Ich gestehe
dankbar dafür.« Ich drückte seine Hand, so fest, daß er mich einen Augenblick erstaunt ansah. Dann wandte er sich an Parkett.
»Vielleicht morgen, Mr. Parkett. Mrs. Parnasse ist abgespannt.« Er reichte John die Hand. »Ich danke Ihnen herzlichst für Ihre Freundlichkeit.«
»Keine Ursache, Doc.« Parkett sah mich an. Er erwartete, daß auch ich ihm die Hand gab, aber ich tat es nicht. Ich nickte ihm nur zu und hakte mich ostentativ bei Gaston unter. Mit unterdrücktem Lächeln verbeugte er sich. »Mrs. Parnasse – einen guten, kopfschmerzfreien Abend. Ich würde mich freuen, Sie in den nächsten Abenden als meinen Gast zu sehen.«
Er begleitete uns den Felsenweg hinunter und winkte uns zu, als wir die Uferstraße entlang zu unserem Hotel gingen. Erst als ich ihn nicht mehr sah, atmete ich wie befreit auf und lehnte den Kopf an Gastons Schulter.
»Du?« sagte ich leise.
»Ja, Gisèle.«
»Ich habe gar kein Kopfweh.«
»Nicht?« Er blieb stehen. »Ich habe mir solche Sorgen gemacht.«
»Du Dummer.« Ich küßte ihn schnell. »Ich wollte nur mit dir allein sein. Dieser John ekelt mich an.«
»Sein Botu ist sehr interessant.«
»Er kann mir gestohlen bleiben! Ich will im Urlaub nur dich sehen, keine cyanotischen Malaien!«
Wir gingen den ganzen Abend lang am Strand spazieren, sahen über das in der untergehenden Sonne golden schimmernde Mittelmeer, in die orangenen Wolken am Himmel und die violetten Felsen, die in dem wogenden Gold des Meeres standen wie spitze Edelsteine in einer handgeschmiedeten Fassung.
Ein leiser Wind wehte vom Meer herüber und zerzauste meine Haare. Die Welt war so schön, so unwirklich schön! Und ich war glücklich, am Arm Gastons zu gehen und sein Gesicht vor den blutigroten Wolken zu sehen.
Zwei Tage später.
Gaston war noch einmal zu John Parkett gegangen, um nach dem für ihn interessanten Botu zu sehen, dessen Blausucht ihn zu internistischen Phantastereien anregte.
»Was hältst du von Botu?« fragte mich Gaston, als wir in der Nacht nach dem Besuch bei Parkett nebeneinander im Bett lagen und noch eine Zigarette rauchten.
»Nichts, Gaston.«
»Du glaubst, daß Botus Cyanose nicht schlimm ist?«
»Ich glaube überhaupt nicht an eine Cyanose.«
»Aber daß er blau ist, kannst du nicht leugnen!«
»Blau sein ist noch lange keine Krankheit. Parkett weiß, was Botu fehlt. Er wurde unruhig, als du von einer Hautzellenuntersuchung sprachst. Er will nicht, daß du Hautpartikel von diesem Malaien nimmst. Die ganze Krankheit ist nur …« Ich unterbrach mich, weil ich unmöglich sagen konnte, was ich dachte; nämlich, daß Botu nur das Mittel zu dem Zweck gewesen war, mich in die Hände Parketts zu locken und Gaston für diese Zeit abzulenken.
»Was ist sie nur …« fragte Gaston erstaunt, als ich schwieg. Ich winkte ab und wich aus.
»Ich glaube, daß Botu seit Jahren so blau ist. Ich habe einmal gelesen, daß es bei bestimmten Völkern Pflanzensäfte gibt, die man unter die Haut spritzt, und die dann die ganze Haut verfärben; und zwar rot oder grün oder auch blau, wie bei Botu. Vor allem die Medizinmänner und die Wächter an den Tabus färben sich so, um die Geister abzuschrecken oder irgendeinem Gott zu dienen. Ich nehme an, daß es bei Botu nichts anderes ist, und Parkett weiß es und will mit seinem blauen Malaien nur ein wenig Wind innerhalb der ratlosen Medizin machen.«
Gaston drückte die Zigarette aus und legte den Arm um meine nackte Schulter. Ich kroch zu ihm hinüber und schmiegte mich in seine Arme. »Eine kluge, süße Geliebte habe ich«, sagte er leise und zärtlich. Und dann vergaßen wir Botu und Parkett und waren nur noch die ewige Liebe, die aufblüht unter den Küssen und zerfließt in dem Du, das ein einziges Ich geworden ist.
Gaston aber ließ der Gedanke an Botus blaue Haut nicht los, vor allem, nachdem ich ihm meine Theorie vorgetragen hatte. Am folgenden Morgen sagte er zu mir, daß er schnell noch einmal zu Parkett hinüberspringen wolle. Ich sollte am Strand in unserem bunten Zelt auf ihn warten, er wäre schnell wieder zurück.
Gegen 11 Uhr erschien John Parkett am Strand. Er sah verstört aus, seine ordentliche Kleidung war etwas durcheinander, in seinem Gesicht stand Sorge und Schrecken. Er kam zu mir an das Zelt und ließ die Arme hängen.
»Bitte, schimpfen Sie nicht, Mrs. Parnasse«, sagte er leise. »Und behalten Sie bitte, bitte Haltung. Herrn Dr. Ralbais ist etwas zugestoßen.«
Einen Augenblick stand ich wie erstarrt. Es
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