Ich greife an
erhalten wir Ersatz. Wir werden viel Arbeit haben. Wir müssen die Jungs so vorbereiten, daß sie sicher mit dem Feind kämpfen können. Wir müssen ihre Flüge eingehend analysieren und ihre Fehler feststellen. Lernen Sie kommandieren!"
Um mich auf meine neuen Pflichten vorzubereiten, achtete ich von nun an auf jedes Wort des Staffelkapitäns und beobachtete, wie er kommandierte, lehrte und erzog und wie er sich mit seinen Untergebenen unterhielt. Man hatte mich mit einer verantwortungsvollen Aufgabe betraut - mit der Erziehung junger Kampfflieger.
Als der Ersatz eingetroffen war, wurde aus den neuen Fliegern eine Staffel zusammengestellt.
Es sind gute, disziplinierte Burschen, aber sie sind hitzig. Wahrscheinlich zu hitzig, dachte ich, als ich ihre lebhaften Gesichter musterte. Aber Semjonow wird sie rasch an die Kandare nehmen!
Der Staffelkapitän machte sich mit jedem einzelnen bekannt, ließ sie dann alle zusammenkommen und sagte: „Die Hauptsache ist, daß Sie zusammenhalten, daß Sie sich gegenseitig schützen und daß Sie sich nicht von der Gruppe trennen. Wenn Sie dem zuwiderhandeln, wird Sie der Feind abknallen wie einen Hasen. Die Gruppe muß in der Luft ein einheitliches Ganzes sein. Einer für alle, alle für einen. Darin liegt ihre Stärke!"
Alle neuen Flieger waren Komsomolzen. Die meisten kamen direkt von der Fliegerschule. Auch wir hatten in unserer Staffel drei Neue: Pascha Brysgalow, einen rotwangigen und untersetzten Burschen mit einem Doppelkinn und lachenden Augen, und seinen Schulfreund Mischa Nikitin, einen schlanken, muskulösen, sehr beweglichen und fröhlichen Menschen. Obgleich sich Brysgalow und Nikitin äußerlich gar nicht glichen, zeichneten sie sich doch durch gleiche Charakter-und Wesenszüge aus. Der dritte Neuling, er hieß Gopkalo, war ein noch ganz junges Bürschchen.
Semjonow wählte sich Brysgalow als Rottenhund aus, während mir Wassili Muchin als Kampfgenosse zugeteilt wurde. Er hatte schon an Kämpfen teilgenommen. Semjonow nahm mich beiseite und sagte: „Merken Sie sich: in der Freundschaft zwischen dem Rottenführer und dem Rottenhund liegt der Erfolg der Rotte begründet. Fühlen Sie Muchin auf den Zahn."
Ich nahm meinen Rottenhund unter die Lupe.
Auf dem Flugplatz war es still. Wir gingen baden. An Wassilis Bein bemerkte ich eine große, tiefe Narbe, genierte mich aber zu fragen, ob ihm die alte Verwundung nicht hinderlich sei. Wir schwammen, kehrten wieder ans Ufer zurück, legten uns ins Gras und rauchten.
„Hör mal, Wassili, sei mir aber nicht gleich böse, wirkt sich die Verwundung nicht auf dein fliegerisches Können aus?" fragte ich, auf die Narbe zeigend.
Schlicht antwortete er:
„Sorge dich nicht, sie stört mich nicht beim Fliegen. Auf der Erde habe ich zuweilen Schmerzen, in der Luft jedoch nie. Mich hat ein Splitter erwischt, als der Feind unseren Flugplatz in den Salsker Steppen bombardierte. Ich glaubte erst, die Ärzte würden mir das Bein abnehmen, aber wie du siehst, haben sie mir's gelassen. Du brauchst nicht an mir zu zweifeln! Ich habe eine ebenso große Rechnung mit den Faschisten zu begleichen wie du."
Wir führten zusammen zahlreiche Übungsflüge über unserem Feldflugplatz durch, paßten uns einander an und studierten das gegenseitige Verhalten in der Luft. Damit pflegt die Freundschaf t einer Fliegerrotte zu beginnen.
Auf dem Flugplatz folgte mir Muchin ständig, um sich an meine Bewegungen und an meine Stimme zu gewöhnen. Manchmal vergaß ich ihn, doch wenn ich mich dann umschaute, folgte er mir schon auf den Fersen. Eine dem Außenstehenden komisch anmutende Eigenheit, für den Flieger aber sehr nützliche „Bodenausbildung".
Ich sehe Muchins lächelndes Gesicht mit den blonden Brauen, seine blauen Augen, die von der Sonne gebleichte Haarsträhne unter dem schief sitzenden Käppi, seine ganze jugendliche, kräftige Gestalt heute noch so deutlich, als stünde er vor mir.
Wassili ging etwas gebückt, wie dies Flieger häufig tun, die es gewöhnt sind, ein wenig gebeugt in der Kabine des Flugzeuges zu sitzen.
Wir lebten zu dritt - Muchin, Kutscherenko und ich - sehr einmütig zusammen und schliefen nebeneinander im Stroh. Abends unterhielten wir uns lange über unsere Angehörigen. Wassilis alte Eltern waren in einem Dorf bei Gomel zurückgeblieben. Auch er fand, wie ich, innerlich keine Ruhe. Ich mußte ständig an meinen Vater denken, und häufig erinnerte ich mich der Brüder. Wo mochten sie jetzt sein? Mit Ungeduld
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