Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!
großartig, dass ihr Elan hinsichtlich solcher Details ungebrochen ist. Sind es nicht gerade solche Details, die ein Haus zu etwas Besonderem machen? Bestimmt werde ich eines Tages in meinem Haus stehen, mein Blick wird auf eine Tür fallen, ich werde denken: Was für eine elegante Türzarge!
Ich werde den Architektinnen dankbar sein. Die machen wirklich einen tollen Job. Zum Glück ist es nicht meiner.
Baunebenkosten inkl. MwSt.:
Übertrag 66.318,62 €
Hamburg Netz GmbH, Herstellung Gas-Hausanschluss 1.435,88 €
Zwischensumme 67.754,50 €
Pro Haus eine Ehe
Ende Mai ist das Haus verputzt und weiß gestrichen. Das Dach hat eine Attika bekommen, das bedeutet, die Dachbrüstung wurde mit Zink verkleidet. Das Gerüst wurde nicht mehr gebraucht und ist vollständig abgebaut worden. Das abgerüstete Haus steht da wie ein ausgepacktes Geschenk – ein Anblick, für den Sarah extra vorbeigekommen ist und der auch mir endlich mal wieder richtig große Hausbaufreude bereitete. Wir sitzen zusammen auf dem Balkon in der Sonne und sprechen über Wandfarben und darüber, wie der Garten aussehen soll, dazu leeren wir wieder ein paar Fläschchen Jägermeister.
Das Haus ist mittlerweile auch ans Telefonnetz und ans Kabelfernsehen angeschlossen: Ich habe zu spät bemerkt, dass wir uns einen dieser beiden Anschlüsse hätten sparen können, da man heutzutage auch Fernsehen über die Deutsche Telekom und Telefon und Internet über Kabel Deutschland beziehen kann. Der Tischler hat die Fensterbänke eingebaut, der Trockenbauer hat die Rohre in Trockenbauschächte verpackt und die Trockenbauwände in den Bädern und im Elternschlafzimmer gebaut – die sogenannten Vorsatzschalen, hinter denen WC -Kästen und Rohre verschwinden. Die Maler sind da und haben das ganze Haus von innen ein erstes Mal gestrichen, nachdem sie Unebenheiten in den Wänden und die Übergänge zwischen Massiv- und Trockenbauwänden glatt gespachtelt haben.
Wir haben einen sehr günstigen Bodenleger gefunden, empfohlen vom Mann einer Kollegin, der nächste Woche das Linoleum im Erdgeschoss, die Eichendielen im Obergeschoss und die Bangkiraidielen auf dem Balkon verlegen soll. Bald soll der Fliesenleger kommen und die Bäder fliesen. Wird ja auch allmählich Zeit.
Ich habe damit begonnen, unseren Haushalt zu durchforsten und alles auszumisten, was wir eigentlich schon lange nicht mehr brauchen, schließlich werden wir bald keinen Keller mehr haben. Die Zeit wird allmählich knapp, aber immerhin läuft gerade alles ganz rund. Trotzdem wache ich an einem Samstag frühmorgens um Viertel vor sechs mit Herzrasen auf. Ich kann nicht wieder einschlafen. Um acht Uhr stehe ich auf, müde, schlapp und deprimiert. Ich gehe eine Runde mit dem Hund, kaufe Brötchen und decke den Frühstückstisch. Mein Mann hat übermorgen Geburtstag, beim Frühstück sprechen wir darüber, wie der Tag aussehen soll, da sagt unser Sohn: »Ich habe kein Geschenk für dich!«
Unsere Tochter: »Ich auch nicht.«
Normalerweise läuft es bei uns so: Wenn mein Mann oder ich Geburtstag haben, dann hilft derjenige, der nicht Geburtstag hat, den Kindern bei der Auswahl und Besorgung eines Geschenkes. Bei uns läuft seit Monaten nichts normal. Ich habe mehrmals gehört, wie die Kinder meinen Mann fragten, worüber er sich freuen würde. Ich hatte gehofft, sie seien alt genug, um alleine etwas zu besorgen. Nein, gelogen: Ich hatte den Gedanken an diese Angelegenheit verdrängt, weil es genug andere Dinge gab, an die ich denken musste, mehr als genug.
»Tja«, sagt mein Mann und verzieht weinerlich das Gesicht, »dann habt ihr eben kein Geschenk für mich.« Er tut so, als müsste er sich beherrschen, um nicht loszuweinen. »Das wird dann wohl der traurigste Geburtstag meines Lebens.«
Unsere Tochter ist zehn, sie glaubt noch daran, dass der Mensch nur deshalb geboren wird, um Geburtstag zu haben und Geburtstagsgeschenke zu bekommen. Sie hat keinen Sinn für Scherze, wie sie mein Mann gerade macht.
»Es tut mir so leid, Papa«, flüstert unsere Tochter, »dass wir dir deinen Geburtstag verderben.«
Ich warte darauf, dass mein Mann sie trösten wird, indem er »Nicht so schlimm« sagt. Oder: »Aber Schätzchen, Geschenke sind doch nicht das Wichtigste. Hauptsache, ihr seid bei mir.«
»Aber Schätzchen«, tröstet mein Mann unsere Tochter, »das ist doch nicht deine, das ist eindeutig Mamas Schuld. Aber heute ist ja auch noch ein Tag. Dann muss Mama eben nachher noch mal mit euch
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