Ich habe einen Namen: Roman
gemeinsam
dafür, die Tyrannei gegen die Menschlichkeit zu beenden. Wenn das so ist, warum
…, beginne ich eine Frage, aber sie lassen mich nicht ausreden. Ich höre
Flüstern über Eigentum und Entschädigungen und die Herrschaft des Gesetzes. Ich
sehe, wie Hände gegeneinander reiben und sich Finger verschränken. Da er mich
für fast taub hält, murmelt Sir Hastings seinem Nachbarn zu, von mir könne
nicht erwartet werden, die Einzelheiten in ihrer Vielschichtigkeit zu
begreifen. Noch einmal wendet er sich an mich.
Ihre Geschichte ist
eine Geschichte der Tugend, sagt er.
Überleben hat nichts
mit Tugend zu tun, antworte ich.
Ich beziehe mich auf
Ihre Ehrbarkeit und Ihren Mut, sagt er. Unser Kampf braucht ein menschliches
Gesicht, und da sitzen Sie. Eine Frau. Eine Afrikanerin. Eine befreite Sklavin,
die aus eigener Kraft aufgestiegen ist. Zwanzig Jahre lang, fährt er fort,
haben die englischen Parlamentarier jedes Abolitionisten-Feuer gelöscht, und
jetzt könnte eine Frau wie Sie die Sache ganz anders aussehen lassen.
Die Spannung macht mich
müde. Ich bin nicht verrückt danach zu kämpfen. Als ich meine Stimme senke,
beugen sich alle vor. Ich kann nicht in Ihrem Parlament sprechen oder den König
treffen, ohne die Knechtschaft meines Volkes zu erwähnen.
Die Männer lassen nicht
locker. Jede Rede davon, die Sklaverei ganz abzuschaffen, wird Pflanzer und
Reeder, Händler und Versicherungen vereinen. Sehe ich denn nicht, dass es die
Besitzenden sind, die im Parlament abstimmen?
Aber ich bin zu alt für
derartige Schlauheiten. Ich kann nicht gegen den Sklavenhandel reden, ohne die
Sklaverei zu verdammen, sage ich. Sagen Sie, was Sie sagen müssen, und ich
sage, was ich zu sagen habe.
Mit einem gezwungenen
Lächeln sagt Sir Hastings, das englische Volk erinnere sich immer noch
schmerzhaft an die blutigen Sklavenaufstände in Saint-Domingue. Eine üble Geschichte
sei das gewesen, dieses Hinschlachten weißer Männer. Alles, was wir fordern
können, sagt er, ist, den Handel zu stoppen.
Selbst wenn Sie jedes
einzelne Sklavenschiff zerstören, sage ich, was ist mit den Männern und Frauen,
die bereits versklavt sind? Was mit den Kindern, die ihnen geschenkt wurden,
aber anderen gehören?
Die Männer sehen John
Clarkson an, der mich bei sich aufgenommen hat. Es ist klar zu sehen, wie
gering sein Ansehen unter diesen Männern ist. Er spricht seine Ideale zu offen
aus und wird nie in den Zeitungen genannt. Aber er ist der Engländer, mit dem
zusammen ich den Atlantik überquert habe, und er ist es auch, der mich zu den
Abolitionisten gebracht hat. Er tut sein Bestes, kann mich aber nicht
überzeugen.
Wir stecken also fest.
Die Abolitionisten planen dennoch weiter. Es gibt bereits Gespräche über
Anhörungen zum Sklavenhandel. Und eines Tages, wenn diese Anhörungen vorüber
sind, werden sie einen weiteren Gesetzentwurf im Parlament einbringen. Sie
sagen, diesmal können sie gewinnen, und ich will, dass es ihnen gelingt. Ihr
Weg ist besser als jede Alternative, nur reicht er nicht aus. Die
Abolitionisten können mich auf eine Stufe mit sich stellen, doch ihre Lippen
sagen meinen Namen noch nicht und ihre Ohren hören meine Geschichte noch nicht.
Nicht so, wie ich sie erzählen will. Aber ich liebe das geschriebene Wort seit
Langem schon und sehe die Kraft eines schlafenden Löwen darin. So heiße ich. Das bin ich. So bin ich hergekommen . Da ich ohne Hörerschaft bin, schreibe
ich meine Geschichte nieder. Ein ruhendes, abwartendes Tier soll sie sein, mit
atmenden Lungen und einem schlagenden Herzen.
John Clarkson sagt
leise, dass sie mich nicht länger so erschöpfen können. Die Abolitionisten
erheben sich von ihren Stühlen. Unser Gespräch ist für heute beendet. Die
Männer treten einzeln zu mir hin, schütteln mir die Hand und verabschieden mich
herzlich.
Einer fragt, ob ich
genug zu essen habe und ob mir das englische Essen nicht gegen den Geschmack
geht. Ein Bursche mit buschigem Schnauzbart bietet mir eine Zerstreuung von der
unvermeidlichen Langeweile an. In der Stadt gibt es eine erstaunliche
Ausstellung afrikanischer Säugetiere und Reptilien, sagt er. Die Londoner sind
verrückt danach, sagt er. Ob ich die Ausstellung gesehen habe? Ich habe nicht
unbedingt eine Schwäche für in Alkohol konservierte Tiere, aber ich will den
guten Mann nicht beleidigen. Nein, erkläre ich ihm, nein, dort war ich noch
nicht.
Sir Hastings meldet
sich zu Wort: Was, lieber Gott, machen Sie denn den ganzen Tag?
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