Ich habe einen Namen: Roman
stießen
sie zur Seite und packten den Mann unter Achseln und Knien. Er hing schlaff in
ihren Armen und hatte nicht die Kraft, sich zu widersetzen. Die Frau schrie und
bettelte und versuchte die Hände der Toubabu von ihm zu lösen. Sie achteten
nicht weiter auf sie, trugen den Alten zur Reling und warfen ihn über Bord.
Die Frau war in den Tagen
darauf so traurig, dass niemand neben ihr an Deck stehen oder mit ihr an einem
Essenseimer hocken wollte. Dann erfuhr ich von Sanu, dass sie sich weigerte,
hoch an Deck zu kommen. Zwei weitere Tage später bewegte sie sich nicht mehr.
Sie wurde nach oben geholt und ins Wasser geworfen, genau wie ihr Mann. Niemand
kämpfte für sie oder trat für sie ein. Und niemand wollte über sie sprechen,
als sie nicht mehr da war. Ich fragte Fanta, ob sie denke, die Frau sei schon
tot gewesen, bevor sie über Bord geworfen wurde.
»Schschsch«, sagte sie
und wandte sich von mir ab.
Die Tage
vergingen, und je freier sich die Frauen bewegen durften, desto mehr riskierten
sie. Fanta sagte, ich sei eine Närrin, mich mit dem Medizinmann einzulassen.
Sie sagte, sie würde lieber neben den Eimern schlafen, auf denen sich die
Frauen entleerten, als im Bett eines Toubab. Sie blieb jetzt meist unten, und
weil sie mittlerweile einen so dicken Leib hatte, ließen die Toubabu sie. Aber
ich hatte keine große Wahl, und auch viele der anderen Frauen mussten die
Nächte, oder Teile der Nächte, mit den Anführern der Toubabu verbringen. Der
Medizinmann holte sich alle paar Nächte eine ins Bett. Er hatte drei oder vier
Lieblingsfrauen, und ich musste im Bett bleiben, wenn er eine von ihnen bei sich
hatte. Mir blieb nichts, als mich gegen die Wand zu drücken, mir die Finger in
die Ohren zu stecken, laut zu summen und zu versuchen, das Rütteln und
Schütteln zu ignorieren. Ich wusste, sobald sich sein Körper beruhigte, fiel er
in einen kurzen Schlaf. Die Frau stand dann so vorsichtig aus dem Bett auf wie
nur möglich und stöberte in der Kabine des Medizinmannes herum. Manchmal
steckte sie sich etwas aus einer seiner Kisten in die Falten ihres Tuches. Der
Toubab wachte bald darauf erschreckt auf, sprang aus dem Bett, gab der Frau zu
essen und zu trinken oder ein buntes Stück Tuch und schickte sie weg.
Nachts in seiner Kabine
sahen mich die Frauen nie an oder tauschten auch nur einen Blick mit mir. Ich
begriff, dass ich nicht mit ihnen sprechen sollte. Ich hätte nie jemandem
verraten, dass sie stahlen, was sie konnten. Ständig wurden neue Kisten in die
Kabine des Medizinmannes getragen und auch wieder hinausgebracht. Ich sah
eiserne Feilen in den Falten der Stoffe verschwinden, sah, wie eine Frau mit
seiner Zustimmung eine Orange nahm, wartete, bis er sich wegdrehte, und sich
schnell nach einem Nagel bückte und ihn in die Frucht drückte. Oben an Deck des
Schiffes hörte ich die Frauen reden. Sie sagten, der oberste Häuptling der
Toubabu sei gebaut wie ein Esel und gebe ihnen nie etwas anderes als den
Gestank seines Körpers. Die Frauen sagten, sein Hals, sein Rücken und sogar
seine Zehen seien mit Haaren bedeckt. Fanta grunzte nur, eine von uns werde
noch in seinem Magen enden, direkt unter seinen dicken Haaren.
Nach zehn Tagen auf See
nahmen die Toubabu einigen der Männer die Eisen ab, wenn sie an Deck kamen,
schlossen sie aber wieder zusammen, sobald sie zurück in den Bauch des Schiffes
mussten. Biton forderte mich auf, alle Toubabu-Wörter zu lernen, die ich hörte,
damit ich ihm möglichst viel berichten konnte. Und er sagte ständig, ich solle
Dinge aus der Kabine des Medizinmannes stehlen.
»Wenn Biton dich wie
ein Vater liebte«, sagte Chekura, »würde er nicht versuchen, dich in Gefahr zu
bringen. Sag ihm, du kannst nichts finden.«
Fomba blieb
stumm und angekettet. Ich wusste, dass Biton mir gesagt hatte, ich solle nichts
für ihn erbitten, aber ich ertrug es nicht, die wunde Haut und das Blut auf
seinen Füßen zu sehen. Nicht mal mir gegenüber beklagte er sich. Ich überzeugte
den Medizinmann davon, dass er Fomba trauen, ihn von seiner Kette befreien und
das Essen aus den Kochtöpfen in die Eimer schütten lassen konnte. Ich schaffte
es auch, Fomba einen Lendenschurz zu besorgen, bekam jedoch Angst, als ich
Frauen zu ihm gehen und ihm Dinge zustecken sah, wenn die Toubabu gerade nicht
hinsahen. Halte dich von allem Ärger fern , hörte ich meinen Vater in meiner
Vorstellung sagen, bleibe in Sicherheit .
Ich nahm Essen aus der
Kabine des Medizinmannes mit und gab es Fomba,
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