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Ich gegen Osborne

Ich gegen Osborne

Titel: Ich gegen Osborne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joey Goebel
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ist. Tja, ich habe mich immer gefragt, was bloß mit dir passiert ist? Eben noch sind wir beste Freunde, und am nächsten Tag willst du nichts mehr mit mir zu tun haben. Lag es an etwas, das ich gemacht habe?«
    »Genau dasselbe könnte ich dich fragen. Wieso hast du den Kontakt zu mir abgebrochen?«
    »Das stimmt doch gar nicht.« Fast hätte ich angedeutet, dass die intensive Feierei in Panama City Beach seine Erinnerung getrübt hatte.
    »Und ob das stimmt! Aber dass wir dieses Gespräch führen, ist schon irgendwie krank. Ich sag mal, klar hab ich mich verändert, seit ich ein kleiner Junge war. Was erwartest du? Die Leute ändern sich. Das passiert einfach.«
    »Genau«, sagte der andere Junge. »Du behauptest, du hättest dich nicht verändert, aber hast du mit zwölf solche Anzüge getragen?«
    »Halt dich da raus«, sagte Tyler mit Nachdruck und hielt eine Hand hoch. »Ich will mich nicht mit dir streiten, James. Ich weiß, das ist für dich ein schlimmer Tag. Aber pflanz mir jetzt keine Schuldgefühle ein, nur weil wir beide uns auseinandergelebt haben. Das soll vorkommen. Es ist zwar ätzend, aber so ist es eben. Und versteh mich nicht falsch. Ich wünschte, wir wären immer noch beste Kumpel. Nichts wäre mir lieber, als dass wieder 1989 wäre. Dann wäre ich [377]  immer noch ganz aufgeregt wegen, na ja, Weihnachten oder so, und meine Eltern würden noch zusammen in einem Haus wohnen. Aber man muss erwachsen werden. Es ist zwar ätzend, muss aber sein. Und in mancher Hinsicht ist es gut, wenn man erwachsen wird, denn weißt du was, wären wir’s nicht geworden, würden wir immer noch in einer Bowlingbahn eklige Spuckereste trinken.«
    »Statt Wodka aus unserem Spind.«
    Er lachte. »Stimmt. Neulich hab ich noch daran gedacht, wie du und ich mal geglaubt hatten, bei McDonald’s zu arbeiten, wär so was wie der beste Job auf der ganzen Welt.«
    »Heißt das, er ist es nicht?«
    Wir lachten alle drei, und auch wenn ich mein Gegenargument parat hatte (zuerst behauptest du, ich hätte mich verändert, nur um eine Hundertachtzig-Grad-Wendung hinzulegen und zu sagen, Veränderung sei etwas Natürliches?), beschloss ich, den Mund zu halten. Wir schabten und kratzten weiter, ich an meinem Jazz, er an seinem Rap.
    Doch Tyler hatte Recht. Ich hatte mich verändert. Noch vor zwei Jahren hatte ich Jazz für langweiligen, unverständlichen Lärm gehalten. Ja, ich war nicht einmal derselbe Mensch, der dieses Gebäude vor sieben Stunden betreten hatte. Heute hatte ich mich gründlich blamiert.
    Ich war jetzt weniger gut.
    Schließlich stand ich auf. »Entschuldige noch mal wegen der Suspendierung. War schön, mit dir zu reden.«
    »Ja. Und mit dir.« Tyler stand auf. Er entfernte sich ein paar Schritte von seinem Tisch, so dass er sich im Mittelgang ungestört mit mir unterhalten konnte. Für einen ganzen Satz ließ er seinen Ghettoslang weg. »Hey, was ich dir [378]  sagen wollte, wenn du mich mal anrufen willst oder so was, dann mach das ruhig.«
    »Oh. Danke dir. Danke fürs Angebot.«
    »Kennst du meine Telefonnummer noch?«
    »555-0629.«
    »Genau. Ich muss nicht mal überlegen. Du hast 555-1203.«
    »Stimmt. Du kannst mich auch jederzeit gern anrufen.«
    »Cool.«
    »Bis die Tage.«
    »Bis dann.«
    Wir wussten beide, dass keiner von uns diese Nummern je wieder wählen würde. Und doch würden wir die Nummern nie vergessen.
    Ich fragte mich, ob die unerbittlichste Demenz uns die Telefonnummer unseres besten Freundes aus Kindertagen nehmen konnte.
    14 . 33   Zurück an meinem Tisch, warf ich einen kurzen Blick auf Timothys Arbeit. Er schraffierte fachmännisch sein Schabebild eines gehörnten Jäger-Kriegers, der mit Bogen und Brandpfeil auf eine Herde schafsähnlicher Wesen zielte.
    »Deine Radierung ist beeindruckend.« Das meinte ich ernst. Auch wenn ich mir ein Werk mit dieser Thematik nicht an die Wand hängen würde, zeigte er außerordentliches Talent.
    »Danke.«
    »Ich weiß, dass du Stephanie Schnuck und mich beim Essen gesehen hast. Sie hat mich nur zum Spaß angemacht, falls du dich das gefragt hast.«
    »Das war mir klar.«
    [379]  »Woher?«
    Er beugte sich vor und sah mich an, und ich wusste, dass er wollte, dass ich mich auch vorbeugte. »Vergiss sie. Tommy hatte Recht. Was du mit dem Ball gemacht hast… Einfach epochal.«
    Ich lachte.
    »Lach nicht.« Er sah mir direkt in die Augen, was ungewöhnlich war, da er normalerweise beim Reden nicht von seinem Kunstwerk aufsah.
    »Verzeihung. So

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