Ich greife an
für eine lange und hartnäckige Verteidigung vorbereitet worden. Ohne die Zwischengürtel gab es hier sieben Verteidigungslinien. Die erste Linie, auf die die deutsche Truppenführung so fest rechnete, verlief am Westufer der Weichsel, die letzte am Westufer der Oder.
Wir lebten nach wie vor ein gemessenes und verhältnismäßig ruhiges Leben. Morgens, nach dem Frühstück, fand die Politinformation statt, dann folgten Übungen auf der Erde, Übungsflüge und Besprechungen, und nach dem Abendessen wurde der politische Unterricht durchgeführt.
Wir unterhielten uns häufig über die Zukunft unserer Luftfahrt und über die stürmische Entwicklung unserer Technik. Wir träumten von ungeahnten Geschwindigkeiten und Höhen und sprachen von den sowjetischen Flugzeugen, die sich als die haltbarsten, wendigsten, steigschnellsten und kampffähigsten der Welt erwiesen hatten. Wir sprachen davon, daß mit der Entwicklung der Technik, mit der Zunahme der Flughöhe, -geschwindigkeit und -weite auch die auf den Organismus des Fliegers wirkende Belastung gewaltig anwächst. Je vollkommener die Technik wurde, desto sorgfältiger mußte sich also der Flieger seiner körperlichen Erziehung widmen, desto überlegter und systematischer mußte er Sport treiben, da der Flugzeugführer eine noch größere Ausdauer und Zähigkeit brauchte.
Ich nahm oft mit Major Assejew, dem Stellvertreter des Kommandeurs für die politische Ausbildung, an den technischen Besprechungen teil. Der Major war eigentlich kein Militärflieger, sondern hatte nur fliegen gelernt; um sich in der Praxis ein Bild vom Verhalten des Fliegers in der Luft machen zu können. Gestattete man ihm, gegen den Feind zu fliegen, so war er beispielhaft, verläßlich und diszipliniert.
Wenn der Major sich für einen Auftrag vorbereitete, hörte er sich die Bemerkungen der geschickteren und erfahreneren Flieger an, die dem Dienstrang nach unter ihm standen. Er vertrat die Meinung, daß ihm als Politfunktionär Kampferfahrung und die genaue Kenntnis des Flugzeugs bei der Arbeit mit dem fliegenden Personal und dem Bodenpersonal halfen, daß sie ihm halfen, die Aktionen des Fliegers im Kampfe bei den Besprechungen richtig zu beurteilen.
Ich hielt mich meistens in der Funkstelle auf. Von hier aus verfolgte ich die Übungsflüge, verhinderte durch den Funk die Fehler der jungen Flieger und gab ihnen kurze Hinweise. Am Abend führte ich dann eingehende Flugbesprechungen durch.
Es gab sehr viel Arbeit. Ich war von früh bis spät beschäftigt.
Ab und zu kamen zu uns Laienzirkel aus den in der Nähe gelegenen Truppenteilen. Am besten gefiel mir eine Kavalleristenbrigade, deren Mitglieder ausgezeichnete Reiterkunststücke vorführten und wundervoll sangen und tanzten. Wenn wir Zeit fanden, gingen wir dann und wann auch einmal auf Jagd. Der Wald erinnerte mich an meine Heimatgegend. Als Kind war ich mit den Jungen gern in den Wald gegangen und hatte Erdbeeren und Pilze gesammelt.
Wir alle waren der Untätigkeit überdrüssig.
In den letzten Dezembertagen 1944 hatte ich in der Funkstelle Dienst. Ich beobachtete aufmerksam den Himmel. In der klaren Luft zeichnete sich ein weißer Kondensstreifen ab, den ein feindlicher Aufklärer zog. Die Maschine war jedoch nicht zu sehen, da sie sehr hoch flog. In der Luft patrouillierten Alexandrjuk und Wassko. Ich gab ihnen durch: „Ein feindlicher Aufklärer fliegt den Flugplatz an!"
Ich lenkte sie auf seine Spur. Der Rottenführer Alexandrjuk antwortete mir, daß er den Gegner gesichtet habe. Ich gab ihm durch den Funk den Befehl: „Schießt den Feind ab!"
Der Faschist erwies sich als ein erfahrener Aufklärer. Er begann zu kurven und versuchte, unseren Jägern zu entwischen.
Von der Erde aus beobachtete ich aufmerksam den Luftraum und den Kampf der Kameraden. Ich bangte um den Ausgang des Kampfes, gestikulierte unwillkürlich und rief in den Funk: „So ist's richtig, Wassko! Prachtbursche! Gib dir Mühe! Drauf, drauf, Alexandrjuk, laß ihn keine Sekunde aus den Augen!"
Schließlich meldete mir Alexandrjuk: „Das feindliche Flugzeug ist abgeschossen!"
So sehr der Faschist sich auch angestrengt hatte, er war nicht lebend davongekommen.
Bald darauf verließ uns Schebeko, den man zu einer anderen Einheit versetzt hatte. An seine Stelle trat der Held der Sowjetunion Major Alexander Kumanitschkin. Sein bisheriges Leben unterschied sich wenig von dem unseren. Vor dem Kriege war er Arbeiter in der Moskauer Schuhfabrik „Burewestnik" gewesen.
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