Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich hab dich im Gefühl

Ich hab dich im Gefühl

Titel: Ich hab dich im Gefühl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
Vom Netzwerk:
lächerlichen Schwindelei.
    »Na ja, als Sie kamen, hat er mir gerade berichtet, wie er mal einem Schwan das Leben gerettet hat«, antwortet sie lächelnd.
    »Ganz allein«, fügen sie und Dad aus einem Mund hinzu und fangen an zu lachen.
    »Ha, ha.« Ich zwinge mich ebenfalls zu lachen, aber es klingt gekünstelt. »Wirklich?«, frage ich ihn zweifelnd.
    »Oh, ihr Kleingläubigen.« Dad nimmt noch einen Schluck Guinness. Jetzt hat er schon einen Brandy und ein Pint intus, wenn er mit seinen fünfundsiebzig Jahren so weitermacht, ist er im Handumdrehen beduselt. Und der Himmel weiß, was er dann noch so alles erzählt. Wir müssen schnell hier raus.
    »Na ja, Mädels, es ist toll, Leben zu retten, wirklich«, verkündet Dad von seinem hohen Ross herunter. »Wenn man es noch nicht getan hat, kann man es sich gar nicht vorstellen.«
    »Mein Vater, der Held«, grinse ich.
    Bea lacht. »Sie klingen genau wie mein Vater.«
    Sofort spitze ich die Ohren. »Ist er auch hier?«
    Sie schaut sich um. »Nein, noch nicht. Keine Ahnung, wo er sich rumtreibt. Wahrscheinlich versteckt er sich vor meiner Mom und ihrem neuen Freund und natürlich vor allem vor
meinem
Freund«, lacht sie. »Aber das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls hält er sich selbst für Superman …«
    »Warum?«, unterbreche ich sie, reiße mich aber sofort wieder zusammen.
    »Vor ungefähr einem Monat hat er Blut gespendet«, erklärt sie und hebt die Hände. »Tada! Das war’s auch schon!« Sie lacht. »Aber er glaubt, jetzt ist er ein Held, der jemandem das Leben gerettet hat. Ich meine, vielleicht stimmt das ja auch. Aber er redet von nichts anderem mehr. An dem College, wo er seine Vorlesungen hält, gab es eine Blutspendeaktion. Wahrscheinlich kennen Sie das College, es ist in Dublin. Trinity College? Mich würde das ja gar nicht stören, aber er hat es bloß gemacht, weil er die Ärztin süß fand, und wegen diesem chinesischen Ding, wie hieß das gleich wieder? Wenn man jemandem das Leben rettet und der einem dann auf ewig verpflichtet ist oder so?«
    Dad zuckt mit den Schultern. »Ich kann kein Chinesisch. Und ich kenne auch keine Chinesen. Aber Gracie hier, sie isst dauernd chinesisch«, meint er mit einer Kopfbewegung in meine Richtung. »Reis mit Eiern oder so was.« Er rümpft die Nase.
    Bea lacht. »Jedenfalls glaubt er, wenn man jemandem das Leben rettet, dann muss dieser Mensch für den Rest seines Lebens jeden Tag dankbar sein und es auch entsprechend zeigen.«
    »Und wie soll das dann aussehen?«, erkundigt sich Dad.
    »Er möchte beispielsweise, dass man ihm ein Geschenkkörbchen mit Muffins bringt, seine Wäsche von der Reinigung holt, ihm morgens die Zeitung und einen Kaffee direkt vor die Tür liefert, er hätte gern ein Auto mit Chauffeur, Opernkarten in der ersten Reihe …« Sie hält inne, verdreht die Augen und runzelt nachdenklich die Stirn. »Ich erinnere mich nicht mehr, was sonst noch alles, aber es waren lauter total alberne Sachen. Jedenfalls hab ich ihm gesagt, er soll sich lieber einen Sklaven halten, statt jemandem das Leben zu retten.« Sie und Dad lachen schallend.
    Ich forme mit den Lippen ein Oh, aber es kommt kein Ton heraus.
    »Verstehen Sie mich nicht falsch, mein Dad ist ein furchtbar netter Mensch«, fügt sie hastig hinzu, wahrscheinlich, weil sie mein Schweigen falsch deutet. »Und ich war stolz auf ihn, als er Blut gespendet hat, denn er hat panische Angst vor Spritzen. Eine richtige Phobie«, erklärt sie, und Dad nickt verständnisvoll. »Das hier ist er übrigens«, sagt sie und klappt ein Medaillon auf, das sie um den Hals trägt. Falls ich zwischendurch die Sprachfähigkeit wiedererlangt habe, verliere ich sie jetzt spontan wieder.
    Auf einer Seite des Medaillons ist ein Bild von Bea und ihrer Mutter, auf der anderen das Bild von ihr und ihrem Vater, als sie noch ein kleines Mädchen war, im Park an jenem Sommertag, der so klar in meinem Gedächtnis eingebettet ist. Ich erinnere mich daran, wie lange es gedauert hat, bis wir sie dazu gebracht haben, still zu sitzen. Vor lauter Aufregung ist sie dauernd auf und ab gehüpft. Ich erinnere mich an den Duft ihrer Haare, als sie auf meinem Schoß saß, ihren Kopf zu mir hochreckte und so laut »Cheese!« rief, dass ich beinahe taub geworden wäre. Natürlich war ich nicht wirklich dabei, aber ich erinnere mich mit der gleichen Zuneigung an die Situation wie an den Tag, an dem ich als kleines Mädchen mit meinem Dad beim Angeln war, fühle alle Empfindungen

Weitere Kostenlose Bücher