Ich gegen Dich
zusammen.«
Sie stand auf und rückte umständlich den Tragriemen ihrer Tasche auf der Schulter zurecht, ehe sie die Arme verschränkte. »Und was?«
Darüber hätte er nachdenken sollen, bevor er seine große Klappe aufriss. Mit einem Mädchen wie ihr musste es was Besonderes sein. Nicht ein Pub oder ein Club, sondern irgendwas Spektakuläres – ein Heißluftballon oder eine Fahrt in einem Raumschiff. Und es musste irgendwo weit weg von allem sein.
»Ich weiß. Ich leih mir das Auto von meinem Freund, und wir machen die wilde Schwimm-Sache. Du weißt doch noch, wie du mir von der Stelle erzählt hast, wo die Wellen so hoch sind?«
Darüber runzelte sie die Stirn, als wäre es die mieseste Idee der Welt. Aber er war ganz heiß darauf. Mehr als alles andere wollte er genau das machen. Nur ein wenig. Einen Tag lang. Einen halben. Eine Stunde – mit ihr allein sein.
Die Sekunden tickten. Ellie kaute auf ihrer Unterlippe herum und starrte auf den Strand runter. Der Typ mit dem Hund war noch da, und der Hund japste, weil das Herrchen den Ball einen Millimeter außer seiner Reichweite hielt. Ellie beobachtete die beiden. Aus dem Augenwinkel beobachtete Mikey sie.
Für sie war es was Einschneidendes. Sie war erst in der Elften, und er war zwei Jahre älter und hatte Erfahrung. Es war seine Aufgabe, ihr ein gutes Gefühl zu vermitteln.
»Nichts wird passieren, was du nicht willst«, sagte er.
Was nicht unbedingt stimmte; man brauchte sich nur Karyn anzusehen. Aber bei Ellie würde es stimmen. Irgendwann würde sie Sachen über ihren Bruder verraten, und er würde ihr nicht schaden, während er danach suchte. Sie würden zusammen chillen, sich weiter küssen. Alles halb so wild.
»Ellie, fahr mit mir weg, komm schon. Wovor hast du Angst?«
»Nicht vor dir.« Mit funkelnden Augen wirbelte sie herum. »Okay, machen wir es.«
Als würde sie sich auf eine Mutprobe einlassen.
ZWANZIG
A lle Ratgeberseiten im Netz empfehlen dringend, einen potentiell gefährlichen Fremden an einem belebten öffentlichen Ort zu treffen und vorher einem Verwandten oder Bekannten Bescheid zu sagen. Aber hier war Ellie, samstagmittags, drauf und dran, gegen die Regeln zu verstoßen. In knapp zwei Stunden würde Mikey McKenzie bei ihr zu Hause aufkreuzen; niemand wusste, was passieren würde, und außer ihr würde niemand da sein.
BGD, schrieb er.
Richtig, er würde gleich da sein. Ellie pfefferte ihr Handy aufs Bett, als hätte sie sich die Finger daran verbrannt, öffnete das Fenster ihres Zimmers und schaute, auf die Ellenbogen gestützt, ins Gewitter raus, zu den dunklen Wolken und dem heftig pladdernden Regen. Eine Katze schlich sich in Sicherheit, Kerben im Rasen sogen Wasser auf, und alle Bäume seufzten.
Sie probierte es kurz mit Lernen, legte sich mit ihren Erdkundebüchern aufs Bett und versuchte sich für die Bevölkerungsströme aus ländlichen in städtische Gebiete infolge der industriellen Revolution zu interessieren. Aber wenn sie an große Zusammenhänge dachte, kam sie sich klein vor, und wenn sie sich klein vorkam, mochte sie nicht mehr an lernen und ihren Schulabschluss, und was danach kam, denken. Wenn alles egal war, ließen sich Tabus leichter brechen, weshalb sie ihr Handy in die Hand nahm und DAD schrieb. Es stimmte, sie dachte an ihn. Seit Montag am Hafen hatte sie so ziemlich an nichts anderes als an ihn gedacht.
Seine SMS kam sofort zurückgeflogen: XOXOXO.
Eine Reihe Umarmungen und Küsse.
Sie brauchte was zu essen. In einer Krise hatten Diäten nichts zu suchen.
Ihre Eltern saßen händchenhaltend am Küchentisch, Kaffeetassen und leere Teller vor sich. Sie schauten lächelnd auf, als sie hereinkam. Es war wunderbar, wieder wie eine normale Familie.
»Hungrig?«, fragte Mum und schob ihren Stuhl zurück. »Ich hab deinem Dad grad ein Brot mit Bacon gemacht. Soll ich dir was machen?«
»Nein danke.«
Ellie wusste, was sie wollte – einen von Toms Schokoladenmuffins, die im Brotkasten aufbewahrt wurden und von niemandem außer ihm gegessen werden durften.
Ohne das Stirnrunzeln ihrer Mutter zu beachten, nahm sie einen und setzte sich, um ihn auszupacken. »Fahrt ihr beide immer noch weg?«
Ihr Vater nickte zerstreut. »Sobald dieser Regen nachlässt.«
Alle sahen sie aus dem Fenster in den Garten, der unter dem Gewicht des Wassers versank. Und das war's. Gespräch beendet. Ellies Wanderung die Treppe runter in die Küche hatte die Stimmung eine Nanosekunde aufgehellt. Es war unheimlich, dass nichts
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