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Ich habe abgeschworen

Ich habe abgeschworen

Titel: Ich habe abgeschworen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Ahadi , Sina Vogt
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Möglichkeit, die Gesetzmäßigkeiten des Universums naturwissenschaftlich zu erklären, das weckte meine Neugier. Außerdem nahm mich mein Onkel oft mit ins Kino. Ich kann mich nicht mehr an Einzelheiten der Filme erinnern, aber es waren iranische und ausländische, unterhaltsame und kritische, und ich habe sie in mich aufgesogen. Im dunklen Kinosaal saßen damals Frauen und Männer zusammen, selbst zaghaftes Händchenhalten zwischen Mädchen und Jungen, so erzählte mir mein großer Bruder später, war damals möglich.
    In den drei Sommermonaten in Teheran haben wir Mädchen, meine ältere Schwester und ich, keinen Tschador getragen. Ich fühlte mich dort viel freier in meinen Bewegungen. Wir sind Eis essen gegangen mit meinem Großvater und durch die Straßen geschlendert, einfach so, ohne Ziel und Zweck. Viele Frauen in Teheran saßen in Cafés und rauchten, sie hatten kurze Röcke und ärmellose Blusen mit Ausschnitt an. Mein Großvater sagte gerne: »Männer und Frauen sind gleich. Es ist falsch, was die Religion sagt.« Er kritisierte Mohammed, der eine Neun- oder Zehnjährige zur Frau genommen habe, also ein Kind. Meine Mutter schimpfte daraufhin mit ihm, er solle dies nicht vor uns Kindern diskutieren. Doch er meinte, wir sollten das hören, denn sonst käme Gott und mische sich in die Leben der Menschen, das werde er nicht zulassen. Meine Mutter verteidigte nicht Mohammed, sondern stritt mit ihrem Vater über dessen Tonfall uns Kindern gegenüber. Was es mit Mohammed, von dem ich natürlich wusste, dass er der letzte Prophet Allahs gewesen war, und dieser Mädchen-Ehefrau, die jünger war als ich, auf sich hatte, fragte ich meinen Großvater einmal, als er mit mir alleine in seinem Wohnzimmer saß.
    Mohammed, der Mensch
    Mein Großvater erzählte mir, dass Mohammed im siebten Jahrhundert gelebt hatte und ein Eroberer gewesen sei. »Er hatte Offenbarungen, wie sie ihm gerade passten. Einmal verliebte er sich in die Frau seines Adoptivsohnes Zaid. Da erschien ihm Allah und machte die Sünde nicht nur legitim, sondern von Gott befohlen. So gibt es nun diese schöne Sure im Koran, Sure 33, Vers 37 und 38: ›Es ziemt den gläubigen Männern und Frauen nicht, wenn Allah und sein Gesandter irgendeine Sache beschlossen haben, sich die Freiheit herauszunehmen, anders zu wählen, denn wer Allah und seinem Gesandten ungehorsam ist, der befindet sich in offenbarem Irrtum. Als du zu jenem, dem Allah und dem du Gnade erzeigt hattest, sagtest: ›Behalte dein Weib (Seineb) und fürchte Allah‹, suchtest du deine Liebe im Herzen zu verheimlichen, welche doch Allah veröffentlicht haben wollte, und du fürchtetest die Menschen da, wo es billiger gewesen wäre, Allah zu fürchten. Da sich endlich Zaid hinsichtlich ihrer (zur Scheidung) entschlossen hatte, da gaben wir sie dir zur Frau, damit für die Gläubigen kein Vergehen mehr darin bestehe, wenn sie die Frauen ihrer angenommenen Söhne heiraten; denn was Allah befiehlt, das muss geschehen.‹ Praktisch, nicht wahr?!«, meinte mein Großvater.
    Mohammed wurde 571 in Mekka geboren, er gehörte zum Stamm der Haschemiten. Gegen 595 bot ihm seine damalige Arbeitgeberin, die 15 Jahre ältere zweifache Kaufmannswitwe Chadidscha bint Chuwailid (555 – 619) aus dem angesehenen quraischitischen Geschlecht Abd al-Uzza, die Heirat an. Mit ihrer Hilfe erlangte Mohammed finanzielle Unabhängigkeit und soziale Sicherheit, eine Wende in seinem Leben.
    616 bis 622 wuchs eine kleine Schar von Anhängern um den selbst ernannten Propheten, dem angeblich einige Jahre vorher der Erzengel Gabriel erschienen war und ihm die erste Offenbarung Gottes brachte. Diese »Offenbarungen« ereilten ihn fortan immer wieder, nach seinem Tod schrieben Anhänger sie auf – der Koran entstand. In Mekka war der Prophet nicht mehr wohlgelitten, die Stadtherren sahen ihre Macht bedroht. Er ging nach Medina und begann seine Feldzüge. Im Jahr 624 besiegte er die Mekkaner. Seine Rache war göttlich, wie es in Sure 59, Vers 4 bis 6, heißt: »Und wenn auch Allah die Verbannung nicht über sie niedergeschrieben und verhängt hätte, so hätte er sie doch auf eine andere Weise in dieser Welt gestraft, und in jener Welt ist ihnen außerdem die Strafe des Höllenfeuers bereitet. Dies traf sie, weil sie sich Allah und seinem Gesandten widersetzten, denn wer sich Allah wiedersetzt, gegen den ist Allah streng im Bestrafen. Was ihr auch an Palmen fälltet oder auf seinen Wurzeln stehen ließt – so oder so -, es

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