Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich habe einen Namen: Roman

Ich habe einen Namen: Roman

Titel: Ich habe einen Namen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Hill
Vom Netzwerk:
Vogel kein
Essen«, sagte Fanta. »Nimm es für dich, oder gib es anderen. Gib es mir.«
    »Ich muss den Vogel
füttern, oder er stirbt. Und wenn er stirbt, wird der Medizinmann …«
    »Ich weiß, ich weiß«,
sagte sie.
    Ich schüttete mehrere
Eimer Wasser in den Zuber und sagte Fanta, sie solle sich hineinsetzen. Sie gab
acht, das heiße Metall nicht zu berühren.
    »So warmes Wasser habe
ich seit Bayo nicht mehr gehabt«, sagte sie.
    »Hmm«, erwiderte ich.
    »Machst du das auch?«
    »Manchmal.«
    »Sieht er dir zu?«
    »Ja.«
    »Fasst er dich an?«
    »Er hat es versucht,
aber ich lasse ihn nicht.«
    »Das kannst du?«
    »Er hört auf, wenn ich
ihm in die Augen sehe und die Stimme hebe.«
    »Er ist ein schwacher
Toubab. Und die Schwachen sterben zuerst.«
    Ich traute mich nicht
zu fragen, ob sie mit Letzterem unsere Leute oder die Toubabu meinte?
    Fanta entspannte sich
etwas. Ich verfolgte, wie sie ein paar Wehen durchstand. Dann beendete sie das
Bad, trocknete sich mit einem Tuch ab, das ich ihr gab, und stieg zitternd
zurück ins Bett.
    »Nennst du ihn
irgendwie?«, wollte Fanta wissen.
    »Wen?«
    »Den Medizinmann. Hast
du einen Namen für ihn?«
    »Er heißt Tom .«
    »Nennst du ihn so?«
    »Nein. Ich nenne ihn
nie bei seinem Namen. Ich spreche nur ohne Namen zu ihm.«
    »Gut.«
    Eine Welle Wehen
erfasste Fanta, aber sie hörten schließlich wieder auf, und sie schlief ein.
Der Medizinmann kam in die Kabine, riss die Arme in die Luft und schien
erschrocken.
    »Das Baby«, sagte ich.
»Ich bringe das Baby zur Welt.« Die Worte hatte er mir beigebracht.
    »Nein.«
    Ich stand auf. Sah ihm
in die Augen. Das war die einzige Möglichkeit. Es hatte funktioniert, als ich
seine Hand zurückgestoßen hatte, und ich hoffte, dass er wieder nachgab. »Ich
bringe das Baby zur Welt«, sagte ich noch einmal, und dann mit fester Stimme:
»Geh. Die Mutter schläft.«
    »Wann?«, fragte er.
    »Bald«, sagte ich.
    Er holte eine Orange
aus der Tasche und zog das lange Messer aus der Scheide an seinem Gürtel. Der
Griff war aus einem Stück Elefantenzahn geschnitzt. Er schnitt die Frucht auf,
legte sie zusammen mit dem Messer auf den kleinen Tisch und erklärte mir mit
Gesten, dass Fanta und ich sie essen sollten. Dann drehte er sich um, holte
einen weiteren Stoff aus der Truhe und legte ihn neben Fantas Füße. Er nahm
einen schnellen Schluck aus einer Flasche, steckte sie zurück unter die Sachen
in der Truhe, suchte noch ein paar Dinge zusammen und ging hinaus.
    Ich setzte mich aufs
Bett und wartete. Fanta schnarchte, und ich überlegte, dass ich sie später
damit aufziehen und ihr sagen würde, sie habe wie ein Wildschwein geklungen.
Als sie endlich wach wurde, setzte sie sich abrupt auf und sah sich um, bis sie
sich erinnerte, wo sie war. Sie stöhnte und ließ sich zurücksinken. Ihr Atem
wurde schneller, und ich rieb ihr den Rücken.
    »Du musst etwas
wissen«, sagte sie.
    »Niemand wird hier
gegessen, hör endlich damit auf«, sagte ich.
    »In ein oder zwei
Regenzeiten wärst du die nächste Frau meines Mannes geworden«, sagte Fanta.
    Mir fiel das Kinn
herunter, und ich riss meine Hand von ihr zurück. »Das ist eine Lüge.«
    »Deshalb habe ich dich
nie gemocht«, sagte Fanta. »Du warst so jung, noch nicht mal halb eine Frau,
und ich wusste, dass du eines Tages die Lieblingsfrau meines Mannes sein
würdest.« Auf ihrer Stirn bildeten sich Schweißperlen, doch ich wischte sie
nicht weg. »Ich hätte deine Mutter nicht mit hereingelassen«, fuhr Fanta fort,
»und wenn wir dann allein gewesen wären, hätte ich dich verdroschen. Ich hätte
dich dafür zahlen lassen.«
    »Ich glaube dir nicht«,
sagte ich. »Mein Vater und meine Mutter hätten das niemals gewollt.«
    »Nein? Was, denkst du,
hat ein Schmuckmacher dem Häuptling abzuschlagen? Ist es da nicht besser,Ja zu
sagen und gute Bedingungen auszuhandeln?«
    »Ich glaube dir nicht.«
    »Willst du nicht
wissen, wie viel er für dich bezahlt hat?«
    »Nein.«
    »Eines Tages wirst du
die Menschen hassen, genau wie ich. Dann trägst du nicht mehr diesen kindlichen
Ausdruck auf dem Gesicht, der alle dazu bringt, dich zu lieben und stolz in die
Hände zu klatschen, weil eine Göre wie du schon Kinder auf die Welt zu bringen
versteht. Weißt du was, Aminata? Jede Frau kann ein Baby bekommen, und jeder
Idiot kann ihr dabei helfen.«
    Ich war so wütend, dass
ich nicht wusste, was ich sagen sollte. Ich wollte ihr das Messer in die Brust
stoßen. Ich wollte ihr die Haare

Weitere Kostenlose Bücher