Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ich gegen Dich

Titel: Ich gegen Dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Downham
Vom Netzwerk:
zuvor verschwommen oder nur halb zu sehen gewesen.
    Sein Handy klingelte und erschreckte sie beide. Er fischte es aus seiner Tasche und guckte nach, wer es war. »Sorry«, sagte er. »Ich muss ran.«
    Er ging ein kleines Stück weg, aber sie konnte ihn noch hören. Sie fragte sich, ob er das wusste. Er hörte eine Zeitlang zu und sagte dann: »Ganz ruhig. Ist schon gut, kommt alles in Ordnung.«
    So hörten sich Jungs oft an, wenn sie mit Mädchen redeten – als hätten sie die Kontrolle und wüssten alles besser. Vielleicht hatte er eine Freundin.
    Er sagte: »Wahrscheinlich ist es irgendein religiöser Spinner oder ein Staubsaugervertreter. Mach nicht auf, dann gehen sie weg.« Er schaute zu Ellie rüber. Sie blickte auf ihre Fußspitzen und tat, als hörte sie weg. Wie viel Zeit hatte er für sie eingeplant? Sie hatte den ganzen Tag. Und die Nacht dazu, wenn man es genau nahm.
    Er sagte: »Ach, die kommt sicher raus, wenn sie Hunger kriegt, und so kannst du wenigstens das Fernsehprogramm selber bestimmen. Hör mal, ich ruf dich später zurück. Jetzt hab ich den Kopf nicht frei dafür.« Er beendete den Anruf, verdrehte die Augen. »Schwestern.«
    Na, wenn das keine gute Nachricht war. Wenigstens keine Freundin. »Wie viel Stück hast du?«
    Er steckte das Handy wieder ein und sah sich um, ohne zu antworten, schien sie nicht gehört zu haben.
    Sie stand plötzlich auf.
    »Willst du was unternehmen?«
    »Was?«
    »Ich kenn eine Stelle, da können wir hin.«
    Ohne seine Antwort abzuwarten, ging sie los, einfach den Abhang runter. Sie drehte sich nicht mal um, um zu sehen, ob er nachkam. Hier war das Gras höher und roch feucht vom Fluss. Es kam ihm so vor, als verwischten sich die Grenzen der Stadt und alles verwilderte.
    Im Laufschritt holte er sie ein. »Wo führst du mich hin?«
    »Vertrau mir.«
    Sie wusste nicht, warum sie das gesagt hatte, aber es klang cool, so als ob sie eine genaue Vorstellung davon hätte, was als Nächstes passieren würde. Ein Gefühl war das, als hätte sie Pause von ihrem wirklichen Ich und könnte sich mit diesem Jungen neu erfinden, alles sagen, jede sein.
    Sie führte ihn auf einem schmalen Pfad zu einer Gruppe Eichen und Buchen, die dicht an dicht standen, mit ihren Ästen den Himmel teilten. Der Weg wurde immer schmaler, zugewachsener.
    »Bist du dir sicher?«, fragte er.
    »Hier lang.«
    Sie pflückte eine Osterglocke und zwirbelte sie zwischen den Fingern, pflückte noch eine und steckte sie sich ins Haar. Ein Vogel flog von einem Zweig auf und erschreckte sie. Mit raschen, flachen Atemzügen sah sie zu, wie er davonflatterte und schließlich am hellen Himmel verschwand.
    Die Abstände zwischen den Bäumen wurden größer. Sonnenschein tanzte wieder durch die Zweige. Auf dem Feldweg wuchs Gras, als sie aus dem Schatten auf eine Lichtung traten, die sanft zum Fluss abfiel. Am anderen Ufer erstreckten sich Felder und darüber ein makelloser Himmel.
    »Ist es das?«, fragte er.
    »Jap.«
    Sie setzte sich ins Gras und schaute zum Fluss hinunter. Er setzte sich neben sie. Sie fragte sich, ob er enttäuscht war, ob er einen Rummelplatz oder irgendwas in der Art erwartet hatte.
    »Ich hab nicht mal gewusst, dass man so zum Fluss kommt«, sagte er. »Es ist schön.«
    Das stimmte. Und es war ein wenig wärmer, weg von den Bäumen. Mit ihm hier zu sitzen erinnerte sie an den Partyabend, wie sie gemeinsam über das Bahngleis geschaut hatten. Sie fragte sich, ob er auch daran dachte, fragte ihn aber nicht, um sich keine Abfuhr einzuhandeln.
    »Hier bin ich oft hergekommen«, sagte sie, »als wir frisch von London hergezogen sind.«
    »Du hast vorher in London gewohnt? Meine Mum ist von da.« Er blinzelte sie ungläubig an. »Warum seid ihr da bloß weggezogen?«
    »Meine Großeltern haben hier in der Gegend gewohnt, und sie sind krank geworden. Meine Mum wollte mehr in ihre Nähe, und meinem Dad hat der Zeitpunkt gut gepasst. Er ist in der Immobilienbranche, und in London waren die Hauspreise krass gestiegen, also hat er unser Haus verkauft, sich eine neue Stelle gesucht und dann ein doppelt so großes Haus hier gekauft, als die Preise runtergegangen sind. So Sachen macht er oft. Ich blick einfach nicht durch, ob das nun schlau ist oder nicht.«
    »Kommt mir ziemlich schlau vor.«
    »Wir mussten alle unsere Freunde dalassen, und dann ist mein Opa gestorben, kaum dass wir hergezogen waren, und meine Oma ist durchgedreht und musste in ein Altersheim. Danach kam es einem wie eine ziemliche

Weitere Kostenlose Bücher