oder hab ich nicht gemerkt, wie die Zeit vergeht? Ich war fast den ganzen Tag hier draußen, und es war toll. Fühlt sich fast schon wie Sommer an, meinst du nicht? Sieh nur, wie alles grünt und sprießt.«
    Ihrer Mutter zuliebe heuchelte Ellie Interesse, und auch um das andere aufzuschieben, weil sie noch nach den passenden Worten suchte.
    »Das hier sind Tulpen«, sagte Mum lächelnd, »und die pink-farbenen da drüben Bergenien.«
    Ellie hockte sich auf den Rasen. »Ich muss mit dir reden.«
    »Du wirst nass, wenn du hier sitzt.«
    »Das macht nichts.«
    »Wie war's in der Schule? Alles in Ordnung?«
    »Okay. Ich hatte Mathe-Übungsstunde.«
    »Armes Häschen. Da beneid ich dich nicht drum.«
    Sie wandte sich wieder ihrem Gebuddel zu. »Ich hab Wucherndes zurückgebunden und Unkraut gejätet. Guck mal, ich hab sogar ein paar Blumenzwiebeln gepflanzt.«
    Wenn man schlechte Nachrichten überbringt, sollte man den Betreffenden bitten, sich zu setzen, damit er sich nicht den Kopf anschlägt, wenn er zusammenbricht. Man sollte mit gesüßtem Tee, einer Decke und einer kühlen Hand auf der Stirn Beistand leisten. Aber was macht man, wenn sich derjenige weigert zuzuhören?
    »Mum, wo ist Tom?«
    »Wahrscheinlich oben in seinem Zimmer.«
    »Und Dad?«
    »In Norwich, auf der Suche nach einer neuen Anwaltskanzlei.«
    Ellie holte tief Luft. »Also, hast du mich gehört? Kann ich mit dir reden?«
    »Ich hab's gehört.«
    Aber sie unterbrach ihr Gärtnern nicht. Wie leicht es war, einfach nur dem scharfen Geklirr des Spatens, der auf Stein traf, zu lauschen und zuzusehen, wie ein weicher Haufen Erde und Unkraut sauber im Eimer landete. Wie leicht, reinzugehen und sich ein Glas Milch zu holen, einen Keks zu essen, fernzusehen.
    »Können wir uns auf die Bank setzen?«
    Stirnrunzelnd zog sich Mum die Jacke fester über der Brust zusammen. »Ist es wegen gestern?«
    »Ja.«
    »Kann es warten, bis Dad nach Hause kommt?«
    »Eigentlich nicht.«
    Ihre Mum verwarf die Bank und setzte sich stattdessen auf die Schaukel hinter dem Nussbaum. Seltsam, sie dort zu sehen, wie ein kleines Mädchen, mit angezogenen Füßen. Ellie saß auf dem Rasen und sah zu, wie sie an den Seilen zog und sich mit fliegenden Haaren zurücklehnte.
    »Als Kind hab ich so gern geschaukelt«, sagte Mum, »mir ist nie schwindlig geworden.«
    Ellie merkte, wie trocken ihr Mund war, als wäre sie durch einen Sandsturm gegangen. »Ich hab dir was Wichtiges zu sagen.«
    »Ich glaube, die Menschen verlieren ein Stück vom einfachen Glück, wenn sie älter werden«, sagte Mum.
    »Bitte, Mum, hör mir zu. Ich muss zur Polizei gehen.«
    Mum ließ ihre Füße über den Boden schleifen, um zum Stillstand zu kommen. »Wovon redest du da?«
    »Ich werde eine neue Aussage machen.«
    »Du hast deine Aussage gemacht.«
    »Die war eine Lüge.«
    Mum schüttelte sehr langsam den Kopf. »Ich ruf deinen Vater an.«
    »Bitte nicht.«
    »Du wirst mit niemandem reden, bevor du nicht mit ihm gesprochen hast.«
    »Doch. Die Polizei kommt mich holen.«
    »Dich holen? Die können nicht einfach auftauchen und kleine Mädchen aus ihrem Elternhaus holen.«
    Das Gewitter entlud sich. Und zwar genau hier, genau jetzt, und es gab nichts zu tun, als sich ihm zu stellen. Ellie fühlte sich seltsam ruhig, so als hätte sie ihren eigenen Körper verlassen und würde von oben auf sich herabsehen.
    »In der Nacht war alles so verwirrend, Mum – was passiert ist, was ich gesehen hab, was ich für wahr gehalten hab. Als Tom verhaftet wurde, hab ich gesagt, ich hätte nichts gesehen, weil ich nicht wollte, dass er in Schwierigkeiten gerät. Ich dachte, es würde schon alles werden.«
    Ihre Mutter lehnte sich auf der Schaukel vor. »Es wird schon werden. Gestern Abend am Tisch haben wir das doch besprochen.«
    »Es ist zu spät für das alles – neue Anwälte, Schuhe, Kleider -, das ist alles Mist. Hör mir zu, Mum, nur eine Minute. Bitte, ja?«
    Ihre Mutter nickte mit Tränen in den Augen.
    »Ich hab mir selbst eingeredet, es wäre Karyns Schuld – dass sie betrunken war, eine Lügnerin ist, neidisch auf

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