Ich habe einen Namen: Roman
Sklavenhandelsposten zu wohnen.
Obwohl ich zehn Jahre
lang unter den Neuschottländern Birchtowns gelebt hatte, fühlte ich mich nicht
länger wirklich zu Hause unter ihnen. Ich versuchte mich der Gemeinschaft der
Temne anzunähern, die von vielen Neuschottländern »Heiden« genannt wurden, denen
es verboten werden sollte, in unsere Siedlung zu kommen, um mit uns Handel zu
treiben. Einige der Neuschottländer schienen darauf aus, all die Verachtung,
die sie in Nordamerika erlitten hatten, nun ihrerseits auf die Afrikaner zu
richten. Ich hörte von John Clarkson, dass zwei Neuschottländer davongelaufen
seien, um für die Sklavenhändler auf Bance Island zu arbeiten. Offenbar hatte
es sie zu sehr angewidert, nach den Regeln und Vorschriften der Sierra Leone
Company leben zu müssen.
In Süd-Carolina war ich
eine Afrikanerin gewesen, in Neuschottland als Loyalistin oder Negerin, oder
beides, betrachtet worden. Und jetzt, endlich zurück in Afrika, galt ich als
Neuschottländerin, und in gewisser Weise sah ich mich auch selbst so. Ganz
sicher fühlte ich mich eher neuschottländisch als afrikanisch, wenn mich die
Frauen der Temne umringten, Korn, Federvieh und Obst auf dem Kopf balancierend.
Sie wussten, dass ich mit Clarkson und den weißen Seeleuten gekommen war, und
so, wie sie meine Hände und Arme befühlten, schienen sie mich für genauso fremd
zu halten wie die Engländer.
Ich versuchte mich
ihnen auf Fulfulde und Bambara verständlich zu machen, aber sie lachten nur und
hatten keine Ahnung, was ich sagen wollte. Ich konnte es kaum abwarten, ihre
Sprache gut genug zu lernen, um ihnen erklären zu können, dass auch ich in
Afrika geboren war. Ich wusste, dass mich die Temne niemals als eine der ihren
betrachten würden, dennoch verspürte ich eine gewisse Verbindung zu ihnen, und
die leichteste und natürlichste Art, dieses Gefühl von Verwandtschaft zu
pflegen, bestand darin, ihre Sprache zu lernen. Jeden Tag lernte ich neue
Temne-Worte auswendig und benutzte sie ständig in meinen Gesprächen. Ich begann
mit den Worten für die Orangen, das Wasser, die Hühner, das Salz, den Reis und
alles sonst, was sie anzubieten hatten, sowie denen für den Rum, die Messer,
Töpfe, Perlen und Stoffe, die sie von uns Neuschottländern dafür wollten.
Ich lernte, bis hundert
zu zählen und wie man jemanden morgens, mittags und abends begrüßte, wie man
fragte: Wie geht es deinen Kindern, deiner Familie
und deiner Hütte? Wie läuft die Arbeit? , und sagte: Alles geht gut. Vielen Dank . Ich musste diese Worte und Sätze
lernen. Es würde unmöglich sein, ins Landesinnere aufzubrechen, ohne mit den
Menschen reden zu können.
Aber während ich
täglich mehr von ihrer Sprache lernte, fragte ich mich auch, wer genau ich
selbst eigentlich war. Was war nach mehr als dreißig Jahren in den Kolonien aus
mir geworden? Was an mir außer meinen Eltern, meinem Mann, meinen Kindern und
den übrigen Menschen, mit denen ich in den Sprachen meiner Kindheit reden
konnte, war noch afrikanisch? Erst wenn ich zurück nach Bayo fand, würde ich
mich wirklich wieder zu Hause fühlen.
Innerhalb
eines Monats hatten wir das Gelände für die Stadt gerodet, Zelte und Hütten für
alle Neuschottländer und ein paar wichtige Gebäude für die Company sowie eine
einfache Kirche errichtet, die unser Gemeinschaftszentrum wurde und die sich
die verschiedenen Glaubensgemeinschaften zunächst teilten. Sonntags benutzten
sie morgens zuerst die Baptisten, mittags kamen die Methodisten und später am
Nachmittag die Huntingdonianer.
Nach zwei Monaten
hatten wir vier Straßen parallel zum Fluss und drei senkrecht dazu geebnet.
Angeführt von Thomas
Peters fragten die Neuschottländer wieder und wieder nach den Landzuteilungen,
damit wir mit der Feldarbeit beginnen konnten. Aber der Landvermesser starb und
fiel wie so viele andere, weiß wie schwarz, dem ungewohnten Klima zum Opfer.
Die Sierra Leone Company nutzte das Unglück dazu, darauf zu bestehen, dass wir
uns zunächst ganz der Befestigung der Stadt und der Errichtung der von der
Company benötigten Strukturen widmeten.
Thomas Peters versuchte
die Neuschottländer vergeblich gegen die Company zusammenzuscharen. Ich bewunderte
ihn für seinen Kampfeswillen. Erst hatten die Engländer die schwarzen
Loyalisten mit falschen Versprechungen in ihre Reihen und nach Neuschottland
gelockt, und jetzt entpuppte sich das, was sie uns hier in Sierra Leone
versprochen hatten, erneut als Lüge. Sie versuchten uns
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