Ich habe abgeschworen
sprächen für »alle Muslime weltweit«. Ich fand kein Gehör. Ich versuchte zu provozieren: »Die Darstellung von Mohammed mit einem Turban, der eine Bombe ist, scheint mir eher treffend für einen Mann, der kriegerisch, gewaltsam und frauenfeindlich war.« »Das möchten wir lieber nicht schreiben, man muss vorsichtig sein und die erhitzten Gemüter besänftigen. Das könnte als zusätzliche Beleidigung aufgefasst werden, unsere Verantwortung ist es, kein Öl ins Feuer zu gießen.« So oder ähnlich antwortete man mir. Merke: Der Mob muss nur laut genug sein, dann finden seine Argumente Gehör.
Ich erinnere mich an die Demonstrationen nach dem 11. September 2001. Auch in Köln gingen viele Menschen auf die Straße und riefen: »Wir sind Moslems, aber keine Terroristen!« Und sie riefen: »Nicht alle Moslems sind Terroristen!« Diesem Ruf habe ich aus vollem Herzen zugestimmt. Aber dieser Ruf reichte mir nicht. Denn es war ja trotzdem kein Zufall, dass die Anschläge des 11. September im Namen Allahs begangen wurden – dahinter stand der politische Islam, der die Macht an sich reißen und die Ungläubigen töten will. Deshalb hielt ich eine Rede auf einer Demonstration, in der ich sagte: »Nicht alle Moslems sind Terroristen, aber es ist kein Zufall, dass diese Terroristen alle Moslems sind. Das müssen wir sehen! Der politische Islam ist terroristisch. Das fängt im Alltag islamischer Staaten an, wenn Frauen im Iran verhaftet werden, sobald Haar unter ihrem Kopftuch hervorguckt, und wenn Frauen in Saudi-Arabien kein Auto fahren dürfen. Harmlos? Nein, es ist eine Beschneidung der elementaren Menschenrechte, an deren anderem Ende der Tod Tausender durch Selbstmordattentäter steht.« Ich muss sagen, dass diese Rede auch unter vielen der muslimischen Demonstranten kein Gehör fand. Sie wollten sich nur von einer Tat abgrenzen und nicht hinterfragen, ob die Ursache für diese Tat auch in ihrer Religion angelegt war.
Viele deutsche Politiker und Intellektuelle folgten diesem Denken, sie wollten auch nicht genau hinschauen, ob der Islam etwas mit Unterdrückung und Terror zu tun hat, der Islam, dem sie auch in Deutschland mehr Raum geben wollten. Hingegen hörte man auch unter Muslimen in Deutschland häufig die beliebte Verschwörungstheorie von der Täterschaft des Mossad: Am 11. September 2001 seien mehrere Tausend jüdische Angestellte nicht an ihrem Arbeitsplatz im World Trade Center erschienen, wie könne das sein, wenn nicht Israel hinter den Anschlägen stehe? In arabischen Staaten war diese Theorie sogar Teil offizieller Berichterstattung in Zeitungen und Fernsehen. Die Muslime der Welt als Opfer einer gigantischen Verschwörung der USA und Israels ist ein immer wiederkehrender Mythos. Tatsächlich fand diese Version des 11. September in der arabischen Welt mehr Anhänger als die Wirklichkeit. Die Attentäter seien auf perfide Weise vom Mossad in die Taten verstrickt worden und in Wahrheit Opfer einer Entführung. Auch Verwandte der Täter behaupten dies teilweise bis heute, so der Vater von Mohammed Atta, nach dessen Aussage (im Spiegel vom 1. Oktober 2001) sein Sohn viel zu friedlich für eine solche Tat gewesen sei – der Mossad dagegen wäre als Einziger dazu in der Lage. Diese Verschwörungstheorie ist eine von vielen, in denen die Muslime Opfer sind – wie bei den Beleidigungen durch die Karikaturen dänischer Zeichner. Opfer aber sind von jeder Verantwortung freizusprechen. In dieser Argumentation blieben leider auch viele Muslime, die in Deutschland nach den Anschlägen von New York und Washington auf die Straße gingen, stecken. Mehr noch: Wenn nach einem Zusammenhang zwischen dem politischen Islam und den Anschlägen gefragt wurde, sahen sie sich zu Unrecht verdächtigt, anstatt zu überlegen, welche Ideen eines politischen Islam vielleicht Nährboden solcher Taten sein könnten.
(Als Anmerkung sei mir an dieser Stelle erlaubt, dass die USA es Verschwörungstheoretikern natürlich leicht machen, wenn sie bewusst falsches Beweismaterial zur Initiierung des Irakkriegs einsetzen. Und man denke nur an den tränenreichen Auftritt der vermeintlichen Augenzeugin vor dem ersten Irakkrieg während eines sorgfältig inszenierten Erscheinens vor dem US-Kongress 1990. Diese war angeblich aus dem Irak geflohen und hatte gesehen, wie dort neugeborene Babys aus Brutkästen gerissen und ermordet wurden. Die junge Frau war in Wirklichkeit Tochter des kuwaitischen Botschafters und noch nie im Irak gewesen. Aber
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