Ich habe einen Namen: Roman
Tages jedoch war ich gerade allein beim Setzen, als Mrs
Witherspoon hereinkam.
»Ist Mr McArdle hier?«,
fragte sie.
»Er ist eine Besorgung
machen, Mrs Witherspoon«, sagte ich.
»Woher kennst du meinen
Namen?«
»Sie kommen jede
Woche.«
»Ich habe dich hier
schon mit deinem Baby gesehen, aber ich fürchte, ich weiß nicht, wie ihr
heißt.«
»Die Kleine hier, die
so gern Buchstaben aus dem Winkelhaken nimmt, ist May. Und ich heiße Meena.«
»Ich habe Theo heute
Morgen eine Anzeige gebracht.«
»Ja, für Walöl. Ich
habe sie gerade gesetzt.«
»Ich habe ihm den
falschen Preis genannt. Das Fässchen Öl kostet nicht zwei Pfund und sechs
Schillinge, sondern drei Pfund sechs.«
»Das kann ich
ausbessern«, sagte ich.
»Geht das noch vor dem
Druck?«
»Einen Moment«, sagte
ich, nahm ein paar Stücke aus dem Winkelhaken, ließ May sie anfassen – sie fuhr
so gern mit den Fingern über die gezackten Reihen – und ersetzte sie. »Fertig«,
sagte ich.
»Fertig?«, sagte Mrs
Witherspoon. »Kann ich es sehen?«
»Das ist ziemlich
kompliziert. Die Buchstaben sind alle verkehrt herum und auf einer großen
Platte, und ich muss sehen, dass ich rechtzeitig fertig werde. Aber ich zeige
es Ihnen gerne ein anderes Mal, wenn Sie wollen.«
Sie strahlte mich
geradezu an. »Nein, ist schon gut. Sag Mr McArdle, dass ich hereingesehen habe.
Du bietest einen tollen Anblick, genau wie ein Druckerlehrling, mit deiner
schönen afrikanischen Kleidung und dem gut erzogenen kleinen Racker neben
deinen Beinen.«
»Letztes Jahr war ich
ein Lehrling. Theo betrachtet mich nicht mehr als Lehrling. Montags setze ich
alles alleine.«
»Bitte sag Mr McArdle,
dass ich hier war und bestens bedient worden bin.«
May lief plötzlich von
mir weg, rannte zu Mrs Witherspoon und legte ihr ein umgedrehtes M aus meinem
Setzkasten in die Hand.
»Sie ist Fremden
gegenüber gewöhnlich etwas scheuer«, sagte ich.
»Danke, Liebes«, sagte
Mrs Witherspoon zu May. Sie zwinkerte mir zu und gab mir die Letter zurück.
»Nein«, rief May und
zog mich an der Hand.
Endlich, als ich
nachgab, bog sie mir die Finger auf, nahm mir das M wieder weg und gab es Mrs
Witherspoon.
Mrs Witherspoon blies
May einen Kuss zu und wartete, bis meine Kleine nicht mehr zu ihr hinsah, legte
den Buchstaben auf die Theke und segelte aus der Tür.
Am folgenden Montag kam
Mrs Witherspoon zurück und fragte: »Wie viele Tage in der Woche arbeitest du
für Mr McArdle?«
»Montags und
dienstags«, sagte ich.
»Wie würde es dir
gefallen, von Mittwoch bis Samstag für mich zu arbeiten?«
Mrs Witherspoon und ihr
Mann stellten mich am nächsten Tag schon ein. Ich tat, was immer nötig war,
putzte ihr großes Haus in der Charlotte Street, bügelte, holte Wasser und Holz,
säuberte den Kamin, bereitete das Feuer vor, kaufte ein und machte Besorgungen
in der Stadt. Ich kochte sogar. Sie zahlten mir einen Schilling pro Tag, dafür
arbeitete ich vom Morgengrauen bis zur Dämmerung. Die Arbeit in Mr McArdles
Druckerei gefiel mir besser als die für die Witherspoons, aber die Anstellung
bot gewisse Vorteile. Ich konnte May bei mir behalten und sie das Haus erkunden
lassen, solange sie brav blieb. Die Witherspoons hatten keine Kinder, luden
aber oft Gäste ein und es blieben Reste übrig, die May und ich essen und mit
nach Birchtown nehmen durften. Mrs Witherspoon zeigte mir auch alle möglichen
anderen Dinge, die sie nicht mehr brauchte und wegwerfen wollte, von alten
Stühlen und Tischen bis zu Eimern und Schnüren. Wenn ich keine Verwendung dafür
hatte, dann jemand anderes in Birchtown.
Mein gutes Verhältnis
zu den Witherspoons schaffte mir Neider in Birchtown. Viele Neger hatten sich
für drei Jahre in Leibeigenschaft von Shelburner Loyalisten begeben. Das war
besser als zu verhungern oder zu erfrieren, aber nicht viel. Ein weißer
Loyalist hatte genug Gründe, seinen leibeigenen Neger am Ende von dessen
Leidenszeit an den Rand des Zusammenbruchs zu bringen. Wer nicht länger
nützlich war, krank wurde oder sich verletzte, wurde hinausgeworfen, und sein
Lohn wurde einbehalten.
»Lass dich nicht zu
sehr auf die Weißen ein«, warnte mich Daddy Moses. »Die können reine
Schönwetterfreunde sein.« Ob nun Schönwetterfreunde oder nicht, was mir McArdle
und die Witherspoons zahlten, half mir, mich und meine Tochter am Leben zu
erhalten und oft auch andere zu unterstützen, zum Beispiel Daddy Moses. Ich war
immer noch die Hebamme in Birchtown, aber mich hatte schon
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