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Ich habe den Todesengel überlebt - Mozes Kor, E: Ich habe den Todesengel überlebt

Ich habe den Todesengel überlebt - Mozes Kor, E: Ich habe den Todesengel überlebt

Titel: Ich habe den Todesengel überlebt - Mozes Kor, E: Ich habe den Todesengel überlebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva;Buccieri Mozes Kor
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Für uns waren einhundert Personen, die Zahl unser Dorfmitbewohner, eine Menschenmenge. Siebentausend Personen – allesamt Juden! – waren mehr, als wir in unserem gesamten Leben je auf einmal erlebt hatten.
    Später erfuhren wir, dass Reinhard Heydrich, der Leiter des NS-Reichssicherheitshauptamts (der zentralen Sicherheitsbehörde Hitlers) einen offiziellen Erlass erteilt hatte: Alle Juden in den von Nationalsozialisten besetzten Gebieten sollten an eigens für sie ausgewiesene Orte umgesiedelt werden; diese Gettos, von Zäunen, Mauern oder Stacheldraht eingegrenzte Flächen, wurden in den heruntergekommensten Stadtbezirken beziehungsweise den ärmsten ländlichen Gegenden eingerichtet. Den Juden war es unter Androhung der Todesstrafe untersagt, sie ohne eine Sondererlaubnis zu verlassen.
    Unser Getto lag auf einem Feld und war von einem Stacheldrahtzaun umgeben, der aussah, als hätte man ihn sehr schnell hochgezogen. Mitten durch das Feld lief der Fluss Berettyó. Das einzige Gebäude war eine stillgelegte Ziegelei, die der Kommandant, der oberste Sicherheitsoffizier, als sein Stabsquartier mit Beschlag belegt hatte. Es gab keine Zelte, Hütten oder andere Unterkünfte, in denen wir Juden ein Dach über dem Kopf hatten oder schlafen konnten. Der Kommandant sagte, wir würden bald zum Arbeiten in ungarische Arbeitslager gebracht und dort bis zum Kriegsende bleiben. »Euch wird nichts passieren«, versprach er.
    Miriam und ich halfen Papa und unseren älteren Schwestern, auf dem feuchten Boden ein Zelt aus den Laken und Decken zu bauen, die wir mitgebracht hatten. Schnaufend mühten wir uns ab, während der Gettokommandant, die Hände in die Hüften gestemmt, auf und ab marschierte und lautstark rief: »Ist es nicht schön, dass ich die Kinder Israels in Zelten wohnen sehe wie zu Moses’ Zeiten?« Er brüllte vor Lachen, als hätte er sich selbst den lustigsten Witz aller Zeiten erzählt.
    Unsere ganze Familie wohnte in einem einzigen Zelt. Jedes Mal, wenn der Himmel sich verdunkelte und es zu regnen begann, bellte der Kommandant durch einen Lautsprecher: »Baut die Zelte ab! Ich möchte sie jetzt auf der anderen Seite aufgestellt haben.« Es gab keinen anderen Grund dafür als schiere Grausamkeit. Bis wir schließlich unsere Zelte abgebaut, die Brücke über den Fluss überquert und unsere Unterkünfte neu aufgeschlagen hatten, waren wir völlig durchnässt.
    Mama war durch ihre Krankheit noch immer sehr geschwächt, und der Aufenthalt im Freien, in Regen und Kälte, verschlimmerte ihren Zustand unweigerlich. Miriam und ich schliefen nachts eng beieinander, unsere kleinen Körper spendeten sich gegenseitig Wärme und Trost.
    Während unseres Aufenthalts im Getto wurde jedes Familienoberhaupt zur Vernehmung ins Stabsquartier gebracht. Eines Tages kamen deutsche Wachleute und holten auch Papa zum Verhör ab. Sie glaubten, meine Eltern hätten Gold und Silber versteckt oder verwahrten geheim gehaltene Wertgegenstände auf dem Hof; sie wollten den genauen Ort wissen. Aber Papa war ein Landwirt, und sein Land und die Ernteerträge waren seine einzigen Reichtümer. Er sagte den Wachen, er besitze kein Silber außer unserem Shabbat- (oder Schabbat-)Leuchter. Vier oder fünf Stunden später transportierten sie ihn auf einer Trage zu unserem Zelt zurück. Er war mit Peitschenstriemen bedeckt, aus denen er blutete. Sie hatten seine Fingernägel und Zehennägel mit Kerzenflammen verbrannt. Es dauerte viele Tage, bis er sich erholte.
    Miriam und ich fühlten uns hilflos. Wir waren noch Kinder und erwarteten von unseren Eltern, dass sie auf uns aufpassten. Doch sie konnten nichts tun, um uns die Dinge leichter zu machen. Und wir konnten nichts für Papa tun.
    Unsere große Schwester Edit übernahm das Kochen. Man hatte uns vor unserer Ankunft gesagt, wir sollten Verpflegung für zwei Wochen mitbringen, aber Mama ließ uns Mädchen alles mitnehmen, was wir tragen konnten – Bohnen, Brot und Nudeln. Im Lauf der Wochen rationierten wir unsere Lebensmittel und aßen nur einmal am Tag Bohnen. Manchmal kamen nichtjüdische Menschen an die Grenzen des Gettos und warfen Lebensmittel und andere Vorräte hinein, aber ich kann mich nicht erinnern, ob wir jemals von diesen Dingen zu essen bekamen.
    Mama hatte zu guter Letzt begriffen, wie schlecht es tatsächlich um unsere Familie stand. Miriam und ich klagten ständig, weil wir auf dem feuchten Boden schlafen mussten und ein nagender Schmerz in unseren Bäuchen rumorte, aber Mama

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