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Ich habe einen Namen: Roman

Ich habe einen Namen: Roman

Titel: Ich habe einen Namen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Hill
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war. Es musste in der Nacht davongesegelt sein.
    »Nein, Kind«, sagte
Biton. »Sie werden nicht kommen.«
    Ich sagte mir, dass
Biton von diesen Dingen nichts verstehe. Er betete nicht. Er wusste nichts von
Allah. Er musste sich irren. Aber vielleicht konnte er mir auf andere Weise
helfen.
    »Eines Tages, wenn wir
wieder Kraft haben, könntest du mich dann zurück über diesen Fluss bringen?«
    »Weißt du, wie dick der
Fuß eines Karnickels ist?«
    »Ja«, sagte ich.
    »So nahe waren wir alle
dem Tod. Vor nur sechs Monden habe ich den Jungen im Dorf noch das Ringen
beigebracht. Keiner von ihnen vermochte mich zu besiegen, und jetzt bin ich
alt. Zu alt für das, worum du mich bittest. Und du selbst bist noch zu jung, um
daran zu denken.«
    »Eines Tages«, sagte
ich.
    »Du lebst heute, Kind.
Morgen ist ein Traum.«
    Ein oder zwei Mal noch
rezitierte ich die rituellen Gebete in meinem Kopf. Allahu
Akbar. Aschadu Allah ilaha illa-Lah-Aschadu anna Muhammadar rasulu-lah . Es war nicht das Gleiche, wie zu Hause
zu beten, an einem ruhigen Ort mit allen Gedanken der Welt hinter mir. Zu
Hause, selbst während des Ramadan, wenn wir einen vollen Mond lang tagsüber
fasteten, war mir das Beten leichtgefallen. Hier im Land der Toubabu jedoch
konnte ich mich nicht offen betend der aufgehenden Sonne zuwenden, und es nur
in meinem Kopf zu tun, fühlte sich einsam und sinnlos an. Die Nächte kamen und
gingen, und die Gedanken an Allah verblassten.
    Wir aßen gemeinsam aus
den Eimern. Am dritten Tag wollte Fanta nicht aufhören, Fomba während des
Essens anzustarren. Darauf nahm er etwas Reis in die Hand und ging davon, um
ihn allein für sich zu essen. Biton stand auf und folgte ihm. Eine Hand auf Fombas
Schulter, kam er mit ihm zurück.
    »Er isst mit uns«,
sagte er auf Bambara und bat mich, es Fanta zu erklären. Es mache nichts, sagte
er, dass Fomba und einige andere in unserer Heimat unfrei gewesen seien. Hier
im Land der Toubabu äßen wir gemeinsam. Wir würden keine Unterschiede erkennen
lassen. Die Toubabu sollten nichts von uns erfahren.
    Fanta trat einen Eimer
um. »Ich sollte keine Gefangene sein«, sagte sie. »Ich bin frei geboren.«
    Zum Schlafen
rutschten wir im kalten, harten Sand zusammen. Biton. Fanta. Chekura. Fomba.
Oumou. Ein paar andere. Und ich. Niemals hatte ich in Bayo so viele
verschiedene Männer und Frauen gemeinsam schlafen sehen. Es wäre niemals
zugelassen worden. Aber hier auf der Insel schenkte es uns Trost und
Geborgenheit, unsere Wärme in einem Nest aus Körpern zu verbinden.
    Eines Nachts wachte ich
auf und sah die Sterne brennen. Mir fehlte das Gefühl von Oumous warmem Bein
auf meinem und das Schnarchen von Biton. Chekura war da, und Fanta lag
unglücklicherweise direkt neben mir. Aber Oumou und Biton waren weg.
    Ich drehte mich und sog
die Luft in meinen Körper. Da waren sie. Biton und Oumou! Nur ein paar Schritte
entfernt ritten sie einander die klatschenden Lenden. Sie waren wie Hunde
miteinander verbunden. Ich hörte ihr nasses Fleisch aufeinanderschlagen und
musste an den Medizinmann denken, der die Frauen immer zur gleichen Tageszeit
genommen hatte: nach dem Essen und dem Feuerwasser, aber vor dem Schlafen. Zu
Hause bei meinen Eltern hatte ich manchmal nachts aufstehen müssen, um mich zu
erleichtern. Aber erst hatte ich nachgesehen, ob Mama und Papa vielleicht
zusammen waren, ruckten und keuchten wie Oumou und Biton. Dann konnte ich nicht
aufstehen. Dann musste ich still liegen bleiben, schloss die Augen und hoffte,
sie würden bald fertig sein und ich würde es nie wieder sehen.
    Am Morgen, als ich
aufwachte, waren Oumou und Biton wieder bei uns, und keiner sagte ein Wort.
    Ein Schiff
kam zur Insel. Die Toubabu begannen uns zusammenzutreiben, zuerst die, denen
immer noch die Flüssigkeit aus dem Leib rann. Mein Körper wollte hinfallen. Ich
wollte nichts als mich ausbreiten und von der Erde selbst wiegen lassen. In
Stroh, Gras, Erde, Sand. Es war mir längst egal. Jede Art Bett war gut. Aber
sie zwangen mich auf die Beine, und ich musste mich vornüberbeugen. Ich hatte
Angst, dass sie mein Fleisch erneut verbrennen würden, besaß jedoch nicht die
Kraft, mich zu wehren. Sie drückten meinen Kopf weiter nach unten, zogen meine
Hüften auseinander und steckten mir einen Grasstopfen tief in den Hintern. Er
stach und verursachte starke Krämpfe, aber ich vermochte das Ding nicht wieder
herauszudrücken. Sie nahmen uns die Tücher ab, die wir bekommen hatten, und
warfen sie in ein wild

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