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Ich habe sie getötet: Roman (German Edition)

Ich habe sie getötet: Roman (German Edition)

Titel: Ich habe sie getötet: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Knight
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wohl herauskommen wird. Solange ich das nicht weiß, hänge ich in einer schrecklichen Schwebe, bin hin- und hergerissen zwischen Hoffnung und Angst. Später sitze ich allein im dunklen Wohnzimmer und sehe mir Crime Time an. Gerry erscheint auf dem Bildschirm, aber ich habe noch nicht mal die Kraft, mich zu freuen oder gar stolz darauf zu sein, dass mein Gefühl doch nicht ganz falsch war. Dabei könnte ich durchaus stolz sein: Er gibt sich ruhig und klar, und Marika ist hingerissen von ihm. Als die Sendung zu Ende ist, kommt eine SMS von Shaheena: »Er ist aufgetaucht, als wir schon auf Sendung waren. Livvy ist sooo zufrieden. Das hast du gut gemacht.« Mir fehlt die Energie, ihr zu antworten.
    In der Nacht erwache ich schweißnass aus einem Alptraum. Melody ist in ihrem roten Kleid auf einer Flutwelle auf mich zugesurft, mit Schenkeln, so trainiert wie die eines Läufers, und einem triumphierenden Grinsen. Mein Bett aber ist kalt und leer.
    Um sechs rufe ich bei Lex an, doch er meldet sich nicht. Noch nicht einmal diese Genugtuung ist mir vergönnt: zu hören, wie er es aufnimmt, dass sie Paul haben gehen lassen. Für den Weg zur Schule ziehe ich meinen alten Rollkragenpullover an, auch wenn die Wolle kratzig ist. Über Nacht haben sich an meinem Hals deutliche Abdrücke gebildet, und dieses schwarze, mottenzerfressene Ding, das ich nach monatelangem Tiefschlaf wieder hervorgeholt habe, ist das einzige Kleidungsstück, mit dem ich sie verhüllen kann. Während sich mein Gesicht allmählich erholt, ist mein Körper angegriffen, aber selbst nach diesen dramatischen Szenen sehe ich aus wie immer. Ich frage mich, wie viele Frauen schon mit einem makellosen Lächeln durch dieses Schultor gegangen sind, während an ihrem Körper der Abdruck einer Männerhand verblasste.
    Josh hüpft davon, zu den Mülltonnen, wo er mit anderen Jungen Fußballkarten tauschen will; Ava lässt meine Hand nicht los. Wir bleiben noch eine Weile an der Kindergartentür stehen. Die Sonne wärmt mein Gesicht, es wird mit Macht Frühling. Mir ist viel zu warm in dem Pullover, aber ich bin da. Paul ist vor dem Abgrund zurückgewichen – er hat von mir abgelassen. Ich sehe mir das Gewimmel an, die vielen Kinder, die auf dem betonierten Schulhof unermüdlich im Kreis rennen, und meine Gedanken schlagen Kapriolen. Cassidy fragt mich, ob ich beim Kuchenbasar helfen möchte, Sarah winkt herüber und macht ein T-Zeichen – ja, ich möchte einen Tee und einen kurzen Plausch, nachdem die Kinder abgeliefert sind. Becca fängt an, mir etwas über nächtliches Füttern vorzujammern, und ich bemühe mich, sie höflich zu ignorieren. Es klingelt. Ich sehe, wie sich Josh in die Reihe stellt, um ins Schulhaus zu gehen. Jetzt bin ich allein, mir selbst überlassen, segele nicht im schützenden, hochangesehenen Windschatten von Paul. Ich schlucke, was immer noch weh tut. Alles an mir ist wund und weh, aber es wird heilen. Meine Mutter hat sich jahrelang mit Ängsten und dem Gefühl von Niederlage gequält – das ist bei mir anders, ich gehöre einer anderen Generation an. Ich habe einen Beruf, und ich habe meine Kinder. Die blauen Flecken werden verblassen, der Schnitt wird eine Kruste bilden; die Liebe meiner Kinder wird mich am Leben erhalten. Wir können, wir werden und wir müssen uns von Pauls schrecklichem Fehler erholen.
    »… also hab ich beschlossen, kein Weizenmehl mehr zu geben.« Ich starre Becca verständnislos an. Wahrscheinlich hat sie mir schon die ganze Zeit etwas erzählt. »Ach, übrigens, Kate, das habe ich ganz vergessen: Ich weiß jetzt, wem der Hund gehört hat.« Sie sieht mich erwartungsvoll an, während ich blinzele und die Stirn runzele. »Du weißt schon! An dem Tag, als dir bei Cassidy so schlecht war, da hast du gesagt, ein Hund wäre überfahren worden. Also, ich glaube, das war der Labrador von der Pilates-Lehrerin meiner Schwester. Er hatte ein wunderschönes schwarzes Fell und war so lieb, ich weiß noch, einmal im Park, da kam er auf Maxie zugesprungen und … Oh, kommen die hier rein?«
    »Gleich drei Autos!«, ruft Cassidy.
    »Sie sind nicht in Uniform …«
    »Was wollen die?«
    »Der da hat ein Funkgerät.«
    »So viele!«
    »Gehen die ins Büro?«
    »Hoffentlich ist niemand verletzt …«
    »Das muss was Ernstes sein …«
    »Sie kommen hier rüber!«
    »Kate?«
    »Kate … o Gott.«
    Cassidy und Becca treten den Rückzug an. Eben schienen sie noch meine Adoptivfamilie zu sein, jetzt erweisen sie sich als

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