Ich glaub, mich tritt ein Kind: Bekenntnisse einer Schwangeren und schonungslose Wahrheiten einer dreifachen Mutter (German Edition)
hätten – und verlor dadurch ihren Job. Das ist Deutschland. Das ist die politische Ebene. Dazu kommen die Wirren der Rollenkonflikte, die nach der Geburt in uns Eltern toben. Du bist ab dann nicht nur noch Arbeitnehmerin, Freundin und leidenschaftliche Geliebte – sondern auch Mutter. Für deine Umgebung gilt dasselbe. Deine Mutter ist nicht mehr nur noch deine Mutter, sondern auch noch die Oma deines Kindes. Und der Bruder deines Freundes wird plötzlich Onkel deines Kindes. Es ist verrückt, aber du schlidderst mit einer Schwangerschaft in ein komplett neues Rollenmodell, an das sich alle Beteiligten erst einmal gewöhnen müssen. Auch dein Freund! Denn für ihn bist du nicht mehr bloß der heiße Feger, sondern Mutter seines Kindes.
Stell dir all diese neuen Konstellationen einfach mal als Wollknäuel vor. Du hast es wohl sortiert als ordentliches Bündel in deiner Lieblingsfarbe gekauft (das Verlieben), in die Ecke gestellt (die Schwangerschaft), kurz nicht aufgepasst (die Geburt) und schließlich wurde es von deiner Katze komplett durchgespielt und zerzaust (die erste Zeit mit Baby). Du hebst die Wollfetzen auf und versuchst, erst einmal wieder eine gerade Linie daraus zu machen.
So machst du das nach der Geburt auch, erst einmal das Knäuel sortieren, dann entfädeln – nicht umgekehrt! Natürlich wirst du neidisch sein, wenn dein Mann morgens zu seinen Kollegen darfund du wieder nur an den Wickeltisch. Er kann nachts schlafen, du stillst das Kind. Nur, dann müssen wir auch ihn mal ganz Monika-Ebeling-mäßig fragen, wie es ihm denn damit überhaupt geht! Vielleicht ist er ja genauso neidisch, weil du Zeit mit eurem Kind verbringen darfst, während er das Geld ranschafft? Wer sagt denn, ob es ihn nicht sogar kränkt, dass du das Kind füttern kannst und er nicht, was ihm bis dahin ungeahnte Gefühle der Hilflosigkeit beschert? Alle Seiten lernen nach einer Geburt neue Gefühle kennen, positive wie negative. Das Wollknäuel von meinem Mann und mir war nach den Geburten auch ordentlich verknotet. Aber in langer und geduldiger Kleinstarbeit haben wir es geschafft. Manche Knoten rausgeschnitten und mit neuem Garn ersetzt und wieder zusammengeknotet. Es hat gedauert, bis wir unseren neuen Rhythmus gefunden und unsere Aufgaben so verteilt haben, dass wir alle damit zufrieden sein konnten. Und weißt du was? Das Knäuel sieht zwar jetzt ganz anders aus als vorher. Aber irgendwie trotzdem cool!
15.
Laien-Experten – Wie du auf oberschlaue Freunde
und Fremde reagierst
Hey Lisa,
ich wusste gar nicht, wie fürsorglich die Leute um einen herum auf einmal werden, sobald man schwanger ist. Vor allem die Klugscheißer.
Ach, was sage ich: Nicht nur die, sondern einfach jeder! Es scheint nämlich irgendwo ein ungeschriebenes Gesetz zu geben, dass man eine schwangere Frau ungefragt mit Tipps und eigenen Erfahrungsberichten von Geburt bis Kindererziehung versorgen darf. Beim Thema Schwangerschaft und Kinder ist es wie damals mit dem 11. September. Jeder Depp hat sich in seinerBauernschläue eine eigene Theorie zurechtgelegt und kann mitreden.
Wie aus dem Nichts pirschen sich plötzlich entfernte Bekannte, Kollegen, verschollene Familienmitglieder und blöderweise auch Freunde an dich heran und belehren dich mit allgemeingültigen Sätzen wie:
»Du musst deine eigenen Fehler machen.«
»In ein paar Monaten denkst du anders darüber.«
»Ja, ja, warte erst einmal, bis das Baby da ist.«
»Es wird dein Leben verändern.«
Dabei lassen sich die Weisen des Alltags wissenschaftlich genau in drei Gruppen einteilen.
Die Fremden auf der Straße, in Geschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln
Mustern dich von oben bis unten, als wollten sie checken, ob du auch warm genug angezogen bist, anstatt dich vorbeizulassen oder dir einen Sitzplatz anzubieten.
Schauen fassungslos, wenn du an der Supermarktkasse eine Packung Zigaretten oder eine Flasche Bier (wohlgemerkt für deinen Freund!) bezahlst.
Lächeln mitleidig, wenn du dich mit riesigem Bauch auf deinen Fahrradsattel wuchtest, und kommentieren: »Junge Frau, und das in Ihrem Zustand. Nehmen Sie doch lieber ein Taxi.«
Kollegen und Bekannte
Erklären dir ungefragt die Schwangeren-Welt. Mit Sätzen wie:
»Also, als ich mit meinem Tommi schwanger war, habe ich mir auch mal ein Glas Wein oder ein Leberwurstbrot gegönnt. Aber das muss ja jeder selber wissen.«
»Echt, du willst in der 30. Woche noch fliegen? Krass! Ich mein ja nur.«
»Er trinkt vor dir? Also, das
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