Ich habe mich verträumt
hinten den Arm um die Schultern.
„Auf jeden Fall, Dad!“ Die Schlacht am Bull Run war eine meiner liebsten. „Hast du schon deine Rolle bekommen?“
„Oh ja, ich bin Stonewall Jackson.“ Dad strahlte.
„Dad, das ist ja super! Herzlichen Glückwunsch! Wo findet sie statt?“
„In Litchfield“, antwortete er. „Und wer bist du?“
„Ich bin ein Niemand“, klagte ich. „Nur irgendein armer namenloser Konföderierter. Aber ich darf die Kanone abfeuern.“
„Das ist mein Mädchen“, sagte Dad stolz. „Hey, bringst du deinen neuen Freund mit? Wie hieß er noch gleich? Deine Mutter und ich freuen uns übrigens sehr, dass du wieder jemanden gefunden hast.“
Ich räusperte mich. „Äh, danke, Dad. Ich bin nicht sicher, ob Wyatt an dem Wochenende Zeit hat, aber … ich werde fragen.“
„Hey Dad!“ Margaret verpasste unserem Vater einen Schmatz auf die Wange. „Wie verkaufen sich die Schamlippen?“
„Hört mir bloß mit der sogenannten Kunst eurer Mutter auf! Ich nenne das Pornografie!“ Verstohlen sah er in Moms Richtung. Ahahaha. Ahahaha. Oooh. Ahahaha . „Verdammt, sie hat schon wieder eins verkauft. Ich muss hingehen und es einwickeln.“ Dad verdrehte die Augen und marschierte zurück nach hinten.
„Also, Grace“, begann Margaret, „dieser neue Typ.“ Sie blickte einmal von rechts nach links, um sicherzugehen, dass uns niemand belauschte. „Hast du wirklich einen neuen Freund oder ist das schon wieder ein Schwindel?“
Sie war nicht zu Unrecht Strafverteidigerin geworden. „Erwischt“, murmelte ich.
„Bist du nicht schon ein bisschen zu alt für so was?“, hakte sie nach und trank einen kräftigen Schluck.
Ich schnitt eine Grimasse. „Doch. Aber bei Kittys Hochzeit habe ich Nat auf der Toilette gefunden, ganz zerknirscht vor schlechtem Gewissen.“ Margaret rollte mit den Augen. „Also dachte ich, ich mache es ihr leichter.“
„Na klar. Für die Prinzessin muss ja immer alles leicht gemacht werden“, brummte Margaret.
„Und noch was“, fuhr ich leise fort. „Ich habe dieses Mitleid satt. Nat und Andrew sollen sich einfach ganz normal verhaltenund aufhören, mich wie eine verkrüppelte Katze mit Haarausfall zu behandeln, die ihr Essen nicht bei sich behalten kann.“
Margaret lachte. „Erwischt.“
„Ich glaube schon, dass ich bereit bin, jemand Neues kennenzulernen“, fuhr ich fort. „Im Moment tue ich einfach noch so, als ob, aber du wirst sehen: Schon bald werde ich jemand Richtiges finden.“
„Super“, meinte Margaret ohne großen Enthusiasmus.
„Also, was ist los mit dir und Stuart?“, fragte ich nun, während ich einer älteren Dame Platz machte, die sich an Lebens-Quell heranschlich, die Skulptur eines Eierstocks, die für meine Nichtmediziner-Augen aussah wie ein klumpiger grauer Ballon.
Margaret seufzte und leerte ihr Weinglas. „Ich weiß es nicht, Grace. Ich will jetzt wirklich nicht darüber sprechen, okay?“
„Also gut.“ Ich runzelte die Stirn. „Aber ich sehe ihn natürlich in der Schule.“
„Schön. Okay. Dann sag ihm, er kann mich mal.“
„Ich … Das werde ich nicht tun, Margaret. Du meine Güte, was ist denn nur los?“ Obwohl ihre Beziehung auf dem Grundsatz „Gegensätze ziehen sich an“ beruhte, hatten Margaret und Stuart immer glücklich gewirkt. Sie waren bewusst kinderlos geblieben und dank Margarets Erfolgen bei Gericht einigermaßen wohlhabend. Sie wohnten in einem tollen Haus in Avon, unternahmen schicke Reisen nach Tahiti oder Liechtenstein oder dergleichen. Seit sieben Jahren waren sie verheiratet, und auch wenn es Margaret nicht lag, zu schwärmen oder sich zu brüsten, so hatte ich doch immer den Eindruck gehabt, sie wäre zufrieden.
„Oh, da wir gerade von katastrophalen Beziehungen sprechen … Hier kommen Andrew und Natalie. Mist. Dafür brauche ich mehr Wein.“ Sie floh zu den Getränken, um sich noch einen billigen Pinot Grigio einzuschenken.
Und da waren sie tatsächlich, die beiden Blondschöpfe, wobei Andrews Strohblond um einige Nuancen heller war als Natalies Honigblond. Sie wirkten sehr viel entspannter als auf der Hochzeit, wo sie sich nicht näher als vier Meter aneinander herangetraut hatten, damit ich nur ja nicht in Tränen ausbreche. Ja, siewirkten geradezu glücklich. Ihre Hände berührten sich, während sie näher kamen, und man sah, dass sie kleine neckende Bewegungen mit den Fingern machten, auch wenn sie nicht richtig Händchen hielten. Zwischen ihnen knisterte es, und das war
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