Ich gestehe
sofort durchbluteten. Parketts Gesicht wurde fahl, spitz und dann gelblich-weiß. Auf dem Boden der Diele sammelte sich das Blut in einer Lache.
»Er stirbt!« schrie ich Botu an, der wieder in die Diele kam. »Er stirbt!«
»Auto gleich kommen«, sagte Botu und stellte sich neben Parkett. »Auto von Kranken und Auto von Polizei.«
Polizei!
Ich hatte Parkett erschossen. Alle, alle mußten es annehmen. Meine Fingerabdrücke waren auf dem Revolver, die Schußbahn konnte nach dem Einschuß errechnet werden, und ein Motiv, Parkett zu erschießen, hatte ich auch. Zwei Motive sogar: der Anschlag auf Gaston und der Versuch, mir Gewalt anzutun. Auch wenn es Notwehr war. Es würde Verhandlungen geben, in Paris erfuhr man es, die Presse griff es auf, Gaston und ich würden aus der Klinik entlassen werden, Brigit erfuhr es, Vater und Mutter in Avignon …
John Parkett neben mir riß mich aus den Gedanken. Botu stützte ihn. Er saß jetzt aufrecht im Sessel. Durch die Tür traten einige Herren in die Diele. Hinter ihnen folgten zwei Sanitäter mit einer Bahre und ein Arzt. Parkett winkte den Herren zu.
»Polizei?« sagte er schwach.
»Ja. Inspektor Corneille.«
»Hören Sie …« Parkett winkte dem Arzt ab, der zu ihm treten wollte. Auf seine Lippen trat blutiger Schaum. Er sah schrecklich aus. »Es war ein Unglücksfall. Ich habe den Revolver an mich nehmen wollen und dabei löste sich der Schuß. Madame Parnasse ist unschuldig. Außerdem …« er stockte, hustete und spuckte Blut aus. Der Arzt kniete vor ihm und entfernte meine Hemdfetzen aus der Wunde. Sie blutete nicht mehr. Der Blutstrom ergoß sich nach innen. Parkett verblutete innerlich. Langsam sprach er weiter. »Außerdem habe ich ein Geständnis zu machen. Ich habe heute morgen den Arzt Dr. Gaston Ralbais zu töten versucht, indem ich ihn den Felsweg hinabstieß. Er wurde aber nur verletzt und liegt im Krankenhaus. Über die Gründe möchte ich nichts aussagen. Es waren private Streitigkeiten.«
John Parkett sank in den Sessel zurück. Der Arzt zog eine Injektion auf, aber bevor er die Hohlnadel in die Vene stoßen konnte, verfärbte sich Parkett. Seine Hände griffen zum Hals, als bekäme er keine Luft mehr, der Körper richtete sich auf, zuckte wild … dann fiel er in die Arme Botus zurück und atmete nicht mehr.
Seine starren, leblosen Augen sahen mich an. Noch im Tode ließen sie mich nicht los.
Schaudernd wandte ich mich ab. Ich sah die Tür, in der noch eine Reihe anderer Männer standen; ich sah die Bahre und hörte, wie der Arzt sagte: »Er ist tot.« Da sank ich in mich zusammen, sah noch, wie die dunklen Gestalten auf mich zutraten, ich hörte Stimmengewirr, die große, lichte Halle drehte sich um mich, dann war es Nacht. Ich erwachte in meinem Hotelbett, neben mir auf dem Stuhl saß ein Mann, ernst, verschlossen, selbst im gutgeschnittenen dunklen Anzug wie uniformiert.
Polizei.
Da wußte ich, daß alles kein Traum gewesen war, das Erwachen noch viel schrecklicher war und alles über mir zusammenschlug wie eine riesige, alles verschlingende Woge.
Die Strafe für meine schlechte Tat an Brigit …?
John Parketts Tod bildete in Juan les Pins die Sensation und den Gesprächsstoff am Strand, in den Cafés und Hotels. In den Badezelten, auf den Terrassen und hinter dem Glas der großen Hotelveranden zerbrach man sich den Kopf, wer wohl die schöne Frau gewesen sein mochte, die die Polizei im Hause Parketts angetroffen hatte, kurz nachdem der tödliche Schuß gefallen war. Daß es ein Unfall war, daran glaubte keiner. Man wisperte von einem Eifersuchtsdrama, von einem Racheakt aus gekränkter Ehre, und man suchte fieberhaft nach der Dame, die den Mut hatte, einen Mann und ihren Geliebten – denn daß John Parkett der Geliebte seiner Mörderin war, nahm man selbstverständlich an – mit einem kleinen Damenrevolver zu erschießen. Schon der Damenrevolver mit dem eingelegten Perlmutt bewies ja, daß es kein Unfall war, sondern eine überlegte Tat. Sicherlich aber aus einem Affekt heraus, aus der Aufwallung fraulichen Hasses heraus.
Ich saß mitten unter den geschwätzigen Menschen und wurde in das Gespräch mit hineingezogen. »Was sagen Sie dazu, Fräulein Doktor?« fragte man mich im Hotel. »Sie kannten doch diesen Mr. Parkett?«
Ich zuckte die Schultern. »Flüchtig! Er sprach uns an, weil wir den Fischer damals bei der Haijagd verbanden. Seitdem haben wir ihn nur auf der Terrasse des Miramar gesehen.«
»Er soll ein so netter Mensch gewesen
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