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Ich gegen Dich

Titel: Ich gegen Dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Downham
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ganz normales Zimmer – kein Vorhängeschloss, kein Absperrband, die Tür weit offen. Tom sah unten fern, und hier waren sein Schreibtisch und sein neuer Laptop, sein Stuhl, seine schmutzige Wäsche, die aus dem Korb quoll. Seine Tapete war blau, Vorhänge und Bettwäsche ebenso.
    Blau für einen Jungen.
    Ellie ging fünf Schritte rein und fasste mit einem Finger die Bettkante an. Sie schloss die Augen und ließ Erinnerungen einsickern.
    »Sie ist betrunken!«
    Dads Kiefer knackte vor Wut, und Ellie lachte. Mum und Tom sahen entsetzt zu, wovon sie noch mehr lachen musste. Dad sagte: »Hauch mich an, Eleanor.« Sie pustete ihm ihren Atem direkt ins Gesicht. Er runzelte die Stirn. »Äpfel? Ich hab doch gar keinen Cider.« »Bowle.« Ellie führte mit den Händen vor, wie sie die Äpfel geschnitten, die kleinen Apfelsinen geschält, den Wodka drü-bergeschüttet, gluck, gluck, aus seiner besten Flasche, und den Saft aus dem Kühlschrank geholt hatte. »Gaaanz viel Saft«, lallte sie und zeigte mit dem Finger auf Tom, »damit man den Schnaps nich' schmeckt.«
    »Sie gehört ins Bett«, sagte Tom. »Oder? Den Rausch ausschlafen.«
    Ellie lachte wieder, mit weit ausgebreiteten Armen. »Trägste mich rauf?«
    Das Zimmer drehte sich wie ein Windrad, während Mum Ellie den Gürtel aufschnallte, den Reißverschluss öffnete und ihr die Jeans runterzog.
    »Dummerchen«, sagte Mum.
    Ellie packte sie: »Ich muss dir was sagen...«
    »Ruhe jetzt.« Mum zog die Decke über sie. »Versuch zu schlafen. Ich schau nachher noch mal nach dir.«
    Lichter witschten über die Decke, während sich die Tür hinter ihr schloss, und das Zimmer drehte sich immer schneller.

ZWEIUNDDREISSIG
    E llie saß am Küchentisch und sah zu, wie ihre Mutter mit dem Schneebesen Eier und Milch in eine Schüssel mit Mehl rührte. Sie war mit Verbissenheit am Werk. Ihre Hüfte, die Taille, ihre Schulterblätter unter dem Baumwollkleid, alles drehte und wand sich und schlug zu.
    »Was machst du da, Mum?«
    »Teig für Yorkshire-Puddings.«
    »Warum machst du dauernd was?«
    »Wir müssen ja wohl was in den Bauch bekommen, oder?«
    »Aber doch nur so ungefähr einmal am Tag oder so. Muss es wirklich dreimal sein? Hast du es nicht satt?«
    Ihre Mutter hielt inne und blickte stirnrunzelnd zu ihr. »Wenn du deine eigene Familie hast, kannst du ja eine Köchin anstellen, aber würdest du deine Kritik bis dahin bitte für dich behalten?«
    »Ich hab nichts Schlimmes gesagt.«
    Ihre Mum gab Salz und Pfeffer in die Mischung, deckte ein Geschirrtuch über die Schüssel und schob sie auf der Arbeitsfläche nach hinten. Kurz stand sie nur da, Hände in den Hüften, als würde sie überlegen, was als Nächstes zu tun war, nahm dann eine Flasche Wein von dem Regalbrett über ihrem Kopf, machte sie auf und schenkte sich ein sehr großes Glas ein.
    Sie hat Angst... und ich mach alles nur noch schlimmer...
    »Möchtest du vor dem Essen was trinken?«, fragte Mum. »Wir haben Cola light im Kühlschrank, natürlich nur, wenn dir ein doppelter Wodka nicht lieber wäre?«
    Ellie verzog das Gesicht, und Mum reagierte mit einem schiefen Grinsen. Der Vorfall mit dem Alkohol war Tage her, aber niemand ließ es auf sich beruhen.
    »Wie wär's denn mit einer Tasse Tee?«, fragte Mum.
    »Nein danke.«
    Obwohl Ellie eigentlich gerne etwas getrunken hätte, wollte sie sich durch nichts ablenken lassen.
    Weil die Fenster beschlagen waren, öffnete Mum die Hintertür und stellte sich mit ihrem Weinglas auf die Schwelle. Kalte Luft drang ein, brachte sie in der Küche zum Frösteln und wehte von irgendwoher den Geruch von Speck und Zwiebeln heran. Der Hund schnüffelte in seinem Korb, tief in einem Traum. Ellie fragte sich, wann Dad und Tom wohl nach Hause kämen.
    »Ich mag diesen Garten«, sagte Mum und trat hinaus. Ellie folgte ihr, zusammen standen sie an der Rasenkante.
    Mum sagte: »Manchmal denk ich, dass es ein Fehler war, von London hier rauszuziehen. Dad hat halt ständig davon geredet, was für eine einmalige Chance das wäre, und näher bei Gran zu sein kam mir damals sinnvoll vor. Und das hier« – sie zeigte mit der Hand auf den Rasen, die Bäume, den Fluss -, »das hat mich verführt.«
    Sie lächelte Ellie an, und ihr Gesicht war so warm und offen. Los, sag's, mach endlich. Sag's ihr. Sie wird wissen, was zu tun ist.
    Ellie biss sich auf die Lippen; die Worte blieben ihr im Hals stecken.
    Ihre Mum schaute plötzlich auf und beschattete die Augen mit einer Hand. »Sieh nur.

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