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Ich gegen Dich

Titel: Ich gegen Dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Downham
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ausrichten, wenn er seine reguläre halbe Stunde mit dir auch nur um eine Minute überzieht, ist er so gut wie gefeuert.«
    Ihr Lächeln sollte andeuten, dass sie es nicht so ganz ernst damit meinte, aber Ellie ging nicht darauf ein. Sie konnte nicht. Sie bekam kaum noch Luft.
    Langsam näherte er sich mit seltsam zögerlichem Gang und sagte: »Was machst du denn hier?«
    Aus zusammengekniffenen Augen sah sie zu ihm hoch, als wäre der Nebel im Pub, und sie hätte ihn mit hereingebracht. Jetzt konnte sie die Ähnlichkeit erkennen – die gleichen dunklen Haare und Augen. Warum war es ihr vorher nicht aufgefallen? Es war alles so offensichtlich und furchtbar – er war der Bruder von Karyn McKenzie.
    Stirnrunzelnd setzte er sich. »Woher hast du gewusst, wo ich arbeite?«
    »Du hast gesagt, ein Pub am Hafen.«
    »Ich hab nicht gesagt, welcher.«
    »Ach, ich bin halt grad zufällig an dem hier vorbeigekommen und hab mir gedacht, schau ich eben mal rein.«
    »Zufällig grad vorbeigekommen?«
    Sie kam sich so bescheuert vor. Im Nebel draußen hatte sie sich in eine lächerliche Fantasie reingesteigert, wie hocherfreut er sein würde, sie zu sehen, dass sie ihm was bedeutete. Mit schamrotem Gesicht stand sie auf. »Weißt du was? Ich geh wieder.«
    »Was ist los?«
    »Nichts.«
    Er schüttelte den Kopf. »Doch, da ist was.«
    Wie kam es, dass er sie besser durchschauen konnte als jeder andere, den sie kannte? Besser als ihr eigener Bruder?
    »Alles okay. Ich hab mich nur vorhin mit jemand gestritten, das ist alles.«
    »Willst du drüber reden?«
    »Eigentlich nicht.«
    »Ich bin ein guter Zuhörer.«
    Ihr Herz geriet ins Schlingern. Das war so süß. Vielleicht wusste er doch gar nicht, wer sie war. Vielleicht war es nur ein unwahrscheinlicher Zufall, der bedeutete, dass sie vom Schicksal auf ewig füreinander bestimmt waren.
    Aber dann sah sie sein Namensschild. »Du heißt also Tyler?«
    Stirnrunzelnd sah er an sich hinab. »Das ist nicht mein richtiger Name.«
    Tom sagte, Karyn McKenzie sei eine Lügnerin. Das galt offensichtlich für die ganze Familie, denn dieser Typ war falsch. Er hatte die Party gezielt angesteuert, anstatt zufällig da reingestolpert zu sein, und sie absichtlich angemacht, weil er wusste, wer sie war. Selbst jetzt, wie er sie so mit warmem, flirtendem Blick von Kopf bis Fuß ansah, war das nur gespielt.
    »Nett siehst du aus«, sagte er, »vom Wind zerzaust, aber hübsch.«
    Sie wurde nicht einmal rot, sagte nichts Dümmliches wie Ach, stimmt ja gar nicht, weil sie wusste, dass er es nicht so meinte, sondern sie nur manipulieren wollte.
    »Ich geh jetzt«, sagte sie, »wir sehn uns.«
    »Wir sehn uns? Du bist den ganzen Weg hier rausgekommen und jetzt gehst du?«
    »Tut mir leid. Es war keine gute Idee.«
    »Ach Quatsch. Geh nicht, ich hab jetzt Pause. Ich hol nur eben meine Jacke, und wir setzen uns draußen hin.«
    »Draußen ist es kalt.«
    »Dann müssen wir uns eben eng aneinanderkuscheln.«
    Er lächelte, und sie musste unwillkürlich zurücklächeln. Es war hoffnungslos mit ihr. Selbst jetzt, wo sie wusste, dass er sie reinzulegen versuchte, mochte sie ihn trotzdem noch. Sie war wie irgend so ein hirnloses Mädel in einem Horrorfilm, von der Sorte, das man vom Sofa aus anschreit, weil sie nicht kapiert, dass sie sofort abhauen muss, wenn sie nicht zu Hackfleisch verarbeitet werden will.
    »Ich bin gleich wieder da«, sagte er. »Geh nicht.«
    Sie stand draußen vor der Eingangstür und ließ sich ihre Optionen durch den Kopf gehen: Sie konnte den Bus in die Stadt zurück nehmen und ihn nie wiedersehen. Oder sie konnte bleiben und herausfinden, was er von ihr wollte.
    Die McKenzies waren Lügner, was bedeutete, dass Tom die Wahrheit sagte. Und wenn Tom die Wahrheit sagte, musste sie ihre albernen Zweifel, was in jener Nacht passiert war, über Bord werfen und ihm helfen, wie es sich für eine gute Schwester gehörte.
    Wenn sie Mikey die richtigen Fragen stellte, wenn sie so mit ihm flirtete, dass er unvorsichtig würde, könnte sie Sachen herauskriegen, die den Fall für die Anklage platzen ließen. Am Ende wäre sie eine Heldin, der Dad und Tom ewig dankbar sein würden.
    Sie holte tief Luft und knipste ein Lächeln an. Die Gelegenheit war zu günstig, um sie sich entgehen zu lassen.

NEUNZEHN
    A ls er mit seiner Jacke wiederkam, hatte sich etwas bei ihr geändert, weil sie seine Hand nahm, ja, sie nahm ihn doch tatsächlich an der Hand, und ihn über den Parkplatz zur Hafenmauer

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