Ich gehoere zu dir
Sie einfach an«, sagte der Mann gut gelaunt.
Ich sah mir meinen neuen Besitzer näher an. Es gefiel mir natürlich, dass er mich vorne sitzen ließ, aber als er mich von der Seite ansah, spürte ich keinerlei Zuneigung. Ich war dem Mann sogar völlig gleichgültig.
Bald wurde mir klar, warum: Ich sollte gar nicht bei ihm wohnen (er hieß übrigens Derek). Vielmehr war mein neues Zuhause bei einer Frau namens Wendi, die vor Freude kreischte und auf und ab hüpfte, als Derek mich zu ihr brachte. Dann fingen Derek und Wendi sofort an, miteinander zu balgen, so dass ich in Ruhe die Wohnung erkunden konnte, in der ich von nun an leben sollte. Überall lagen Schuhe und Kleidungsstücke herum, und auf einem niedrigen Tisch vor der Couch standen lauter Schachteln mit angetrockneten Essensresten, die ich erst mal sauber leckte.
Derek schien auch für Wendi keine besondere Zuneigung zu empfinden, obwohl er sie umarmte, als er sich verabschiedete. Wenn Al sich früher verabschiedet hatte, war seine Liebe zu Maya immer deutlich zu spüren gewesen, so dass ich vor Freude immer mit dem Schwanz gewedelt hatte, aber dieser Mann hier war ganz anders.
Wendis Liebe zu mir war spontan, aber verwirrend, ein Gefühlschaos, das ich nicht verstand. Im Laufe der folgenden Tage nannte sie mich Pu-Bär, Google, Schnüffelhund, Leno und Pistachio. Dann war ich wieder Pu-Bär, schließlich nur noch Bär, und anschließend probierte sie verschiedene Variationen von Bär aus: Bärchen, Bärle, Brummi, Honigbär, Knuddelbär und Wunderbär. Sie hielt mich oft fest, küsste mich ab und drückte mich, als könnte sie nicht genug von mir bekommen, aber dann klingelte das Telefon, und sie ließ mich einfach fallen.
Jeden Morgen kramte Wendi in ihren Sachen herum und wurde ganz hektisch. Dabei murmelte sie vor sich hin: »Ich komme zu spät! Ich komme zu spät!« Dann rannte sie zur Tür und ließ mich den ganzen Tag allein. Ich langweilte mich bis zur Verblödung.
Wendi legte lauter Zeitungen auf den Fußboden, aber ich konnte mich nie erinnern, ob ich darauf pinkeln oder sie auf keinen Fall nass machen sollte. Also versuchte ich es mit ein bisschen von beidem. Als mir einmal die Zähne wehtaten, und sich in meinem Maul eine Menge Spucke ansammelte, versuchte ich, mir Linderung zu verschaffen, indem ich ein Paar Schuhe durchkaute. Als Wendi die Schuhe später sah, bekam sie einen Schreikrampf. Manchmal vergaß sie, mich zu füttern, und mir blieb nichts anderes übrig, als über den Mülleimer in der Küche herzufallen, aber auch das brachte Wendi zum Schreien.
Mein Zusammenleben mit Wendi schien mir vollkommen sinnlos zu sein. Wir trainierten nicht zusammen, wir gingen nicht mal viel spazieren. Sie machte abends einfach die Tür auf und ließ mich in den Hof. Tagsüber tat sie das fast nie, und wenn doch, dann nur verstohlen und ängstlich, als täten wir etwas Verbotenes. Es war ziemlich frustrierend, und in mir sammelte sich so viel überschüssige Energie an, dass ich mich mit Bellen abreagierte. Manchmal bellte ich Stunden am Stück, und zwar so heftig, dass meine Stimme von den Wänden widerhallte.
Eines Tages wurde laut an die Tür geklopft. »Bär, komm her!«, zischte Wendi. Sie schloss mich im Schlafzimmer ein, aber trotzdem konnte ich den Mann gut hören, der in die Wohnung kam und mit ihr sprach. Er klang sehr wütend.
»Hundehaltung ist hier verboten, das steht auch in Ihrem Mietvertrag!« Ich legte den Kopf schief, als ich das Wort »Hund« hörte, und fragte mich, ob der Mann meinetwegen so wütend war. Soviel ich wusste, hatte ich nichts falsch gemacht, aber hier bei Wendi schienen andere Regeln zu gelten, als ich es gewohnt war, also war ich mir nicht sicher.
Als Wendi das nächste Mal zur Arbeit ging, verschwand sie nicht einfach, sondern rief mich zu sich und verlangte, dass ich mich hinsetzte. Es schien sie jedoch nicht im Geringsten zu beeindrucken, dass ich wusste, was das bedeutete. Dabei hatte sie es mir nicht beigebracht. »Schau mal, Bärchen, du darfst nicht bellen, wenn ich weg bin, verstehst du? Ich bekomme sonst Ärger mit den Nachbarn. Nicht bellen, okay?«
Ich spürte, dass sie traurig war, und fragte mich, warum. Ob sie sich tagsüber vielleicht genauso langweilte wie ich? Warum nahm sie mich dann nicht einfach mit? Wo ich doch so gern Auto fuhr! Den ganzen Tag lang bellte ich mir die überschüssige Energie aus dem Leib, ließ aber Wendis Schuhe zufrieden.
Einen oder zwei Tage darauf riss Wendi beim
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