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Ich habe Jakobs Arsch geküsst: Von Pilgern und Bettwanzen: 800 Kilometer unterwegs auf dem Jakobsweg

Ich habe Jakobs Arsch geküsst: Von Pilgern und Bettwanzen: 800 Kilometer unterwegs auf dem Jakobsweg

Titel: Ich habe Jakobs Arsch geküsst: Von Pilgern und Bettwanzen: 800 Kilometer unterwegs auf dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Messner
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schöne kalte Dose Bier ohne Tüte - für gleich vor der Tür. Es hat nämlich 30 Grad da draußen -im Schatten. Um 19 Uhr (vorher gibt´s hier mal wieder nichts) bin ich zum Essen verabredet mit einer Südafrikanerin und einer Deutschen, die ich in der Mittagspause kennengelernt habe. Wieder ist das berühmte „Making friends“ für die nächsten Tage angesagt, denn heute bin ich ja von allen bisherigen Mitpilgern verlassen.
    Außerdem schreibe ich eine Mail an Myra. Die freut sich bestimmt. Sie antwortet prompt. Unsere Ex-Mutter der Kompanie ist inzwischen erfolgreich in Santiago angekommen und hat sich tatsächlich durchgequält. Morgen will sie entscheiden, ob sie nun schnell nach Hause Richtung Kanada fliegt, oder alleine die geplante Erholung an Portugals Stränden anhängt.
    Heute ist mir mal wieder aufgefallen, wie viele, äh, sagen wir mal gut im Futter stehendePilgerinnen und Pilger unterwegs sind. Und egal wie sportlich man selbst ist, abends sind sie im gleichen Ort angekommen. Respekt. Die körperliche Leistung der Dicken ist gar nicht hoch genug einzuschätzen. Zuhause dürften sie ja in der Regel keine Fitness-Kanonen sein, sonst hätten sie sich ihre Pölsterchen nicht so fleißig angefressen. Und hier schleppen sie Schritt für Schritt nicht nur ihren Rucksack, sondern auch ihr Übergewicht mit sich rum. Schon im Mai bei meinem Halbmarathon in Koblenz war ich verblüfft über die große Zahl der Läufer ohne gängiges Läuferprofil. Hier kann man wirklich nur von einer starken Leistung sprechen. Im Gespräch stellt sich immer wieder heraus, dass die Übergewichtigen auf die hier abgenommenen Kilos sehr stolz sind. Dazu kommt ja noch die gewachsene Muskelmasse durch das tägliche Training. Wer so zu Hause weitermacht -mit viel Bewegung - zieht echten Gewinn aus der Nummer hier. Pilgern ist gesund .
    Das wird deinem Leibe gesund sein und deine Gebeine erquicken. Sprüche 3.8

23. Tag von El Burgo nach Mansilla de las Mulas
    Morgens um sieben Uhr geht es auf die 19 Kilometer lange Tagesetappe. Erst um halb achtbeginnt die Dämmerung trotz wolkenlosen Himmels. Das ist mir zu lange zu dunkel. Morgen gehe ich also erst um halb acht los. Heute morgen soll eine Australierin im Dunkeln gestolpert und schwer aufs Gesicht gefallen sein. Darauf kann ich verzichten. Die Nachtpilger mit ihren Lichtkegeln aus winzigen, wackelnden Taschen- oder Stirnlampen sehen morgens aus wie eine lange Reihe von irrlichternden Glühwürmchen. Der schwache Lichtschein reicht dabei in aller Regel nur sehr begrenzt für ein sicheres Sichtfeld aus. Ein zehn Zentimeter tiefes Loch zum Umknicken oder ein blassgelber, an eine schmutzige Hauswand gesprühter Pfeil sind da leicht übersehen. Es ist eindeutig auch todlangweilig, durch die Dunkelheit zu stapfen und die Landschaft und Häuser nicht zu sehen. Den Sonnenaufgang mit seinem herrlichen Farbspiel zu erleben, macht jeden Morgen großes Vergnügen, aber den Hanswurst in der Finsternis gebe ich hier nicht mehr.
    Der Weg führt heute durch eine Landschaft, die stark an die afrikanische Savanne erinnert. Herrlich. Fehlen nur die Giraffen und Löwen, die gelangweilt nur kurz den Kopf heben, wenn man vorbeipilgert - so wie die Hofhunde. Im Kontrast dazu liegen sattgrüne Bachtäler immer wieder quer auf dem Weg - wie Oasen mit Bäumen, Büschen und gurgelndem Wasser ausgestattet. Das Bewässerungssystem in dieser Savanne ist uralt, funktioniert aber offensichtlich prächtig. Hier obenin Nordspanien gibt es dank der Regenfälle in den Mittelgebirgen genug Wasser für eine fruchtbare Landwirtschaft und die Versorgung der Bevölkerung. Von mir aus könnte es hier mal ein paar Nächte lang regnen, um den Monate alten Staub von den Wegen zu waschen. Ich hinterlasse bei jedem Schritt eine feine Staubwolke.
    Durch die Landschaft der Meseta angeregt, hat gestern Abend auch Jennifer aus Südafrika mit leuchtenden Augen von ihrer Kindheit in Afrika erzählt. Die 60-Jährige ist im damaligen Rhodesien auf einer großen Farm aufgewachsen - behütet und unbeschwert. „Jenseits von Afrika“ kommt einem bei ihrer Schwärmerei unweigerlich in den Sinn. Die Kinder spielten damals zum Beispiel Großwildjagd mit dem Luftgewehr, wie sie sich erinnert. Ziele beim Anpirschen waren die von der Großmutter liebevoll selbst gebastelten, lebensgroßen Papplöwen und -antilopen.
    Die vergangenen Tage auf dem Camino haben Jennifer oft an ihre verlorene Heimat denken lassen. Nachdem sie 1978 im Bürgerkrieg

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