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Ich hab dich im Gefühl

Ich hab dich im Gefühl

Titel: Ich hab dich im Gefühl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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Sarg in die Grube hinuntergelassen wurde, stieß seine Mutter ein lautes Schluchzen aus, und Al stimmte auf der Stelle mit ein. Justin wusste, dass Al nicht deshalb weinte, weil er seinen Vater vermisste, sondern weil das Verhalten seiner Mutter ihm Angst einjagte. Nun begann auch Grandma, Dads Mutter, die bisher nur leise vor sich hin geschnieft hatte, laut zu jammern, aber es war das Weinen des armen vaterlosen kleinen Jungen, das der gesamten Trauergemeinde endgültig das Herz brach. Sogar die Unterlippe von Dads Bruder Seamus, der sonst immer aussah, als müsste er sich das Lachen verkneifen, fing an zu zittern, und an seinem Hals schwoll eine Ader, dick wie bei einem Bodybuilder. Unwillkürlich stellte Justin sich vor, dass in Onkel Seamus ein anderer Mann hauste, der herauswollte, von Seamus aber daran gehindert wurde.
    Menschen sollten nie anfangen zu weinen. Denn wenn sie erst mal anfangen … Am liebsten hätte Justin ihnen allen zugerufen, sie sollten sich bloß nicht weismachen lassen, dass Al um seinen Vater weinte. Er wollte ihnen sagen, dass Al überhaupt nicht wirklich kapierte, was hier abging. Den ganzen Tag hatte er nur Augen für sein Feuerwehrauto gehabt und nur gelegentlich zu Justin aufgeblickt. Dann allerdings war sein Gesicht so voller Fragen gewesen, dass sein großer Bruder sich hatte abwenden müssen.
    Männer in Anzügen schleppten Dads Sarg aus der Kapelle. Männer, die nicht Justins Onkel und auch nicht Dads Freunde waren. Sie weinten auch nicht wie alle anderen, aber sie lächelten auch nicht. Sie wirkten weder gelangweilt noch interessiert. Sie sahen aus, als wären sie schon hundertmal auf Dads Beerdigung gewesen. Deshalb waren sie wahrscheinlich nicht mehr sonderlich traurig darüber, dass er jetzt schon wieder gestorben war, aber es störte sie auch nicht, dass sie noch ein Loch buddeln, ihn hinschleppen und begraben mussten. Justin sah zu, wie die Männer, ohne die Miene zu verziehen, Erde auf den Sarg warfen, die trommelnd auf dem Holz landete. Ob das Dad wohl aus seinem Sommerschlaf wecken würde? Justin weinte nicht wie die anderen, weil er sicher war, dass Dad nun endlich dem Licht entronnen war. Jetzt musste er nicht mehr allein im Schatten sitzen.
    Auf einmal schreckt Justin aus seinen Erinnerungen hoch und merkt, dass der Chauffeur ihn durchdringend mustert. Sein Gesicht kommt ganz nahe, und er wartet, dass Justin die Frage beantwortet – eine sehr persönliche Frage, es geht um einen Ausschlag und ob er selbst auch schon mal einen hatte.
    »Nein«, sagt Justin ganz leise, räuspert sich und passt seine Augen langsam an die Welt der Gegenwart an, dreißig Jahre später. Zeitreisen in Gedanken sind ganz schön anstrengend.
    »Das da drüben ist unserer.« Der Chauffeur drückt auf den Knopf am Autoschlüssel, und ein Mercedes der S-Klasse blinkt auf.
    Justin bleibt der Mund offen stehen. »Wissen Sie, wer das organisiert hat?«
    »Nein, keine Ahnung.« Er hält Justin die Tür auf. »Ich nehme nur Anweisungen von meinem Chef entgegen. Dachte noch, dass es seltsam ist, ›Vielen Dank‹ auf das Schild zu schreiben. Ergibt das für Sie einen Sinn?«
    »Ja, schon … aber das ist kompliziert. Könnten Sie vielleicht Ihren Boss fragen, wer dafür bezahlt?« Langsam lässt Justin sich auf den Rücksitz sinken und stellt seine Mappe auf den Boden neben sich.
    »Ich werde es versuchen.«
    »Das wäre toll.«
Dann hab ich dich wirklich erwischt!
Er entspannt sich allmählich auf dem Ledersitz, streckt die Beine aus und schließt die Augen, unfähig, sich ein Lächeln zu verkneifen.
    »Ich bin übrigens Thomas«, stellt der Chauffeur sich vor. »Ich stehe den ganzen Tag zu Ihrer Verfügung, lassen Sie mich einfach wissen, wo Sie nachher hinwollen.«
    »Den ganzen Tag?« Um ein Haar verschluckt Justin sich an dem Wasser, das es hier gratis gibt. Offensichtlich hat er einem ziemlich reichen Menschen das Leben gerettet. Ja! Vielleicht hätte er damals bei Bea etwas Anspruchsvolleres erwähnen sollen als Muffins und die Tageszeitung. Eine Villa in Südfrankreich zum Beispiel. Blöd, dass er daran nicht gedacht hat.
    »Hätte Ihre Firma so was nicht für Sie organisiert?«, fragt Thomas.
    »Nein«, antwortet Justin mit einem entschiedenen Kopfschütteln. »Ganz bestimmt nicht.«
    »Vielleicht haben Sie eine gute Fee, von der Sie nichts wissen«, meint Thomas, ohne das Gesicht zu verziehen.
    »Na, dann sehn wir mal, was sie aus dieser Zauberkiste rausholen kann«, lacht Justin.
    »Wenn

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