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Ich gegen Dich

Titel: Ich gegen Dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Downham
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ließ sich ins Gras niedersinken. »Werden sie mich verhaften?«
    »Ich weiß nicht. Wahrscheinlich wollen sie nur mit dir reden.«
    Sie vergrub ihr Gesicht zwischen den Knien. Er ging zu ihr und setzte sich neben sie, streichelte ihr übers Haar, wollte ihr zu verstehen geben, wie leid es ihm tat.
    »Nicht.«
    »Bitte, Ellie.«
    »Nein.« Sie schubste ihn weg. »Ich denk nach. Lass mich in Ruhe.«
    Über ihnen machten sich die Bäume ans Werk. Alle Blätter sahen aus wie Münder, kurz vorm Aufgehen.
    »Ich hab Jackos Auto«, sagte er. »Ich kann uns irgendwo hinfahren.«
    Sie sagte nichts.
    »Wir könnten verschwinden.« Er richtete sich auf; was für eine großartige Idee. Die Kacke würde später noch dampfen – mit Karyn, Mum, mit so ziemlich jedem, und Jacko würde sauer sein wegen des Autos, aber heute wäre es leichter. »Wir könnten uns im Haus von deinen Großeltern verstecken.«
    »Mach dich nicht lächerlich.«
    »Ich hab Geld. Wir können Essen einkaufen, jede Menge, und eine Zeitlang dort wohnen.«
    »Nein.«
    »Denk doch nur mal, Ellie, nur bis das Schlimmste vorbei ist.«
    »Bist du geisteskrank?« Sie nahm die Hände vom Gesicht. »Es geht nicht vorbei, kapierst du nicht? Eine Familie wird zerstört werden – deine oder meine, die Wahl haben wir. Wir können nicht weglaufen. Das ist das wirkliche Leben, Mikey!«
    Sie hörte sich an, als würde sie mit einem Kind oder einem Geistesschwachen von einem anderen Planeten sprechen. Schrecklich.
    Sie legte sich wieder ins Gras und bedeckte das Gesicht mit einem Arm. Er zog seinen Tabak raus, drehte sich eine und legte sich neben sie. Lange war es still. Er fragte sich, ob sie irgendeinen schlauen Plan ausheckte oder sich vielleicht die Idee mit dem Weglaufen durch den Kopf gehen ließ. Es wäre gut, sich in dem Häuschen verkriechen. Sie könnten wochenlang dort bleiben, Feuer machen, reden, sich berühren.
    Als er aufgeraucht hatte, stieß er sie sehr sanft mit dem Ellenbogen an. »Wie geht's dir?«
    »Mir tun die Knochen weh.«
    »Tut mir leid.«
    »Und alles ist so hell und leicht geworden, wie wenn man umhertreibt.«
    »Vielleicht bist du im Schockzustand.«
    Er beugte sich zu ihr und küsste sie auf den Hals.
    »Nicht«, sagte sie.
    »Was nicht?«
    »Mach das nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Weil wir uns erst sechsmal begegnet sind, und jetzt ist es aus.«
    »Sieben, und es ist nicht aus.«
    Verzweifelt sah sie ihn an. »Ich will nicht, dass es zu Ende ist.«
    »Ich auch nicht.« Er nahm ihre Hand. »Es tut mir leid, dass ich es Karyn gesagt hab. Ich hab voll die Scheiße gebaut. Aber es muss nicht zu Ende sein.«
    Sie blinzelte. »Ich glaub doch.«
    Er beugte sich vor und küsste sie auf die Nasenspitze. Sehr sanft. Dreimal. Sie ließ ihn. Er zog sie auf sich und hielt sie fest. Sie gab ihr Gewicht an ihn ab, steckte ihr Kinn in seine Halsgrube, so dass sie beide warm und fest aneinandergeschmiegt waren. Es war sonnig, vielleicht der bis dahin wärmste Tag des Jahres. Die Schatten auf dem Gras wurden länger, während der Montagmittag in den Montagnachmittag überging.
    »Was werden sie mit mir machen?«, fragte sie schließlich.
    »Nur mit dir reden, mehr nicht.«
    »Wo?«
    »Auf dem Revier.«
    »Was soll ich ihnen sagen?«
    »Die Wahrheit.«
    »Ich will mit meiner Mum sprechen.« Sie rutschte von ihm runter, hob ihre Jacke und Tasche auf. »Mein Dad wird noch nicht von der Arbeit zurück sein.«
    »Ich fahr dich hin.«
    »Nein, ich geh zu Fuß. Ich brauch Zeit, um mich an den Gedanken zu gewöhnen.«
    »Ellie, du musst da nicht allein durch.«
    Sie lächelte ihm matt zu. »Geh wieder zur Arbeit, Mikey, ich will nicht, dass du auch noch deine Stelle verlierst. Ich lauf am Fluss lang, da sieht mich keiner. Keine Sorge, ich kann ganz bis nach Hause da langgehen.«
    Er ging mit ihr zu dem Fußweg runter. Näher am Wasser wurde es kühler. Ein paar Enten schwammen auf dem Fluss. Ein Schwan bog seinen Hals zum Fressen hinab. Sie blieben stehen und sahen zu.
    Nach einer kleinen Weile holte Ellie tief Luft und drehte sich zu ihm um. »Krieg ich eine Abschiedsumarmung?«
    Er breitete die Arme aus, und sie drückte ihn seltsam halbherzig. Es war unbeholfen und traurig und überhaupt nicht das, was er erwartet hatte.
    »Ich geh jetzt«, sagte sie, »bevor ich's mir anders überlege.«
    Er suchte nach Furcht in ihrem Blick, doch die schien sich verflüchtigt zu haben; stattdessen war da eine seltsame Ruhe.

EINUNDVIERZIG
    E llie kam vom Fluss rauf, ging durch

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