Ich habe mich verträumt
Margs?“
„Nein.“ Dass sie den Kopf wegdrehte, strafte ihre Aussagen Lügen. Doch Margaret war niemand, der sich zu Bekenntnissen drängen ließ. „Es ist nur so … ich frage mich einfach, ob er mich wirklich liebt. Ob ich ihn wirklich liebe. Ob eine Ehe eben so ist oder ob wir uns nur den Falschen ausgesucht haben.“
Wir lagen im Gras und schwiegen. Ich mochte Stuart gern, er war ein lieber, ruhiger Mann, wobei ich zugeben musste, dass ich ihn nicht besonders gut kannte. Ich sah ihn hin und wieder an der Schule, meist von Weitem. Die Schüler der Manning liebten ihn, so viel war sicher. Doch bei Familientreffen traten meist Moms und Dads Streitereien in den Vordergrund oder Mémés Monologe über die Schlechtigkeit der heutigen Welt, und da bekam Stuart kaum ein Wort dazwischen. Was ich allerdings wusste, war, dass er fürsorglich, klug und meiner Schwester gegenüber sehr aufmerksam war. Man konnte sogar sagen, dass er sie ein bisschen zu sehr bewunderte, da er ihr bei fast allem den Vortritt überließ.
Die Schreie fliehender Unions-Soldaten und triumphierender Südstaaten-Rebellen erfüllten die Luft.
„Können wir jetzt gehen?“, erkundigte sich Margaret.
„Nein. Dad bringt gerade seine Brigade in Stellung. Warte …warte …“ Ich stützte mich auf die Ellbogen, damit ich es sehen konnte, und grinste schon in gespannter Erwartung.
„Seht auf Jacksons Brigade! Sie steht da wie eine Mauer!“, kamen die berühmten Worte des Brigadegenerals Bee, gespielt von Rick Jones.
„Hurra! Hurra!“ Obwohl ich eigentlich tot sein sollte, konnte ich mir die Jubelrufe nicht verkneifen. Margaret schüttelte den Kopf, musste aber schmunzeln.
„Grace, du brauchst wirklich ein normales Leben“, sagte sie beim Aufstehen.
„Wie denkt Stuart denn darüber?“, fragte ich, während ich mir von ihr aufhelfen ließ.
„Er sagt, ich solle tun, was auch immer nötig sei, um meinen Kopf wieder klar zu kriegen.“ Margaret schüttelte den Kopf, entweder vor Anerkennung oder Unmut. Wie ich sie kannte, war es eher Unmut. „Hör zu, Grace. Meinst du, ich könnte für ein oder zwei Wochen mal bei dir wohnen? Vielleicht auch länger?“
„Sicher“, antwortete ich. „So lange du willst.“
„Danke. Und übrigens: Ich bringe dich mit diesem Typen zusammen. Lester. Ich habe ihn letzte Woche auf Moms Ausstellung kennengelernt. Er ist Kunstschmied oder so etwas.“
„Ein Kunstschmied namens Lester?“, fragte ich nach. „Ach, Margaret, komm schon.“ Dann überlegte ich. Es konnte sicher nicht schlimmer werden als neulich mit dem Kriegsveteranen. „Sieht er gut aus?“
„Tja, das weiß ich nicht. Nicht umwerfend, aber auf eine eigene Art attraktiv.“
„Lester, der Kunstschmied, auf eigene Art attraktiv. Das klingt nicht gerade vielversprechend.“
„Na und? In der Not muss der Teufel eben Fliegen fressen. Und du hast doch gesagt, du wolltest jemanden kennenlernen, also musst du dich mit jemandem treffen. Okay? Okay. Ich sage ihm, er soll dich anrufen.“
„Prima“, murmelte ich. „Hey, Margs, hast du eigentlich mal nach diesem Namen geforscht, den ich dir gegeben habe?“
„Welchem Namen?“
„Von dem Exknacki. Callahan O’Shea, mein Nachbar. Er hat über eine Million Dollar veruntreut.“
„Nein, dazu bin ich noch nicht gekommen. Tut mir leid. Ich werde es diese Woche machen. Veruntreuung. Das ist ja nicht sooo schlimm, oder?“
„Na ja, gut ist es auch nicht. Und es war immerhin über eine Million.“
„Trotzdem besser als Vergewaltigung und Mord“, meinte Margaret fröhlich. „Sieh mal, da gibt’s Donuts. Gott sei Dank, ich bin am Verhungern!“
Und damit verließen wir das Schlachtfeld und gesellten uns zum Rest der Truppen, die bereits Kaffee von Starbucks tranken und Krispy Kreme Donuts aßen. Gut, das war nicht historisch authentisch, aber immerhin besser als Maultierfleisch und Schaufelkuchen.
Am Abend verbrachte ich eine Stunde damit, meine widerspenstigen Locken zu zähmen und ein neues Outfit anzuprobieren. Ich hatte zwei aufeinanderfolgende Verabredungen über eCommitment … Na ja, keine richtigen Verabredungen, aber Treffen, um zu entscheiden, ob es Gründe für Verabredungen gäbe. Das Erste wäre mit Jeff, der tatsächlich vielversprechend klang. Er hatte eine eigene Firma in der Unterhaltungsbranche und sein Foto sah sehr gut aus. Genau wie ich ging er gern Bergwandern, liebte es, im Garten zu arbeiten, und mochte Historienfilme. Sein Lieblingsfilm war allerdings 300 ,
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