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Ich habe einen Namen: Roman

Ich habe einen Namen: Roman

Titel: Ich habe einen Namen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Hill
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schaffen, und so wurden
drei weitere Inspektorenmannschaften gebildet. Ich arbeitete von Sonnenaufgang
bis Sonnenuntergang, und die Zeit verflog nur so. Es gefiel mir, die Namen in
das Buch der Neger zu schreiben und festzuhalten, wie die Menschen ihre Freiheit erlangt
hatten, wie alt sie waren und woher sie stammten, aus Süd-Carolina, Georgia und
Virginia, aus Madagaskar, Angola und Bonny. Ich wollte mehr über sie
niederschreiben, aber auf die Bögen passte kaum etwas, und Colonel Baker
drängte mich durch die Spalten. Besonders ungeduldig war er, wenn es um die
Beschreibungen ging, und er wollte kurze Ausdrücke wie: stabiles Frauenzimmer, stämmiger Bursche, pockennarbig, angenehmer
Kerl, gewöhnlicher Mann, verbraucht, einäugig, munteres Weib, unheilbar lahm,
kleiner Kerl, begabter Junge oder schönes Kind . Mir waren diese Begriffe nicht wichtig, aber es gefiel mir, wie die
Leute der Bewegung meiner Hand folgten, wenn ich ihre Namen niederschrieb, und
wie sie mich die Worte am Ende noch einmal vorlesen ließen. Der Gedanke
faszinierte mich, dass nach fünfzig Jahren vielleicht jemand einen Vorfahren im Buch der Neger fand und sagte: »Das war meine Großmutter.«
    Im Juni wurde ich nach
Canvas Town geschickt, um den Negern dort zu sagen, dass weitere siebzehn
Schiffe für sie im nördlichen Hudson vor Anker gehen würden.
    Auf der Free Briton prüften und registrierten wir am 13. Juni vierunddreißig Leute, die allesamt
Vetragsknechte waren. Eine junge Frau schien entsetzt, dass sie mit dem Mann
fahren sollte, dem sie durch ihren Vertrag ausgeliefert war, aber ich konnte
nichts tun, als die Worte aufzuschreiben, die Colonel Baker mir diktierte.
    Sarah Johnson, 22, gedrungenes Weibsbild,
Mulattin. Unter Vertrag bei Donald Ross. Ehedem Sklavin von Burgess Smith,
Lancaster County, hat ihn mit ihrem Mann, dem obigen Thomas Johnson, verlassen . Donald Ross hatte fünf Vertragsknechte
mit aufs Schiff gebracht.
    Als wir die Free Briton verließen, fragte ich den Colonel: »Ist Vertragsknecht nicht nur ein anderes Wort für Sklave?«
    »Nein«, sagte er,
»einen Vertrag geht man aus freiem Willen ein, für eine bestimmte Zeit, gegen
Geld, Unterkunft und Essen.«
    Nach einer solch langen
Reise in Richtung Freiheit konnte ich mir nicht vorstellen, so etwas freiwillig
zu tun.
    Im Juli segelten
weitere fünfzig Schiffe aus dem New Yorker Hafen, mit mehr als achthundert
Männern, Frauen und Kindern. Auf einem Schiff mit dem Ziel St. John blickte ich
von meinem Bogen auf, um die nächste Person in der Reihe zu befragen, und fand
mich Rosetta und ihrer Tochter gegenüber. Ich wusste, dass sie am Ende als
Köchin in der englischen Kaserne gearbeitet hatte, wollte schon aufspringen und
die beiden umarmen, hatte aber Angst, der Colonel oder einer der Inspektoren
könnte Schwierigkeiten machen, weil sie dachten, ich würde einer Freundin
helfen. Ich sah ihr schnell in die Augen, und sie schüttelte kaum merklich den
Kopf. Auch sie wollte nicht auffallen. Also räusperte ich mich und tat meine
Arbeit. Ich besah mir die Bestätigung, die sie in der Hand hielt, fragte sie
nach Namen und Alter und beugte mich über meinen Bogen.
    »Schnell doch, Miss
Diallo«, trieb Baker mich an. »Wenn sie frei ist, schreiben Sie nur, dass sie
selbstständig reist.«
    Rosetta Walcott, 35, stabiles Weib, reist
selbstständig. Sagt, sie ist vor sechs Jahren hinter die britischen Linien
gekommen. GBB .
    Adriana Walcott, 8, Tochter von Rosetta. Schönes
Mädchen.
    Von dem Punkt an
jubelte ich innerlich, wenn ich eine junge Frau registrierte, die so jung
hinter die britischen Linien gekommen war und jetzt allein mit einem Kind
reiste. Floh auch sie von der Heiligen Erde?, fragte ich mich.
    Wir inspizierten auch
Neger auf Schiffen nach Quebec, Deutschland und England. Erst beneidete ich die
Leute, die nach England fuhren, gab es von dort doch Schiffe nach Afrika. Aber
wie sich herausstellte, gehörten sie alle britischen oder hessischen
Offizieren, die aus dem Krieg nach Hause zurückkehrten. Einige dieser Neger
gehörten ihren Offizieren schon seit Jahren, andere waren von Plantagen
gestohlen und von den Engländern gleich wieder versklavt worden. Bald schon
wandelte sich mein Neid zu Mitleid.
    David, 10, begabter Junge. Deutschland ist das
Heimatland des Antragstellers, M. General Kospoth. Der Junge geht mit dem
General, der ihn aus Philadelphia hat. Der Junge kann nicht sagen, bei wem er
vorher gelebt hat.
    Der Colonel zwang mich,
es so zu

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