Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ich gegen Dich

Titel: Ich gegen Dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Downham
Vom Netzwerk:
Zeitverschwendung vor. Mein Dad war als Einziger zufrieden damit.«
    So wie er ihr zuhörte, das hatte was Verlässliches. Es machte ihr Mut, die Frage zu stellen, die ihr das ganze Wochenende zu schaffen gemacht hatte.
    »Warum hast du bei uns angeklopft und so getan, als ob du meinen Bruder kennst?«
    Das schien ihn zu überraschen, denn er wurde tatsächlich rot. »Wie kommst du drauf, dass ich nur so getan hab?«
    Sie lachte. »Könnte eventuell damit zusammenhängen, dass ihr euch nicht erkannt habt?«
    Er rupfte ein Grasbüschel aus und warf es in Richtung Fluss, als wollte er das Wasser füttern. Dann noch ein Büschel, das er neben sich legte. »Du hast Recht, ich kenn ihn nicht, aber ich hab gehört, dass er 'ne Party schmeißt, und wollte mich reinschleichen.«
    Sie war erleichtert. Es war so eine einfache Antwort. Wenn er lügen würde, hätte er sich bestimmt etwas Komplizierteres ausgedacht.
    »Mich stört das nicht«, sagte sie. »Ich fand es witzig. Aber dir ist schon klar, dass ich nicht mal deinen Namen weiß?«
    Wieder wurde er rot.
    »Heißt du etwa Rumpelstilzchen?«
    »Was?«
    »Du weißt schon, aus dem Märchen. Das über den kleinen Kerl, von dem die Königin am Ende den Namen errät?«
    Sie zog sich die Schuhe aus und krümmte die Zehen im Gras, hörte aber damit auf, als sie sah, dass er sie anschaute, und bedeckte sie mit den Händen. Sie dachte an Stacey und ihre Freundin, an alle Mädchen in der Schule, wie die staunen würden, wenn sie sie jetzt sehen könnten, dass sie sich getraut und einem Jungen geschrieben und ihn an ihr Geheimversteck geführt hatte. Bei dem Gedanken fühlte sie sich stark.
    Sie zog ihre Jacke aus und warf sie ins Gras, stand auf, machte den Reißverschluss ihres Rocks auf und ließ ihn sich auf die Füße fallen.
    »Was machst du da?«, fragte er leise.
    »Ich zieh mich aus.«
    »Warum?«
    Sie zog ihre Strickjacke und Strumpfhose aus, ließ nur Unterwäsche und Bluse an. Sie versuchte, nicht an ihre fetten Oberschenkel zu denken, war aber richtig froh, dass sie sich erst am Abend zuvor die Beine rasiert hatte.
    Sie drehte sich zu ihm um. »Lust, schwimmen zu gehen?«
    Er guckte verdutzt. »Im Fluss?«
    »Warum nicht?«
    »Ist bestimmt eiskalt.«
    »Hast du Schiss?«
    »Nein, bloß keine Badesachen.«
    Sie zeigte auf sich: »Ich auch nicht.«
    Stirnrunzelnd zog er seine Jeans eine Fingerbreit runter, als wollte er nachschauen, ob er nicht doch rein zufällig eine Badehose drunter trug. Sie sah den Bund seiner Boxershorts. Unten an seinem Bauch liefen sehr feine Härchen zu einem Schatten zusammen. Er fing ihren Blick auf, und um nicht rot zu werden, sagte sie: »Wetten, du traust dich nicht?«
    Eine Zeitlang hielt er ihrem Blick stand, ehe er lachen musste.
    »Na gut«, sagte er. »Wenn du drauf bestehst.«
    Er trat seine Sneakers von den Füßen, zog die Jacke aus und schnallte den Gürtel seiner Jeans auf. Ellie konnte nicht hinsehen, wollte nicht dahinschmelzen. Sie drehte sich um und ging die Uferböschung zum Wasser hinunter. Näher an der Wasserkante wurde das Gras spärlicher, ging in mit Kies durchsetzten Schlamm über, der an ihren Zehen saugte.
    Jetzt kamen ihr Selbstzweifel. Sie hatte das schon unzählige Male gemacht, aber heute sah das Wasser düster und so trüb aus, als könnte sich alles Mögliche darin verbergen. Am Rand wuchs Schilf, Binsen drängten sich am Ufer. Aber sie durfte ihm ihre Angst nicht zeigen, sondern musste interessant bleiben, um seine Aufmerksamkeit zu fesseln.
    Sie sah nicht einmal hin, als sie sprang. Sie wusste, sonst würde sie es nicht schaffen. Stattdessen kniff sie die Augen fest zusammen und machte einen Satz in die Luft. Der Kälteschock des Wassers war aberwitzig. So als würde sie aus einem Flugzeug fallen und irgendwo reinstürzen, wo es so überirdisch kalt war, dass sich jederzeit Eiskristalle auf ihren gestreckten Armen bilden konnten.
    »Wie ist es?«, rief er. Er stand am Ufer und hielt die Arme um den eigenen Leib geschlungen. Altmodisch sah er aus, wie er da in seiner Unterwäsche stand.
    Sie konnte nicht antworten, musste in Bewegung bleiben, so kalt war es. Sie schwamm mit Brustzügen ans andere Ufer, dann im Kraulstil zurück. Dieses Gefühl liebte sie – schwimmen, ohne zu denken, das Wasser genießen, als gehörte es ihr. Der Rhythmus und die Disziplin dabei gefielen ihr. Als sie noch im Schwimmverein gewesen war, war sie jeden Morgen vierzig Längen geschwommen und hatte sich danach wie durchgepustet,

Weitere Kostenlose Bücher