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Ich gegen Osborne

Ich gegen Osborne

Titel: Ich gegen Osborne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joey Goebel
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»Aber ganz allgemein sagten Sie, dass dort alle Englisch sprechen, stimmt’s?«
    »Fünfundneunzig Prozent der Leute, denen ich da begegnet bin, sprechen Englisch. Gelegentlich trifft man vielleicht einen älteren Menschen, der kein Englisch spricht, aber wenn ich’s recht bedenke, haben sie vielleicht nur so getan, weil sie nicht mit mir reden wollten. Das würde ich jedenfalls machen, wenn ich sie wäre.«
    »Wahrscheinlich käme ich mir unhöflich vor, wenn ich in ihrer Gegenwart immer Englisch spräche, weil sie Deutsch mehr gewohnt sind, und wenn ich mit ihnen rede, würde ich sozusagen von ihnen verlangen, extra Kopfarbeit zu leisten.«
    »Sie wollen wirklich dorthin ziehen, oder?«
    »Vielleicht würde ich dort besser zurechtkommen.«
    »Kommen Sie hier nicht gut zurecht?«
    »Nein, und es wird bald noch schlimmer werden. Was glauben Sie, wie lange bräuchte ich, um fließend Deutsch zu sprechen?«
    »Auch wenn Sie da lebten, könnte es Jahre dauern.«
    »Tja, ist mir egal. Und wenn ich da nicht studieren kann, putze ich einfach Klos und hause in einem Wohnwagen. Nur um da zu sein. Gibt es dort Wohnwagen?«
    »Keine Ahnung. Wie kommen Sie auf diese Idee?«
    »Ich möchte nach der Highschool einen glatten Schnitt machen.«
    »Dafür ist das College da. Was ist aus Ihren Plänen geworden, am Schulthise College zu studieren, und zwar Englisch als Hauptfach?«
    »Ich sollte Kentucky wohl besser verlassen. Und mir [292]  gefällt die Vorstellung, in einem anderen Land zu leben. Das wäre wie ein Neuanfang. Ich könnte ein völlig neuer Mensch sein.«
    »Bestimmt. Viel Glück.«
    »Hä? Glauben Sie, mir würde es in Deutschland nicht gefallen?«
    »Doch, aber das ist egal.«
    »Was ist egal?«
    »Wo man lebt. Wo man ist. Es ist alles eins.«
    »Meinen Sie wegen der Globalisierung?«
    »Ich meine, alles ist überall gleich. Wo man lebt, ist ohne Belang.«
    »Ich glaube aber, da drüben würde es mir gefallen.«
    »Schon möglich. Aber im Laufe der Zeit fänden Sie es schrecklich.«
    Er hatte Recht. Alles, was er mir gesagt hatte, traf zu, das wusste ich.
    » Ich ziehe nach der Highschool jedenfalls dahin«, sagte Dannon.
    »Echt jetzt?«, fragte ich.
    »Klar. Darum lerne ich Deutsch. In Deutschland gibt es die weltweit größte Szene für elektronische Musik. Nach meinem Schulabschluss hab ich schon einige Auftritte organisiert. Das wird irre cool.«
    Ja, Mr.   Hulette hatte völlig Recht.
    13 . 04   »Bitte entschuldigen Sie die Unterbrechung«, sagte eine Männerstimme über die Lautsprecher. »Mit dieser Durchsage informieren wir alle Schüler und Lehrkräfte, dass man alle Feueralarme, die heute oder den Rest der [293]  Woche gehört werden, nicht beachten sollte. Für heute oder den Rest der Woche sind keine Feueralarme geplant.«
    »Und was ist, wenn es brennt?«, fragte ich. Mr.   Hulette zuckte lächelnd mit den Schultern.
    »Uns sind die Pläne gewisser Mitglieder der Schülerschaft zu Ohren gekommen, den Feueralarm zu benutzen, um einen Warnstreik der Schüler zu veranlassen. Außerdem weisen wir mit dieser Durchsage alle Schüler darauf hin, dass jeder Teilnehmer an einem solchen Streik mit ernsthaften disziplinarischen Konsequenzen rechnen muss. Das ist alles. Danke.«
    Die Stimme aus dem Lautsprecher gehörte Mr.   Wright, unserem stellvertretenden Schulleiter, was mir merkwürdig vorkam, da normalerweise Mr.   Shankly alle Durchsagen selber machte. Ich fragte mich, wie sich das arme Schwein hielt.
    Ich sah immer wieder auf die Uhr, denn ich wollte den richtigen Augenblick abpassen, um meine eigene Durchsage zu machen. Ich dachte mir, je kürzer vor dem Klingeln ich mich zu Wort meldete, desto besser. Doch je länger ich wartete, desto nervöser wurde ich.
    Plötzlich tauchten zwei aufgedrehte Schnepfen in der Tür auf. Die eine hatte eine Kamera um den Hals hängen und fragte: »Dürfen wir für das Jahrbuch ein paar Fotos machen?«
    »Ich bitte darum«, sagte Mr.   Hulette. »Schon bei dem Gedanken, dass ihr keine Fotos von meinem Kurs machen würdet, war ich akut selbstmordgefährdet.« Keins der beiden Mädchen lachte.
    Das Mädchen mit der Kamera entschied sich für Dannon, [294]  und Amanda und bat sie, sich neben Mr.   Hulette zu stellen, der sagte: »O Gott, lasst mich dabei aus dem Spiel.« Dannon und Amanda nahmen vor der Tafel Aufstellung und lächelten, die Arme umeinander gelegt, als plötzlich das Maskottchen nach vorn ins Bild lief und mit seinem guten Arm ein Gang-Zeichen

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