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Ich hab dich im Gefühl

Ich hab dich im Gefühl

Titel: Ich hab dich im Gefühl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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mit einem unverkennbaren amerikanischen Akzent.
    Gerade will ich ihm etwas nachrufen, aber der Klang seiner Stimme hält mich zurück.
    »Schau dir das mal an«, meint Dad bewundernd, während er dem Pantomimen zusieht, der in einer unsichtbaren Kiste festsitzt. »Soll ich ihm vielleicht einen unsichtbaren Schlüssel geben, damit er wieder rauskommt?« Er lacht. »Wäre das nicht lustig, Liebes?«
    »Nein, Dad.« Ich sehe dem Rücken des Remplers nach und versuche mich daran zu erinnern, warum mir die Stimme so bekannt vorkommt.
    »Du weißt doch, dass de Valera mit einem Schlüssel, den jemand in einem Geburtstagskuchen zu ihm reingeschmuggelt hat, aus dem Gefängnis entkommen ist. Das sollte mal einer diesem Typen hier erzählen. Also, wo gehen wir denn jetzt hin?« Er sieht sich um und wandert in die andere Richtung weiter, mitten durch eine Gruppe paradierender Hare Krishnas, ohne sie im Geringsten zu beachten.
    Der beigefarbene Dufflecoat dreht sich noch einmal um und wirft mir einen letzten bösen Blick zu, ehe er endgültig davonstürmt.
    Aber ich starre ihm weiter nach. Wenn ich das Stirnrunzeln umdrehe, wird es ein Lächeln. Ein vertrautes Lächeln.
    »Gracie, hier kriegt man die Tickets. Ich hab’s gefunden!«, ruft mein Vater.
    »Warte mal, Dad.« Ich lasse den Dufflecoat nicht aus den Augen. Dreh dich noch einmal um und zeig mir dein Gesicht, bettle ich im Stillen.
    »Ich hole dann mal die Tickets.«
    »Okay, Dad«, sage ich, ohne den Blick von dem Dufflecoat abzuwenden. Ich kann mich einfach nicht davon losreißen. In Gedanken werfe ich ein Lasso und beginne ihn zu mir zu ziehen. Seine Schritte werden kleiner, das Tempo wird langsamer …
    Auf einmal bleibt er stehen. Ja!
    Bitte dreh dich um. Ich ziehe am Lasso.
    Er wendet sich um, lässt die Augen suchend über die Menschenmenge schweifen. Sucht er mich?
    »Wer bist du?«, murmle ich.
    »Ich!«, antwortet Dad. »Du stehst mitten auf der Straße.«
    »Ich weiß, was ich tue«, fahre ich ihn an. »Hier, hol die Tickets.« Ich strecke ihm ein paar Geldscheine hin.
    Die Augen weiter auf den Dufflecoat gerichtet, entferne ich mich von den Hare Krishnas und hoffe, dass er mich entdeckt. Der helle Wollstoff seines Mantels leuchtet zwischen den dunklen, trüben Klamotten der Leute um ihn herum. Ich räuspere mich und fahre mir durch meine kurzen Haare.
    Der Mann im Dufflecoat sieht sich immer noch forschend um, und dann richtet sich sein Blick ganz, ganz langsam auf mich. In der Sekunde, die er braucht, um mich zu registrieren, erkenne ich ihn. Es ist der Mann aus dem Friseursalon!
    Was jetzt? Vielleicht erinnert er sich ja überhaupt nicht an mich. Vielleicht ärgert er sich immer noch, weil ich ihn so angeblafft habe. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Soll ich lächeln? Winken? Keiner von uns rührt sich.
    Dann hebt er die Hand. Winkt. Ich sehe mich um, um mich zu vergewissern, dass ich gemeint bin. Obwohl ich mir eigentlich so sicher bin, dass ich meinen Vater verwettet hätte. Plötzlich ist die Grafton Street ganz leer. Und still. Nur er und ich sind da. Seltsam, wie das passiert ist. Wie rücksichtsvoll von den anderen. Ich winke zurück. Er bewegt die Lippen und will mir etwas sagen.
    Streit? Bleib? Nein.
    Leid! Es tut ihm leid. Ich überlege, was ich antworten soll, aber ich kann nicht aufhören zu lächeln, und wenn man lächelt, kann man genauso wenig Worte formen wie ein Liedchen pfeifen.
    »Ich hab die Tickets«, ruft Dad. »Zwanzig Euro für jedes – der glatte Wahnsinn, wenn du mich fragst. Sehen kostet doch nichts! Ich verstehe überhaupt nicht, wie die einen dafür bezahlen lassen können, dass man die Augen benutzt. Ich werde jemandem zu diesem Thema einen geharnischten Brief schreiben. Wenn du mich das nächste Mal fragst, warum ich lieber zu Hause bleibe und meine Fernsehsendungen anschaue, werde ich dich daran erinnern, dass das wenigstens nichts kostet. Zwei Euro für die Fernsehzeitung und hundertfünfzig Euro Gebühren pro Jahr, das ist ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis als ein Tag mit dir in der Stadt«, schimpft er. »Teure Taxis, um hinzukommen, dann ein Schweinegeld, um Sachen anzuschauen, die ich mir seit sechzig Jahren umsonst ansehe.«
    Auf einmal höre ich den Verkehrslärm wieder, sehe das Gewimmel der Menschen, spüre Sonne und Wind auf meinem Gesicht. Ich fühle mein Herz laut in meiner Brust pochen und das Blut aufgeregt durch meine Adern rasen. Dad zerrt an meinem Arm.
    »Er fährt los, komm schon, Gracie, er

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