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Ich gegen Osborne

Ich gegen Osborne

Titel: Ich gegen Osborne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joey Goebel
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Ballkönigin, sondern [105]  gewann auch regelmäßig die Beliebtheitswettbewerbe auf Osborne, und ihre Beliebtheit mochte daher rühren, dass, wie bei Stephanie, gewisse männliche Organe relativ problemlos den Weg in ihre Person fanden.
    Chloe drehte mir inzwischen den Rücken zu (ich fand sogar ihren Rücken attraktiv) und widmete ihre Aufmerksamkeit der Einserschülerin zu ihrer Linken, die ein »Was würde Jesus tun?«-Armband trug. Ich versuchte, mich auf die bevorstehende Kritik meiner Arbeit zu konzentrieren, was nicht leicht war, weil mir Chloes »Nur Freunde«-Kommentar schwer im Magen lag. Mein übriger Körper fühlte sich unterkühlt an, doch jetzt schien mein Magen zu glühen und sich flach gegen meine Wirbelsäule drücken zu wollen, als versuche mein Körper, sich nach innen zu stülpen. Warum machte immer der Magen Stress?
    Die Kritik würde eine Stunde dauern. Der Hauptkritiker (den Slim dazu bestimmt hatte, mit der Diskussion über meinen Text zu beginnen) war noch nicht da, was mich aber nicht beunruhigte, da er immer zu spät kam. Er hieß Dannon McCall und war ein ungewöhnlich umgänglicher cooler Bursche, dessen Kritik, da war ich zuversichtlich, positiv ausfallen würde. Doch Dannons Mitschüler machten mir Sorgen. Ich sah mich in dem Kreis um und versuchte abzuschätzen, was die vierundzwanzig Schüler von meinem Text hielten, den ich am Freitag vor dem Spring Break verteilt hatte. In der Regel legte sich Pessimismus wie Mehltau auf alles, was ich machte – ein Zug von mir, den ich eines Tages zu ändern hoffte (sicher war ich mir da aber nicht) –, deshalb ging ich zunächst davon aus, dass niemandem mein Text gefallen würde. Und doch machte ich mir [106]  insgeheim in diesem Fall Hoffnung. Auch wenn einige meiner Mitschüler nicht wissen mochten, wie sie mit den Ideen umgehen sollten, die ich in diesem Text darlegte, so hatte ich noch nie so schwer an etwas gearbeitet wie an diesen fünfzehn Seiten Literatur.
    Was die Schüler betraf, denen mein Text womöglich nicht gefallen würde, so machte mir Braxton Burkett Sorgen, ein grobknochiger Typ mit weichen Gesichtszügen und Kreolen in den Ohren. Er gehörte zu den Jungs, die Chloe am Morgen auf dem Parkplatz angesehen hatte (der, den ich nicht leiden konnte), und gehörte auch zu denen, die auf Timothy Gregory herumgehackt hatten. Außerdem war er mit Hamilton Sweeney Mitglied der Van-Van-Mafia. Meines Wissens war die Van-Van-Mafia eine Art Witz-Gang, allerdings schien einigen ihrer Mitglieder nicht bewusst zu sein, dass es ein Witz war. Ihre Gang-Aktionen waren hauptsächlich, bekifft Playstation zu spielen und ihr Gang-Handzeichen zu machen.
    Dann war da noch die boshafte und geistlose Haley Albert, wahrscheinlich meine größte Bedrohung. Doch meine Hoffnung basierte auf der buntgemischten Zusammensetzung meines Publikums. Kreatives Schreiben war ein Wahlkurs, man hatte diese Schüler also nicht gezwungen, an diesem Kurs teilzunehmen. Folglich enthielt dieser Raum ungewöhnlich viele junge Leute, denen Lesen und Schreiben nicht zuwider waren. Wenn ein Kurs auf dieser Schule meinen Text akzeptieren würde, dann dieser.
    Slim blätterte in seinem Zensurenheft, den grünen Füllfederhalter, sein Markenzeichen, in der Hand. Als überzeugter Pazifist korrigierte er unsere Arbeiten lieber mit [107]  Grün als mit Rot, weil Grün »weniger brutal« aussah. Während er stumm unsere Anwesenheit kontrollierte, drehte sich Chloe wieder um. Mir ging noch eine Frage durch den Kopf, die ich nicht unbeantwortet lassen konnte: »Stimmt es, dass du mit Hamilton Sweeney auf den Ball gehst?«
    »Ja. Aber es ist nicht so wie – oh, na gut, mach dich nur über mich lustig.«
    »Ich werd mich nicht über dich lustig machen, aber ich dachte, er wäre für dich ein Witz.«
    »Das war er auch, aber wenn man sich die Zeit nimmt, Leute wirklich kennenzulernen, kann man nie wissen, man wird vielleicht überrascht.«
    Ich nickte. »Trotzdem, wir reden hier von Gottesgeschenk.«
    »Wir waren gemein, denn – hast du je darüber nachgedacht – wir sind genauso gemein wie alle anderen, wenn wir so etwas sagen.«
    »Klar. Du hast ihn wohl in Panama City kennengelernt?«
    »Ja.«
    »Bestimmt war er ein talentierter Gesprächspartner.«
    »James, hör auf. Ich weiß – tut mir leid, aber – hör zu, ich will darüber einfach nicht mit dir reden, okay?«
    »Und ich will darüber nicht mit dir reden. Aber eins macht mich doch neugierig. Was ist nur an ihm dran?

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