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Ich habe mich verträumt

Ich habe mich verträumt

Titel: Ich habe mich verträumt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristan Higgins
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„Kann ich dich eben kurz sprechen, Kiki?“, bat ich sie. Dann wandte ich mich an meinen Nachbarn. „Hallo Callahan.“ Ich merkte bereits, dass ich rot wurde. Und überlegte, wie mein Haar wohl aussah. Verdammt. Ich wollte hübsch sein, weil Callahan O’Shea mich ansah.
    „Hallo Grace“, antwortete er. Und lächelte … nur ein bisschen, aber es reichte. Dieser Mann war geradezu unverschämt attraktiv.
    „Ach, ihr beide kennt euch?“, erkundigte sich Kiki.
    „Ja. Wir wohnen nebeneinander. Mr O’Shea ist gerade eingezogen.“
    Ich zögerte, da ich nicht sicher war, ob ich das Richtige tat. Aber ich war schon so lange mit Kiki befreundet, und an ihrer Stelle würde ich doch wohl auch wissen wollen, wenn ein Kerl gerade erst aus dem Gefängnis entlassen worden war, oder? Sobald sie es wusste, konnte sie ja selbst entscheiden, was sie weiter tun wollte.
    Callahan musterte mich aufmerksam. Verdammt. Ich mochte wetten, er wusste genau, was ich dachte.
    „Kiki, Julian und ich haben da mal eine Frage“, sagte ich schließlich.
    „Okay“, meinte sie unsicher. Ich zog sie ein paar Meter weg, ohne Callahan anzusehen. „Äh, Kiki“, flüsterte ich, „dieser Typ kommt gerade aus dem Gefängnis. Wegen Veruntreuung von über einer Million Dollar.“ Ich biss mir auf die Lippe.
    Sie zuckte zusammen. „Ach, Mist!“, raunte sie. „Das ist ja mal wieder typisch! Muss ich mir ausgerechnet einen Verbrecher aussuchen! Aber er sieht doch umwerfend aus, oder?“
    „Und er scheint … Na ja, er ist … Ich fand einfach, dass du es wissen solltest.“
    „Du hast recht, Grace. Ich habe auch so schon genug durchgemacht, oder? Da muss ich mich nicht auch noch mit einem Exsträfling einlassen.“
    Kiki ging wieder zur Bar, um ihr Getränk entgegenzunehmen, und ich folgte ihr mit einigem Abstand. Callahan beobachtete uns. Sein Lächeln war verschwunden. „Nett, Sie kennenzulernen, Callahan“, sagte Kiki höflich.
    Er warf mir einen wissenden Blick zu, sagte jedoch nichts, sondern neigte nur kurz den Kopf. „Einen schönen Abend noch“, meinte er dann und drehte sich wieder zu dem Baseballspiel um, das im Fernseher über der Theke lief. Kiki und ich kehrten an unseren Tisch zurück.
    Inzwischen war unser Artischocken-Dip gebracht worden. Julian knabberte Taco-Chips und sah sich mit seinen dunklen Zigeuneraugen im Lokal um. Ein gut aussehender blonder Mann erwiderte seinen Blick mit gleicher Intensität.
    „Schnapp ihn dir!“ Ich nickte in Richtung des Mannes. „Du bist die begehrenswerteste Frau hier drin, denk dran.“
    „Er sieht aus wie dieser Footballspieler. Tom Brady“, murmelte Julian.
    „Woher weißt du, wer Tom Brady ist?“, fragte ich nach.
    „Jeder Schwule in den USA weiß, wer Tom Brady ist“, erwiderte er.
    „Vielleicht ist es ja Tom Brady“, meinte Kiki. „Man kann nie wissen. Na los, versuch es! Lass ihn sich männlich und klug fühlen. Setz deine weiblichen Reize ein.“
    Einen Moment lang schien Julian es in Erwägung zu ziehen, dann zuckte er mit den Schultern. „Nah“, sagte er. „Wieso brauche ich einen Mann, wo ich doch euch zwei Hübschen habe?“
    Den restlichen Abend über warf ich immer wieder mal einen Blick auf Callahans Rücken, während der Hamburger aß und das Baseballspiel anschaute. Doch er sah kein einziges Mal zu mir.

12. KAPITEL
    A m Sonntagmorgen wurde ich schon wieder von Angus’ hysterischem Gebell aus dem Bett geholt. Verschlafen stolperte ich die Treppe hinunter. Diesmal war es Margaret, die mit Koffer und wütendem Gesicht vor der Tür stand.
    „Da bin ich“, sagte sie. „Hast du Kaffee?“
    „Ja, sicher, lass mich eben Wasser aufsetzen“, antwortete ich schlaftrunken. Letzte Nacht war ich lange auf gewesen und hatte alle zweihundertneunundzwanzig herrlich pathetischen Minuten von Götter und Generäle gesehen und hemmungslos geweint, als General Jackson, schon halb im Delirium, die letzten Befehle an sein Regiment hervorbellte. Man konnte also sagen, dass ich an einem Konföderationskater litt, und Margaret in ihrer misslaunigen Pracht, so früh am Morgen … das tat einfach nur weh. Sie marschierte in die Küche, und ich tapste hinterher.
    „Und? Was ist passiert?“, erkundigte ich mich, während ich den gemahlenen Kaffee abmaß.
    „Merk dir eins, Grace“, verkündete Margaret mit ihrer Herrund-Gebieter-Stimme, „heirate nie einen Mann, den du wie einen Bruder liebst.“
    „Bruder – schlecht. Verstanden.“
    „Ich mein’s ernst, Klugscheißer.“

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