Ich glaub, ich lieb euch alle
N-n-na-naaa«, schnaube ich. Ihr Bauchnabel wirkt auf mich wie Kryptonit auf Superman– es raubt mir meine Fähigkeiten. Genauer gesagt meine Sprechfähigkeiten. Außerdem zwinkere ich definitiv zu viel. EJ beobachtet mich, als wäre ich jemand in einer schlechten Reality-Show und er hätte den besten Zuschauerplatz. Das Wort » cool« hat vorher schon bei Amber gewirkt, also lass ich es drauf ankommen.
» Coole Party«, schießt es aus mir raus. Bestens!
Sie antwortet: » Klar, Marias Haus ist einfach perfekt für eine Party.«
» Warst du schon mal hier?«, würde nun wunderbar passen, also stammle ich los: » W-w-w-wa-wa…«
EJ springt mir jetzt bei, um seinen ältesten und besten Freund zu retten: » Hör nicht auf den Knallkopf hier, er fängt immer an zu stottern, wenn ihm jemand gefällt.«
Dieser nichtsnutzige, verdammte Riesen-Voll-Idiot… Genau aus diesem Grund nämlich bin ich immer noch Jungfrau! Ich werfe ihm einen » Dich töte ich später«-Blick zu, und auch wenn ich im Moment nicht will, dass irgendjemand es erfährt, so hat er doch recht. Vom » irgendwie auf Abby stehen« bin ich gerade zum » absolut in sie verschossen sein« übergegangen.
» W-w-wi-willst du m-mit mir n-nach drinnen gehn?«, frage ich sie.
» Aber klar doch, es gibt Coke und Knabberzeug in der Küche«, sagt sie, und schon sind wir auf dem Weg.
Ich versetze EJ einen Schlag auf den Hinterkopf. Einen richtig festen Schlag!
Abby geht an der Stereoanlage vorbei und macht ein paar MTV-Hip-Hop-Moves zum Beat des Songs. Wow, mein Mädel kann tanzen! Das muss ich mir unbedingt auf dem Handrücken notieren, für spätere Fragen.
» Wie geht’s deiner Schwester?«, fragt Abby, während sie mich über ihre Schulter hin ansieht.
Verdammte Scheiße! Ich wollte doch die Rolle des Journalisten übernehmen.
» Och, sie ist schon ganz cool. Von ihr hab ich dieses Hemd hier bekommen«, antworte ich.
» Das ist ja cool. Ich wollte dir gerade sagen, wie geil ich dieses Hemd finde. Passt gut zu deinen Shox«, sagt sie, während sie sich eine Cola Light nimmt.
Ich fang an rumzustammeln: » Äh, Abby, d-d-du siehst wirklich verdammt gut aus. Wirklich, total klasse. Deine Ohrringe und dein Halskettchen passen echt perfekt zusammen. Die sind aus Puka-Muscheln, oder? Dein ganzes Outfit ist echt spitze! Dein Top und der Mini sehen total süß aus und mit deiner sonnengebräunten Haut siehst du ganz nach Beach-Babe aus.«
Oh mein Gott, Carter! Wir sind doch hier nicht bei so ’ner Tunten-Stylingshow. Halt dich zurück, du Stalker!
Doch selbst wenn sie mich insgeheim für einen Stalker halten sollte, lächelt sie breit. Trotzdem, jetzt aber Schluss mit den Komplimenten. Ich beginne mit der ersten von Tausenden von Fragen. » Wie läuft’s im Drill Team?«– » Hast du eigentlich Geschwister?«– » Versteht ihr euch gut?«– » Wie ist das so?«– » Welcher ist dein Lieblingsfilm?«– » Wie, denkst du, wirkt sich die US-Außenpolitik auf unsere Wirtschaftslage aus?«– » Denkst du, Oralsex gilt schon als richtiger Sex? Und aus welchen Gründen?« Die letzen paar Fragen hab ich dann doch lieber weggelassen, aber das waren die einzigen. Ich bin ja wie der nervtötende Kumpel von Superman, Jimmy Olsen, der nach Hinweisen sucht! Das Witzige ist, ich finde auf diesem Weg tatsächlich eine ganze Menge über sie heraus. Nicht wegen dem, was sie über sich erzählt, denn ich drifte ziemlich oft ab, sondern eher daher, wie sie sich benimmt. Sie ist irgendwie ganz aufgedreht und kichert die ganze Zeit. Ich glaube, sie ist nervös. Ich mache ein Mädchen nervös! Und ich dachte, ich kenne sie, aber sie ist nicht dasselbe Mädchen, mit dem ich auf der Junior High rumgealbert hab. Sie sieht um einiges heißer aus, benimmt sich aber dafür längst nicht mehr so kühl und abweisend. Ich hingegen bin cool wie ein Kühlschrank. Zwischen all den Fragen mache ich mittlerweile sogar ein paar Scherze und sie lacht sich kaputt. Ich hab langsam so das Gefühl, dass ich die Sache im Griff hab, das gefällt mir.
» Ich seh mal nach den Jungs«, erkläre ich und marschier einfach davon.
Mann, ich mach meine Sache wirklich prima. Ich schlendere durch den Partyraum wie ein Star nach einem Konzert. Ich werfe ein Kopfnicken nach Rechts, ein » Alles klar« nach Links, ich klatsche die Leute nacheinander ab. Dann bemerke ich mein Fahrrad auf dem Rasen vor dem Haus, wo ich es vor einer Stunde habe liegen lassen. Ich werde ein paar Mal in den Oberarm
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