Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich hab dich im Gefühl

Ich hab dich im Gefühl

Titel: Ich hab dich im Gefühl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
Vom Netzwerk:
nach dem Einen, dem Richtigen«, antwortet Frankie mit einem Lächeln.
    Das machen die beiden dauernd. Ihr sonderbares Bindungsritual würde vermutlich aus den meisten anderen Menschen ein für alle Mal Erzfeinde machen, denn sobald sie sich sehen, schmeißen sie sich alles Mögliche an den Kopf, ohne wirklich miteinander zu reden. Heute tritt etwas unvermittelt Schweigen ein, sie denken beide nach, und nach etwa zehn Sekunden versetzt Kate Frankie einen Tritt. Ach ja. Es wurden Kinder erwähnt. In meiner Anwesenheit.
    Wenn man etwas Tragisches erlebt hat, macht man oft die seltsame Erfahrung, dass man in Gesellschaft diejenige ist, die dafür zu sorgen hat, dass die anderen sich wohlfühlen.
    »Wie geht’s Crapper?«, frage ich deshalb in die unbehagliche Stille hinein. Crapper ist Frankies Hund.
    »Ich bin ganz zufrieden, seine Beine heilen gut. Aber er jault immer noch, wenn er ein Foto von dir sieht. Ich musste es vom Kaminsims nehmen, tut mir leid.«
    »Macht nichts. Ich wollte dich sowieso schon bitten, es wegzutun. Kate, du kannst übrigens auch meine Hochzeitsbilder einmotten.«
    Endlich das Thema Scheidung.
    »Ach, Joyce«, sagt sie und schüttelt traurig den Kopf. »Das ist mein Lieblingsfoto von mir. Ich hab bei deiner Hochzeit so gut ausgesehen. Kann ich nicht einfach Conor rausschneiden?«
    »Oder ihm ein Bärtchen malen«, ergänzt Frankie. »Oder noch besser, ihm eine Persönlichkeit verleihen.«
    Schuldbewusst beiße ich mir auf die Lippen, um ein Lächeln zu unterdrücken, das sich in meine Mundwinkel einschleichen will. Ich bin es nicht gewöhnt, dass jemand so über meinen Exmann redet. Das ist respektlos, und ich weiß nicht, ob es mir gefällt. Andererseits ist es lustig. Zur Sicherheit wende ich aber erst mal den Blick ab und sehe zu den Kindern.
    »Okay, ihr alle!« Der Turnlehrer klatscht in die Hände, um die Aufmerksamkeit seiner Schüler auf sich zu ziehen, und für einen Moment verstummt das Hopsen und Zirpen der Grillen. »Rollt die Matte aus, wir machen Rolle rückwärts. Hände flach auf den Boden, so dass die Finger auf die Schultern deuten, wenn ihr wieder zum Stehen kommt. Ungefähr so.«
    »Na, seht euch mal unseren biegsamen kleinen Freund an!«, bemerkt Frankie.
    Ein Kind nach dem anderen rollt rückwärts und kommt perfekt wieder zum Stehen. Nur Jayda kugelt ungeschickt seitwärts über den Kopf, tritt ein anderes Kind vors Schienbein und stemmt sich auf die Knie, ehe sie wieder aufspringt. In ihrer ganzen rosaroten Glitzerpracht wirft sie sich in Spice-Girls-Pose, reckt die Finger zum Peace-Zeichen und glaubt wahrscheinlich, dass niemand ihren Fehler bemerkt hat. Der Lehrer achtet nicht auf sie.
    »Menschliche Wesen aufs Leben vorbereiten«, zitiert Frankie. »Klar. Du wärst Geschäftsführerin, garantiert.« Dann wendet sie sich an mich und fragt mit deutlich sanfterer Stimme: »Und wie geht es dir so, Joyce?«
    Ich habe lange darüber nachgedacht, ob ich es ihnen sagen soll – ob ich es überhaupt irgendjemandem sagen soll. Keine Ahnung, welche Reaktionen ich hervorrufe, wenn ich freimütig erzähle, was ich zurzeit erlebe – außer vielleicht, dass man mich in die Geschlossene einliefert. Ich weiß nicht mal, was ich mir davon verspreche. Aber nach der heutigen Erfahrung lasse ich mal die Seite meines Gehirns machen, die es gern in Worte fassen möchte.
    »Wahrscheinlich klingt das total verrückt, aber ich hoffe, ihr habt ein bisschen Geduld mit mir.«
    »Okay«, sagt Kate und nimmt meine Hand. »Sag, was immer du magst. Lass einfach alles raus.«
    Frankie verdreht die Augen.
    »Danke.« Langsam ziehe ich meine Hand zurück. »Ich sehe dauernd diesen Typen.«
    Kate bemüht sich, die Information einzuordnen, sie irgendwie mit dem verlorenen Baby und der bevorstehenden Scheidung zu verknüpfen. Aber ich sehe, dass sie es nicht schafft.
    »Ich hab das Gefühl, ihn zu kennen, obwohl ich gleichzeitig genau weiß, dass es nicht so ist«, fahre ich fort. »Inzwischen hab ich ihn dreimal gesehen, gerade heute wieder, als er hinter meinem Wikingerbus hergelaufen ist. Und wenn mich nicht alles täuscht, hat er meinen Namen gerufen. Obwohl ich mir das vielleicht auch eingebildet habe, woher soll er meinen Namen wissen? Außer wenn er mich kennt, aber ich bin ja eigentlich sicher, dass er mich nicht kennt. Was sagt ihr dazu?«
    »Moment mal, ich stecke noch beim Wikingerbus fest«, versucht Frankie mich zu bremsen. »Du hast einen
Wikinger
bus?«
    »Ich
habe
keinen Wikingerbus.

Weitere Kostenlose Bücher