Ich hab dich im Gefühl
sie nicht herausgelassen werden, ballen sie sich zusammen wie paranoide Fettzellen. Aber jetzt öffnen sich die Lippen, und die Worte sprudeln nur so heraus.
»Vielleicht hast du ein Maxi gekriegt, aber ich hoffe, du weißt, dass ich auch nicht auf dem Feld rumstehe.« Er reckt das Kinn, und das zieht den unsichtbaren Faden an seinem Stolz in die Höhe. Offensichtlich ist er zufrieden mit der Wörtersammlung, die er da gerade gemixt hat.
»Wie bitte?«
»Du hast mich genau verstanden.«
»Ja, aber …«
»Maxi –
Taxi
. Geld,
Feld
«, erklärt er. »Das alte Tschitti tschitti.«
Ich bemühe mich, aus seinen mysteriösen Erklärungen schlau zu werden.
»Bäng bäng, Reim-Slang«, vollendet er seine Rede. »Er weiß genau, was ich meine«, sagt er mit einer Kopfbewegung zu unserem Fahrer.
»Er kann dich nicht hören.«
»Warum? Ist er dumm?«
»Was?«
»Taub und stumm.«
»Nein«, entgegne ich und bin auf einmal schrecklich müde. »Wenn das rote Licht aus ist, kann der Fahrer einen nicht hören.«
»Genau wie bei Joes Hörgerät«, antwortet Dad. Er beugt sich vor und drückt auf den Schalter hinten im Wagen. »Können Sie mich jetzt hören?«
»Ja, Kumpel!«, ruft der Fahrer und sieht ihn im Rückspiegel an. »Laut und deutlich.«
Als er keine Antwort bekommt, schaut der Fahrer mit besorgt gerunzelter Stirn noch einmal in den Spiegel, behält dabei zum Glück aber auch die Straße im Auge.
Dad kichert. Ich vergrabe das Gesicht in den Händen.
»Das machen wir immer mit Joe«, erzählt Dad schelmisch. »Manchmal dauert es den ganzen Tag, bis er merkt, dass wir ihm das Gerät abgeschaltet haben. Er denkt dann halt, dass niemand was zu ihm sagt. Alle halbe Stunde oder so schreit er: ›Himmel, ist ja ganz schön still hier drin!‹« Dad lacht und legt den Schalter wieder um. »Na, wie isses?«, fragt er freundlich.
»Alles klar, Paddy«, antwortet der Fahrer.
Ich erwarte schon halb, dass Dad mit seiner knorrigen Faust durch den Schlitz im Fenster auf den Fahrer losgeht. Aber nein, stattdessen lacht er laut und herzlich.
»Ich möchte heute Abend gern mal allein sein. Können Sie mir vielleicht sagen, wo es in der Nähe von meinem Hotel ’ne anständige Toilette gibt, damit ich ohne meinen Teepott losziehen kann?«
Der junge Taxifahrer betrachtet Dads unschuldiges Gesicht im Spiegel, diesen Mann, der es immer gut meint und niemanden beleidigen möchte. Aber er sagt nichts, sondern fährt schweigend weiter.
Ich schaue weg, um Dad die Peinlichkeit zu ersparen, aber ich fühle mich überlegen und hasse mich dafür. Ein paar Augenblicke später stehen wir vor einer Ampel, und der Taxifahrer öffnet die Luke und steckt einen Zettel durch.
»Da ist ’ne Liste, Kumpel. Ich würde das Erste vorschlagen, das finde ich persönlich am besten. Da gibt’s um die Zeit jetzt auch was Leckeres zum Pressen, wenn Sie verstehen, was ich meine.« Er lächelt und zwinkert.
»Danke.« Dads Gesicht hellt sich auf, und er studiert den Zettel, als wäre es das Kostbarste, was er je bekommen hat. Dann faltet er ihn zusammen und steckt ihn stolz in die Brusttasche. »Wissen Sie, die Kleine hier, die ist echt ’ne ganz Schicke, wenn Sie wissen, was
ich
meine. Passen Sie auf, dass sie Ihnen auch was rüberwachsen lässt.«
Der Fahrer lacht und hält vor unserem Hotel. Ich sehe es mir durchs Autofenster an und bin angenehm überrascht. Für fünfzig Pfund pro Nacht ein Dreisternehotel mitten im Herzen der Stadt, nur zehn Minuten Fußmarsch von den großen Theatern, von Oxford Street, Picadilly und Soho. Genug, um uns beide von Schwierigkeiten fernzuhalten. Oder mittenrein zu bringen.
Dad steigt aus und zieht sein Köfferchen hinter sich her zu den Drehtüren. Ich beobachte ihn, während ich auf mein Wechselgeld warte. Die Türen drehen sich so schnell, dass ich sehen kann, wie er versucht, den richtigen Moment zum Hineingehen abzupassen. Wie ein Hund, der Angst hat, ins kalte Wasser zu springen, schiebt er sich langsam vorwärts, hält inne, bewegt sich ruckartig wieder ein Stück nach vorn, bleibt wieder stehen. Schließlich rennt er los, sein Koffer bleibt draußen stecken, verkeilt die Drehtüren, und Dad ist im Innern gefangen.
Trotzdem lasse ich mir Zeit mit dem Aussteigen. Hinter mir höre ich Dad ans Glas klopfen, aber ich ignoriere ihn und beuge mich noch mal ins Beifahrerfenster.
»Hilfe! Hilfe!«, höre ich Dad schreien.
»Wie hat er mich genannt?«, erkundige ich mich beim Fahrer und ignoriere die Rufe
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