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Ich habe Jakobs Arsch geküsst: Von Pilgern und Bettwanzen: 800 Kilometer unterwegs auf dem Jakobsweg

Ich habe Jakobs Arsch geküsst: Von Pilgern und Bettwanzen: 800 Kilometer unterwegs auf dem Jakobsweg

Titel: Ich habe Jakobs Arsch geküsst: Von Pilgern und Bettwanzen: 800 Kilometer unterwegs auf dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Messner
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Tag sagt, dass sie kein Englisch kann. Nicht selten sind sogar offen abweisende Erlebnisse gegenüber uns Geldbringern. Das wundert viele Pilger.
    Dazu einige Beispiele eines einzigen Abends:
    1. Wer im Laden, der zwischen eins und fünf zu hatte, nachmittags Obst zum Kauf aussucht und zur Kasse geht, kriegt einen satten Anschiss: Man darf nicht anfassen, was man kaufen will. So weit so gut, es gibt aber weder das Tütensystem wie bei uns, noch einen Hinweis auf das Anfassverbot. Eine Bedienung ist aber natürlich auch nicht in Sicht.
    2. Wer den Außentisch vor der Bar drei Meter weiter aus der Hitze in den Schatten rückt, kriegt einen Anschiss und die Besitzerin stürmt aus der Bar, entwickelt einen Tobsuchtsanfall und wirft vor aller Augen (!) die Stühle zurück in die Sonne.
    Alle sind von diesen unfreundlichen und unprofessionellen Verhaltensweisen ziemlich genervt. Sicher, Spanisch ist auch eine Weltsprache, aber nun doch nicht mit Englisch in einen Topf zu werfen. Auch die vielen französischen und italienischen Pilger sind übrigens in aller Regel nur ihrer eigenen Muttersprache mächtig. Damitbeschneiden sie sich vieler Kontakte zu den internationalen Mitpilgern - und sind dementsprechend meist in eigenen Gruppen unterwegs. Je mehr Fremdsprachen man hier spricht, umso erlebnisreicher und kommunikativer ist der Jakobsweg. Auch wenn man hier nur mit Deutsch ankommt, beschränkt man sich in seinen Erlebnissen ganz erheblich. Die gelegentlichen Versuche der spanischen Gastgeber, auf den deutschen Pilger zuzugehen, enden in aller Regel aber zumindest lustig. So hängt an einem Zaun das Schild: „Nein Leine Anzug!“ Sollte wohl heißen, dass man seine Wäsche hier nicht zum Trocknen aufhängen sollte. Das Restaurant im Busbahnhof in Santiago hat auf der Speisekarte auch einen echten Knaller im Angebot: „Fischen sie Kröte mit Pilzen und Igeln“. Guten Appetit.
    Heute treffe ich zum ersten Mal „Miss Finnland“: Eine kurvenreiche, junge, hellblonde Finnin namens Katariina, die tiefschürfende Frauengespräche zu führen in der Lage ist und sich selbst schon nach ein paar gehauchten Atemzügen als sehr einfühlsam und gefühlsbetont bezeichnet: „I´m such an emotional person.“ Sie begeht allerdings beim nachmittäglichen Einlaufbier gleich zwei wenig einfühlsame, grobe Fouls: Erst ordnet sie in einem ihrer sehr spontan in die Runde gebrabbelten Einwurf Irland politisch den Briten zu - was Holly zu einem hektischen Exkurs durch die Geschichte der irischen Unterdrückung durch diebritische Krone ausholen lässt. Ihr irisches Temperament lässt dabei ihre Augen gefährlich funkeln. Sie wird richtig fuchsig. Miss Finnland ist während dieser kostenlosen privaten Weiterbildungseinheit zudem völlig überrascht, dass nur noch der Vatikan katholischer ist als Irland. Dass die Iren in Jahrhunderten alter Feindschaft zu den Briten großes Leid erfahren hatten, war bisher an Katariina spurlos vorübergegangen. Was soll´s, es steht jedem frei, seine persönlichen Defizite zur Kunstform zu erheben.
    Kurz darauf will die naive Finnin der heutigen Londonerin und gebürtigen Südafrikanerin Elma spontan ihre Herkunft aus Afrika nicht glauben, denn sie sei ja nicht schwarz… Oha, ich habe Mühe, meinen Mund voll Knoblauchsuppe nicht in einem Sprühregen über die Umgebung niedergehen zu lassen. An einem Schweigen, das nun seitens der Finnin mehr als angemessen wäre, lässt uns die schmerzfreie junge Dame aber leider nicht teilhaben - und plaudert fröhlich gaga weiter.
    Elma ist noch ganz bleich - also noch weißer, denn sie hat in den vergangenen Jahren erlebt, dass es für die hellhäutigen Afrikaner in der Jahrhunderte alten Heimat immer schwieriger wird. Sie berichtet sehr schnell und sehr entschlossen von ihrer Quasi-Ausbürgerung aus Südafrika: In London als Sozialarbeiterin tätig, verweigert ihr die südafrikanische Regierung nach ein paar Jahren die Verlängerung des Passes mit Hinweis auf einfehlendes Dokument. Ein Bürokratiespielchen, in dem sich die Botschaft ihres Landes und irgendeine zauselige Abteilung der Regierung in Pretoria gegenseitig die Bälle zuwerfen. Am Ende bekommt sie trotz mehrfachen Bestellens und Bezahlens einfach eine notwendige Bestätigung nicht ausgestellt und verliert schließlich ihre Staatsbürgerschaft ganz. Zum Glück bekommt sie einen britischen Pass und wird nicht staatenlos. Vier ihrer weißen südafrikanischen Freunde ging es genauso, wie sie erzählt. Sie hält das

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