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Ich habe einen Namen: Roman

Ich habe einen Namen: Roman

Titel: Ich habe einen Namen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Hill
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sagte
er, »Sie sagten, Sie wären hungrig …«
    Ich war in meinen
Kleidern eingeschlafen und kam mir ein wenig komisch vor, so vom Bett
aufzustehen und mir die Falten aus den Kleidern zu streichen.
    »Würden Sie lieber
allein essen?«
    »Wenn Sie die Zeit
haben, können Sie sich zu mir setzen. Ich habe noch nie gern allein gegessen.«
    Er lächelte. »Wie
zivilisiert, und ich nehme gerne an.« Er setzte sich mir gegenüber. »Mr Lindo
ist aufgebrochen, während wir das Essen für Sie zubereitet haben«, sagte er.
»Was für Geschäfte macht er?«
    »Er ist im
Indigo-Handel«, erklärte ich ihm.
    »Er sagte, Sie beide
gehen heute Abend in ein Konzert und ich soll Sie erinnern, um sieben Uhr
fertig zu sein.«
    Ich wandte mich dem
Essen zu. Sam Fraunces hatte eine Bohnensuppe gekocht, die so gepfeffert war,
dass sie mich an zu Hause erinnerte. Dazu gab es mit Honig und Kokosmilch
gesüßtes Maisbrot und frische Krabbenfrikadellen. Er sagte, für eine gute
Krabbenfrikadelle dürfe man nur etwas Paniermehl, Butter und Sahne unter das
Fleisch mischen. Es sei sehr zart, und so müsse man es auch behandeln.
    »Krabben darf man nicht
zu stark würzen«, sagte er. »Das Fleisch soll einem langsam auf der Zunge
zergehen.«
    Ich war völlig
ausgehungert. Zwischendurch stellte ich ihm Fragen. Sam Fraunces war in Jamaika
geboren und aufgewachsen. Sein Vater war Sklavenbesitzer und seine Mutter eine
Sklavin, der der Vater die Freiheit geschenkt hatte. Sam war mit fünfzehn von
zu Hause weggegangen, mit genug Geld in der Tasche, um nach New York zu fahren
und sich eine Existenz aufzubauen. Er hatte gut auf sein Geld aufgepasst und
zwei Jahre lang Restaurants geführt, bis er das Geschäft genau kannte und die
Verbindungen zu den nötigen Lieferanten hatte. Dann hatte er ein Darlehen
beantragt, um das Haus hier kaufen zu können, und darin ein Restaurant
eröffnet, das er The Queen Charlotte nannte.
    »Die schwarze Königin«,
sagte ich.
    »Manche sagen das,
andere stellen es infrage«, sagte er. »Und hier in der Gegend ist es den Leuten
egal. Die Engländer, allesamt, einschließlich König und Königin, sind in New
York nicht unbedingt beliebt.«
    Da Sam bald schon nicht
mehr wollte, dass der Name seines Gasthauses ans englische Königshaus
erinnerte, hatte er es in The Fraunces Tavern umbenannt.
    »Das ist besser fürs
Geschäft«, sagte er. »So können die Tories hier genauso gut essen und sich
wohlfühlen wie die Amerikaner. Mein Gott, Sie haben die Frikadellen alle
weggeputzt. Ich fasse das als Kompliment auf und möchte gerne mit einem eigenen
darauf antworten: Sie sind eine sehr gut aussehende Frau.«
    Ich legte meine Gabel
zur Seite. »Ich weiß das Essen und Ihre Gesellschaft zu würdigen«, sagte ich,
»und ich möchte nicht unhöflich erscheinen, aber …«
    Er hob die Hand.
»Lassen Sie mich Ihnen möglicherweise unannehmliche Ausführungen ersparen«,
sagte er und setzte sich etwas aufrechter. »Ein Appetit folgt nicht automatisch
auf den anderen.«
    »Ich bin sicher, ein
Mann in Ihrer Position hat viele Möglichkeiten«, sagte ich.
    Er grinste und
widersprach nicht. Ich dachte, nun würde er sicher gleich gehen, aber er legte
die Hände aufeinander, sah mich ruhig an und sagte: »Die Monde auf Ihren Wangen
lassen mich annehmen, dass Ihre Reise lange vor Charles Town begonnen hat. Ich
vermag nicht jedem zu helfen, der durch meine Tür kommt, aber für Sie werde ich
tun, was ich kann.«
    »Ist es möglich, in New
York zu fliehen?«, fragte ich.
    »Die meisten
verschwinden in Canvas Town«, sagte er, »aber manchmal schicken die Weißen
Überfallkommandos und nehmen mit, wen immer sie in die Hände bekommen, ihre
eigenen entlaufenen Sklaven, aber auch freie Neger.«
    Da ich in Sam ganz
offenbar eine mir wohlgesonnene Informationsquelle gefunden hatte, stellte ich
all meine Fragen.
    Ja, sagte Sam, ich
würde in New York wahrscheinlich eine Möglichkeit finden, mir meinen
Lebensunterhalt zu verdienen. Vielleicht hätte er selbst Arbeit für mich.
    »Was ist mit einem
Schiff nach Afrika?«, fragte ich.
    »Unmöglich«, sagte Sam.
    »Sind Sie sicher?«
    »Schon davon zu
träumen, ist Wahnsinn.«
    »Warum?«
    »Von New York aus gibt
es keine direkte Verbindung nach Afrika. Die Schiffe fahren erst nach England,
laden Zucker, Rum, Tabak und den Indigo aus, den Ihr Mr Lindo so mag, und
segeln dann von dort weiter nach Afrika.«
    »Es ist also möglich,
von hier nach Afrika zu kommen«, sagte ich.
    »Für einen

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