Ich habe mich verträumt
Sie beugte sich vor und hob Angus hoch, der an ihrem Schuh knabberte. „Gestern wollte ich von Stuart wissen: ‚Wie kommt es, dass wir nie Sex auf dem Küchentisch haben?‘ Und weißt du, was er geantwortet hat?“ Sie starrte mich anklagend an.
„Was?“, fragte ich nach und setzte mich zu ihr an den Tisch.
Sie senkte die Stimme, um ihren Mann nachzuahmen. „‚Ich bin nicht sicher, dass das gesund ist.‘ Ist das zu fassen, verdammt? Wie viele Männer würden Sex auf dem Küchentisch ausschlagen? Willst du wissen, wann Stuart und ich es tun?“
„Nein, ganz bestimmt nicht“, erwiderte ich.
„Montag, Mittwoch, Freitag und Samstag“, listete sie auf.
„Wow“, meinte ich. „Das klingt doch ganz gut für …“
„Es steht in seinem Terminkalender. Er malt einen kleinen Stern in die Neun-Uhr-Spalte, um sich daran zu erinnern. Geschlechtsverkehr mit Ehefrau. Abgehakt.“
„Aber trotzdem ist es doch schön, dass er …“
„Und das ist das ganze Problem, Grace. Nicht genug Leidenschaft. Deshalb bin ich hergekommen.“
„In die Heimat der Leidenschaft“, murmelte ich.
„Tja, dableiben konnte ich nicht! Vielleicht nimmt er mich jetzt ein bisschen ernster. Vielleicht auch nicht. Im Moment ist mir das eigentlich egal. Ich bin vierunddreißig, Grace. Ich will Sex auf dem Küchentisch! Ist das so verkehrt?“
„Also, ich würde mal sagen, nein“, ertönte eine Stimme. Wir drehten uns um. Callahan O’Shea stand in der Küchentür. Angus ließ sein übliches Wutgebell erklingen und zappelte, um sich aus Margarets Armen zu befreien. „Ich habe angeklopft“, erklärte Callahan entschuldigend. „Hallo, ich bin Callahan. Der gut aussehende Nachbar.“
Margarets Gesichtsausdruck wandelte sich von erbost zu erfreut – wie ein Löwe, der ein dreibeiniges Babyzebra entdeckt. „Hallo Callahan, der gut aussehende Nachbar. Ich bin Margaret, die heiße Schwester.“
„Die heiße verheiratete Schwester“, warf ich ein. „Margaret, darf ich dir Callahan O’Shea vorstellen? Callahan, meine Schwester, seit vielen Jahren glücklich verheiratet und momentan offenbar unter dem verflixten siebten leidend.“
„Hey, es sind tatsächlich sieben Jahre! Stimmt!“ Margaret hörte schlagartig auf, Callahan sehnsüchtig anzustarren. „Sie sind also der Veruntreuer, hm?“
„Genau.“ Callahan neigte den Kopf, dann wandte er sich an mich. „Und deshalb für den Umgang mit anständigen Menschen nicht geeignet, stimmt’s, Grace?“
Ich wurde puterrot. Ah, ja. Kiki und meine Warnung. Callahan sah mich kühl an.
„Ihre Fenster sind gestern gekommen. Wenn Sie wollen, kann ich heute mit dem Einbau anfangen.“
Ich schloss die Augen und versuchte mir vorzustellen, wiedieser Kerl meine Weihnachtsmannsammlung klaute. „Sicher.“
„Wie wäre es, wenn ich nur dann arbeite, wenn Sie im Haus sind?“, schlug er vor. „Dann können Sie Ihr Scheckbuch und die Familienerbstücke im Auge behalten und mich vielleicht abtasten, bevor ich gehe.“
„Das mit dem Abtasten könnte ich auch machen!“, bot Margaret eifrig an.
„Sehr witzig“, sagte ich. „Tauschen Sie einfach die Fenster aus. Wie lange wird es dauern?“
„Drei Tage. Vielleicht fünf, je nachdem, wie gut die alten rauszunehmen sind. Dabei könnte ich übrigens Hilfe gebrauchen, falls Ihr Freund heute kommt.“
Ach du liebe Zeit! Meinen blöden Freund hatte ich schon fast vergessen. Margaret sah mich scharf an. „Hm. Der arbeitet heute“, sagte ich und schickte eine stumme Warnung an Margaret.
„Er scheint ja nicht oft herzukommen, soweit ich das beurteilen kann.“ Callahan verschränkte seine muskulösen Arme und zog eine Augenbraue hoch.
„Tja, er ist eben sehr beschäftigt.“
„Was macht er noch gleich?“, wollte Callahan wissen.
„Er ist …“, ich wünschte, ich hätte etwas weniger Kitschiges genommen, „… Kinderchirurg.“
„So edel“, murmelte Margaret und grinste in ihren Kaffeebecher.
Callahans Haare standen an einer Seite ab, und nach dem, wie meine Finger zuckten, waren sie wohl gerade versucht, durch dieses dichte, weiche, störrische Durcheinander zu fahren. Ich befahl meinen Fingern, mit dem Tagträumen aufzuhören.
„Also, Sie können gern heute mit den Fenstern anfangen, Callahan“, sagte ich. „Möchten Sie vorher vielleicht einen Kaffee?“
„Nein danke“, antwortete er. So viel zu meinem Friedensangebot. „Wo soll ich anfangen? Und wollen Sie erst alle Wertsachen aus dem Raum entfernen?“
„Okay,
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