Ich habe abgeschworen
Religion (DITIB), des Islamrats für die Bundesrepublik Deutschland und des Verbandes der Islamischen Kulturzentren (VIKZ). Milli Görüs ist als dominante Gruppe im Islamrat ebenfalls mit dabei und versucht so, noch mehr Einfluss in Fragen der deutschen Politik zu nehmen. Als Zentralrat der Ex-Muslime nahmen wir in einer Presseerklärung kritisch zur Gründung des Koordinierungsrates Stellung, darin heißt es unter anderem: »Die Forderung nach ›Gleichstellung des Islam mit dem Christentum‹ bedeutet im Kontext der hiesigen staatskirchenrechtlichen Privilegien die Schaffung staatlich finanzierter islamischer Kindergärten, Konfessionsschulen, Universitäten, Krankenhäuser usw., wo dann das Kopftuchtragen per islamischem Arbeitsrecht vorgeschrieben ist. Also die Institutionalisierung der Parallelgesellschaft. Dies wäre das Gegenteil von Integration!«
Es ist seltsam, dass ich, eine Frau, die aus der vormodernen Gesellschaft des Iran geflohen ist, nun deutschen Kulturrelativisten zu erklären versuche, wie sie sich und ihre Kultur verleugnen, wenn sie Räume in ihrer Gesellschaft zulassen, in denen die Gültigkeit der individuellen Menschenrechte außer Kraft gesetzt wird. Denn wenn ich mir einen Frauen- und Männertrakt im Krankenhaus vorstelle, sehe ich keine Freiheit der Bewegung im öffentlichen Raum. Oder wie werden deutsche Gerichte entscheiden, wenn muslimische Männer sich in ihrer religiösen Ehre gekränkt fühlen, wenn ihnen deutsche Frauen ins Gesicht schauen?
Bei dem Versuch, dem Islam in Deutschland die »Religionsfreiheit« zu gewähren, wird der zweite Schritt vor dem ersten gemacht: Erst muss sich dieser Islam aufmachen zu dem langen und schmerzhaften Prozess der Aufklärung, der Ausrichtung auf das Diesseits und das individuelle Leben. Dann muss er sich vom Diktat des Koran und der Scharia befreien. Ich bin zugegebenermaßen skeptisch, inwieweit das in absehbarer Zeit gelingen kann. Zum einen liegt zwischen der Kirche der Inquisition und der Befreiungstheologie Südamerikas nicht zufällig ein halbes Jahrtausend. Ein halbes Jahrtausend, welches der Islam nachzuholen hätte. Zum anderen können die Vertreter des politischen Islam nach wie vor auf Verbündete im Multi-Kulti-Umfeld hoffen.
Unter der Flagge »Schutz für Minderheiten« finden sie Helfer wie den grünen Bundestagsabgeordneten Volker Beck, der den Bau von Moscheen mit Religionsfreiheit gleichsetzt und den Kampf für die Rechte der Muslime betreibt wie seinen Einsatz für die Gleichberechtigung von Lesben und Schwulen. Er verkennt dabei, dass es der Lesben- und Schwulenbewegung um gleiche individuelle Rechte geht, den Muslimen aber um vor dem deutschen Gesetz geschützte Parallelräume, in denen diese Rechte für ihre Mitglieder, insbesondere die Frauen, aufgehoben sind. Lippenbekenntnisse wie die »Islamische Charta« sind diesen Unterstützern sehr willkommen, bewahren sie sie doch davor, von Islamvertretern ein grundsätzliches Hinterfragen ihrer frauen- und damit menschenfeindlichen Gebote und die Anerkennung individueller Menschenrechte zu verlangen.
»Es besteht kein Widerspruch zwischen der islamischen Lehre und dem Kernbestand der Menschenrechte.« Das klingt gut. Nur, was ist dann mit Scharia und Koran, dem Kernbestand des Islam? Und was ist der Kernbestand der Menschenrechte? Welche Menschenrechte gehören nicht dazu? Diese Fragen sollten deutsche Politiker den Islamvertretern stellen – bevor sie sich mit ihnen an einen Tisch setzen.
Man sollte in diesem Zusammenhang auch nicht vergessen, dass sich mindestens die Hälfte der in Deutschland lebenden Muslime selbst nicht als gläubig bezeichnet. Und dass auch unter den Muslimen viele mitreden über Islam und Religion, ohne tiefere Kenntnisse über ihre Religion und Geschichte zu haben – übrigens kein Privileg von Menschen mit anderem kulturellen Hintergrund, auch an deutschen Stammtischen hat jeder das Recht, alles zu sagen, ohne sich erst um Hintergrundwissen zu bemühen. So ist manches von Deutschen formulierte Argument gegen einen Moscheebau durchaus plump fremdenfeindlich: »Die gehören hier nicht hin.«
Sie »gehören« nicht nur hierhin, sie sollten auch die Chance bekommen, in der deutschen Gesellschaft anzukommen. Dem steht eine Befreiung vom Unterricht, egal welchen Faches, »aus religiösen Gründen« entgegen. Und auch ein nach Konfessionen getrennter Religionsunterricht kann nicht integrieren. Nur das gemeinsame Lernen einer Ethik auf der Basis der
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