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Ich habe sie geliebt

Ich habe sie geliebt

Titel: Ich habe sie geliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Gavalda
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andere auch. Alles. Ich betete, sie möge nicht mehr ohne mich leben können. Ich dachte nicht an die Folgen unserer Geschichte. Ich hatte soeben herausgefunden, daß das Leben viel netter war, wenn man glücklich war. Ich hatte zweiundvierzig Jahre gebraucht, um das festzustellen, und ich war so begeistert, daß ich es mir nicht erlaubte, alles zu verderben, indem ich den Horizont absuchte. Ich war der einfältige Hirte an der Krippe.«
    Er schenkte uns nach.
    »Das war im übrigen auch der Moment, von dem an ich zum workaholic wurde, wie die Amerikaner sagen. Ich verbrachte die meiste Zeit im Büro. Ich kam vor den anderen und ging als letzter. Ich arbeitete am Samstag und verging am Sonntag fast vor Ungeduld. Ich hatte alle möglichen Ausreden parat. Endlich hatte ich mich aus dem Vertrag mit Taiwan herausgezogen und konnte noch freier agieren. Ich nutzte die Gelegenheit, um andere Projekte aufzubauen. Mehr oder weniger sinnvolle. Und das alles, diese wahnsinnig vielen Tage und Stunden aus einem einzigen Grund: weil ich auf ihren Anruf hoffte.
    Irgendwo auf diesem Planeten gab es eine Frau, vielleicht zwei Schritte entfernt, vielleicht zehntausend Kilometer, und das einzige, was zählte, war, daß sie zu mir kommen konnte.
    Ich war zuversichtlich. Ich war voller Energie. Ich glaube, daß ich in jener Phase meines Lebens ziemlich glücklich war, denn auch wenn ich nicht mit ihr zusammen war, wußte ich, daß es sie gab. Das war schon mehr als erwartet.
    Wenige Tage vor Weihnachten hörte ich von ihr. Sie wollte nach Frankreich kommen und fragte mich, ob ich in der nächsten Woche mit ihr zu Mittag essen würde. Wir haben uns im gleichen kleinen Weinlokal verabredet, aber der Sommer war vorbei, und als sie meine Hand nehmen wollte, zog ich sie eilig zurück. ›Kennt man Sie hier?‹ fragte sie mich und sah gekränkt zu Boden.
    Ich hatte sie verletzt. Ich war unglücklich. Ich reichte sie ihr noch einmal, aber sie nahm sie nicht mehr. Der Himmel zog sich zu, und wir hatten noch nicht wieder zueinander gefunden. Ich suchte sie am gleichen Abend in einem anderen Hotelzimmer auf, und als ich ihr endlich mit den Fingern durch die Haare fuhr, fing ich wieder an zu leben.
    Ich – ich liebte es, mit ihr zu schlafen.
    Am nächsten Tag trafen wir uns am gleichen Ort, und auch am Tag darauf. Es war zwei Tage vor Weihnachten, wir würden uns bald trennen, ich wollte sie nach ihren Plänen fragen, traute mich aber nicht, den Mund aufzumachen. Die Angst war allgegenwärtig. Dieses Ding in meinem Bauch, das mich davon abhielt, sie anzulächeln.
    Sie saß auf dem Bett. Ich beugte mich zu ihr und legte meinen Kopf auf ihre Beine.
    ›Was wird wohl aus uns werden?‹ fragte sie.
    Ich schwieg.
    ›Wissen Sie, als Sie gestern gegangen sind und mich mitten am Tag in diesem Zimmer zurückgelassen haben, habe ich mir geschworen, daß ich das nicht noch einmal erleben möchte. Nie wieder, hören Sie? Nie wieder. Ich habe mich angezogen und bin hinausgegangen. Ich wußte nicht, wohin ich gehen sollte. Das will ich nie wieder erleben, ich will mich nie wieder in einem Zimmer neben Sie legen und zusehen, wie Sie hinterher verschwinden. Das ist zu hart.‹
    Das Sprechen fiel ihr schwer.
    ›Ich habe mir geschworen, nie wieder mit einem Mann zusammenzuleben, der mich leiden läßt. Ich glaube, das habe ich nicht verdient, verstehen Sie? Das habe ich nicht verdient. Und aus diesem Grund frage ich Sie: Was wird wohl aus uns werden?‹
    Ich blieb stumm.
    ›Sie sagen nichts? Das habe ich mir gedacht. Was sollen Sie im Grunde auch sagen? Was können Sie tun? Sie haben Ihre Frau und Ihre Kinder. Und ich, wer bin ich? Ich bin fast nichts in Ihrem Leben. Ich bin so weit weg – so weit weg und so merkwürdig. Ich habe nichts zustande gebracht. Ich habe kein Haus, keine Möbel, keine Katze, keine Kochbücher und keine Pläne. Ich hatte mich für besonders schlau gehalten, hatte gedacht, daß ich im Leben mehr begriffen hätte als andere, weil ich nicht in die Falle gegangen war. Und jetzt sind Sie da, und ich fühle mich vollkommen verloren.
    Jetzt möchte ich nicht länger durch die Gegend ziehen, weil ich das Leben mit Ihnen schön finde. Ich hatte Ihnen gesagt, daß ich versuchen würde, ohne Sie zu leben. Ich versuche es, so gut ich kann, aber ich bin nicht sehr tüchtig, ich denke die ganze Zeit an Sie. Deshalb frage ich Sie jetzt, vielleicht zum letzten Mal, was haben Sie mit mir vor?‹
    ›Sie zu lieben.‹
    ›Was noch?‹
    ›Ich verspreche

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