Ich glaub, mich tritt ein Kind: Bekenntnisse einer Schwangeren und schonungslose Wahrheiten einer dreifachen Mutter (German Edition)
finde ich aber nicht gut«, merkte plötzlich unsere Nachbarin an. Ich fragte erstaunt zurück. »Wieso? Ist das denn schlimm? »Ja, klar, Passivrauchen ist in der Schwangerschaft schlimmer als selber rauchen«, grätschte meine Schwägerin in spe dazwischen. Mit panisch aufgerissenen Augen blickte ich meinen Freund an, der aber wenig beeindruckt schien. »Es gibt immer irgendwelche Querulanten, die mit Studien irgendetwas beweisen wollen«, antwortete er schnell und blies seinen nächsten Zigarettenzug in die Luft.
Es kam, wie es in jeder gesunden, ausgewogenen Beziehung kommen musste: Mir platzte der Kragen. »Das ist so typisch, dass dir alles scheißegal ist und ich die Verantwortung tragen muss«, brüllte ich ihn vor der versammelten Gästeschar an, die allesamt peinlich berührt auf den Boden oder in die Luft starrten. Ein wilder Wortaustausch entbrannte, gefolgt von einem Knallen der Schlafzimmertür und meiner Ansage, dass ich das jetzt nicht mehr mitmache und schlafen gehe.
Während ich im Bett lag und über Auszugs- und Rachepläne grübelte, hörte ich, wie meine Schwägerin im Wohnzimmer »Arschloch« rief. Jetzt lachte ich mit mir selbst: Der arme Kerl, dachte ich. So hart hat er es jetzt auch nicht verdient. Hoffentlich schmeißen sie ihn nicht noch vom Balkon oder fesseln ihn und drücken Zigarettenstummel auf ihm aus.
Fazit allerdings: Seit diesem Tag raucht der Herr der Schöpfung bei Wind und Wetter auf dem Balkon. Wie du siehst, Lisa, wir sind lernfähig. Aber reicht das? Ich meine, unser Baby wird im Winter geboren. Was passiert, wenn ich mich bei Glätte voll aufs Gesicht lege, den Kinderwagen umreiße und es mit meinem Kaffee-To-Go-Becher überbrühe?
Oder schlimmer: Ich lasse es irgendwo aus Schusseligkeit im Café stehen? Oder ich hebe Baby aus Unerfahrenheit falsch und er zerrt oder reißt sich was?
Ich meine, für jemanden wie mich, der es schafft, sich im Laufe seines Lebens zweimal Tipp-Ex ins Auge zu spritzen, vom Baum zu fallen, in einen Brunnenschacht zu fallen, sich die Finger auf einer Steingrillplatte zu toasten, die Zunge an einer Fonduegabel hohl zu kokeln, das ganze Bad nach einem Rasierunfall vollzubluten und sich drei Mal mit einem Fahrrad zu überschlagen – für den ist es bestimmt die leichteste Übung, ein Baby großzuziehen.
Also, Lisa, die Gelassene: Gibt es denn nicht wenigstens ein paar Grundregeln, die ein totales Scheitern in den ersten Monaten verhindern? Wie war das bei dir, woher wusstest du, wie man wickelt, Fläschchen gibt, zum Bäuerchen-Machen anregt, diese tausend Dinge, die man im 19. Jahrhundert wahrscheinlich auf der Haushaltsschule gelernt hat? Gib mir doch wenigstens ein paar Überlebensregeln.
Liebe Caro,
ich kann dich beruhigen. Tollpatschigkeit endet meist nicht tödlich. Und ein Neugeborenes sieht zwar zerbrechlich aus, es kann aber einiges ab. Wirklich. Es überlebt auch eine Geburt! Die Kopfknochen verschieben sich während der Geburt und der Rest des Körpers wird von wellenartigen Schüben durch ein winziges Loch gepresst. Das halten die kleinen Dinger aus. Also werden sie es auch aushalten, wenn die unerfahrene Mama mal die Windel falsch rum wickelt. Trotzdem kann ich deine Ängste gut nachvollziehen.
In meiner ersten Schwangerschaft hatte ich mal einen Traum: Ich musste zwei Kinder gleichzeitig umsorgen, beide noch im Pampers-Alter. Der Junge saß auf meinem Arm. Das Mädchen schuckelte ich durch die Badewanne, weil sie sich die Windel vollgemacht hatte. Als ich sie so durchs Wasser wippte, wurde sie plötzlich klein wie ein Wurm in meiner Hand. Ich machte mir tierisch Sorgen, aber sobald ich sie aus dem Nass gehoben hatte, pumpte sich der Wurm wieder auf und wurde wieder zum Baby. Ich bin kein Traumdeuter, aber ich machte mir schon so meine Gedanken und hatte das Gefühl, dass hier unbewusst doch ordentliche Verlustängste mitschwangen. Das Problem in der ersten Schwangerschaft ist ja: Du kannst dir auf keinen Fall vorstellen, wie das wird mit einem eigenen Kind. Also ich konnte das jedenfalls nicht, viele meiner Freundinnen ebenfalls nicht. Selbst die, die schon etliche Nichten und Neffen hatten, sagten: ICH als Mutter? Unvorstellbar. Das ist ähnlich wie bei einer Fernreise und damit hast du ja schließlich Erfahrung. Erst kommt die euphorische Vorfreuden-Anspannung (Schwangerschaft). Du kannst dir nicht vorstellen, dass du schon in zwölf Stunden am Strand der Karibik sitzt. Dann kommt der ätzende, langwierige Flug, bei dem du gar
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