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Ich habe einen Namen: Roman

Ich habe einen Namen: Roman

Titel: Ich habe einen Namen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Hill
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deine
Hütte auf«, sagte Claybourne, »für den Fall, dass du die Weiß’n sattkriegs’.«
    »Das sagt er so nett«,
sagte Bertilda, »aber kaum biss du weg, nimmt er all dein Holz. Wie der Wind.«
    »Ich nehm nichts«,
sagte Claybourne, »weil ich ihr die Hütte gebaut hab. Ich hab sie gebaut, noch
bevor du zu mir gezog’n biss.«
    »’n Mund wie’ne
Zugbrücke, aber lieb iss mein’ Mann«, sagte Bertilda und nahm seine Hand.
    Ich gab ihnen die
Hälfte der Dinge aus dem Sack und behielt den Rest für Rosetta.
    Claybourne nahm das
Brot und wog es in der Hand. »Meine Frau hat ihr eigenes Brot im Ofen.«
    Bertilda schlug ihm auf
den Arm. »Schschsch!«, lachte sie. »Das solltes’ du noch nich erzähl’n.«
    Ich machte große Augen
und lächelte Bertilda an. Man sah noch nichts.
    »’n Brot im Ofen«,
sagte Claybourne, »und zwar’n richtig gutes.«
    Später am Abend, ich
war gerade dabei, meine letzten Besitztümer zusammenzupacken, klopften zwei
Canvas-Town-Männer an meine Tür.
    »Meena«, sagte der eine
von ihnen. »Wir haben hier einen Mann.«
    »Einen Mann?«
    »Er sagt, er will zu
dir.«
    Mir krampfte sich das
Innere zusammen. Sie hatten mich gefunden. Ich stellte mir vor, wie sie in
meine Hütte kamen und mich fesselten. Ich musste nach draußen. Draußen, das
wusste ich, konnte ich wegrennen. Ich trat in die kalte Nachtluft.
    »Meena, kennst du
diesen Mann?«, fragte eine der Wachen.
    Es war eine dunkle,
mondlose Nacht. Ich trat näher. Ein Schwarzer. Schlank. Nur wenig größer als
ich. Eine der Wachen riss ein Streichholz an und entzündete eine Laterne.
    »Aminata Diallo!«,
sagte der Mann.
    Völlig überwältigt warf
ich meinem Mann die Arme um den Hals und lächelte über seine Schultern den
Wachen zu. »Ja, ich kenne diesen Mann, und zwar auf jede Art und Weise.« Ich
nahm Chekuras Hände, fühlte die Lücke, wo ein Stück Finger fehlte, und dass er
an der anderen Hand noch zwei weitere verloren hatte.
    »Du darfst nicht mehr
weggehen«, sagte ich. »Bleib bei mir und pass auf deine Finger auf.«
    »Ich habe immer noch
genug, um dich zu halten.«
    »Neun Jahre habe ich
auf dich gewartet«, sagte ich.
    »Besser als dreizehn«,
sagte er und grinste. »Wie ich höre, bist du zu Beginn des Krieges
hergekommen.«
    »Das stimmt, und wo
warst du?«
    »In den
Küstenniederungen Carolinas, wie gewohnt. In ganz Georgia und dann wieder
zurück auf Lady’s Island. Als die Engländer Charles Town eingenommen hatten,
haben sie mich zu einem ihrer Führer gemacht, über die Flüsse. Flussauf und
flussab hab ich sie gebracht, ohne dass sie zusammengeschossen wurden. Ob es
ihnen geholfen hat, weiß ich nicht. Ein paar haben sie trotzdem erwischt, aber
die meisten sind von Fieber und Pocken dahingerafft worden.«
    »Hast du diesmal vor,
länger als eine Nacht zu bleiben?«, fragte ich ihn.
    »Dein Mann ist frei,
Aminata Diallo. Heute Nacht, morgen, übermorgen. Frei, um bei dir zu bleiben.«
    »Weit ist es nicht mehr
bis zur richtigen Freiheit, aber wir haben sie noch nicht erreicht«, sagte ich.
»Nicht, bevor wir die dreizehn Kolonien verlassen haben.«
    Es ist nicht einfach,
einen Mann zu lieben, den man neun Jahre nicht gesehen hat. Das letzte Mal war
ich dreißig gewesen. Ich hatte Angst, nicht mehr so schön zu sein. Meine Brüste
waren nicht mehr so fest. Würde ihn mein weicher Bauch vertreiben? Ich fand
Chekura ganz und gar nicht weniger anziehend als früher. Ich hatte nichts gegen
die silbergraue Farbe seiner Schläfen und den glatten, kahlen Kopf. Er war mein
Mann, der ein Stück weiter die Straße des Lebens hinuntergelaufen war. Ich
wollte ihn immer noch alt werden sehen, wollte die Veränderungen von einem Tag
zum anderen miterleben und seine Hände in meinen schützen.
    An diesem Abend schlief
ich im Vertrauen darauf ein, dass ich meinen Mann auch beim Aufwachen noch
neben mir haben würde. Und gleich in der Frühe würde ich einen weiteren Punkt
mit Colonel Baker auszuhandeln haben. Unterkunft und Verpflegung für meinen
Mann und seine Verschiffung nach Neuschottland.
    Beim
Frühstück bekam ich eine Nachricht, die ich in Canvas Town verbreiten sollte.
Vom nächsten Tag an, von acht bis elf Uhr morgens, konnte sich jeder Neger, der
wenigstens ein Jahr lang hinter den britischen Linien verbracht hatte, in
Fraunces Tavern melden. Jeder Mann, jede Frau werde zwei Minuten bekommen, um
sich zu erklären, und wer die Offiziere davon zu überzeugen vermöge, dass er
oder sie von guter Moral sei und

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