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Ich habe sie getötet: Roman (German Edition)

Ich habe sie getötet: Roman (German Edition)

Titel: Ich habe sie getötet: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Knight
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eine gute Portion von meiner Qual weitergebe an diese selbstgerechte Visage. Aber ich bin nicht da unten zwischen Pisse und Schnee, ich befinde mich in einer weitaus unangenehmeren Position. »Lass mich bloß in Ruhe damit«, sage ich.
    Als ich in den Raum zurückkehre, in dem getafelt wird, ist Paul gerade mitten in seiner Rede. Er hält ein Mikrofon in der Hand, mehr als hundert Gäste lauschen ihm aufmerksam. Jetzt dreht er sich halb herum und lächelt. »Ich möchte Sie nicht unnötig lange beanspruchen, aber zu der am kontroversesten diskutierten Produktion, die Forwood TV bislang abgeliefert hat, will ich doch noch ein paar Worte sagen. Die Serie Inside-Out ist den ganzen Winter hindurch über die Fernsehschirme geflimmert; im vergangenen Monat lief die letzte Folge. Sie hat heftige Reaktionen ausgelöst; überall im Land, vom Parlament bis hin zu den Seiten der Sun haben sich regelrechte Debatten entfaltet. So etwas leisten nur wirklich gute Fernsehproduktionen, und ich glaube, diese Serie ist eine der besten.«
    Jemand ruft: »Bravo!«, und Paul hebt die Hände.
    »Diese Dokumentation zeigt uns das reale Leben, mit all seinen Widersprüchen und auch seinen tristen Seiten. Gerry Bonacorsi ist kein angenehmer Mensch. Er hat seine Frau erdrosselt. Deshalb ist er als Mörder verurteilt worden und hat dreißig Jahre im Gefängnis gesessen. Die Entscheidung, ihn zu begnadigen, obwohl er keinerlei Reue bekundet hat, mussten Gott sei Dank weder Sie noch ich treffen. Wir haben es übernommen, den Prozess der Entscheidungsfindung in Echtzeit zu zeigen« – wieder ertönen beifällige Zurufe – »und damit den Zuschauer aus nächster Nähe erfahren zu lassen, was es heißt, ›lebenslänglich‹ zu sitzen und schließlich in die Freiheit entlassen zu werden. Reality-TV – und das ist unser Kerngeschäft bei Forwood – ist von nicht wenigen Kritikern lange Zeit verspottet worden. Inside-Out beweist nun, dass dieses Format Sendungen hervorbringen kann, die sehr ernst zu nehmende Denkanstöße liefern. Mit Inside-Out haben wir auf dem Gebiet der Fernsehdokumentation Neuland betreten, und ich möchte an dieser Stelle zum einen dem engagierten Team danken, das hellsichtig genug war, das Potenzial dieses Projekts zu erkennen, und zum anderen den Kollegen von Channel 4, die mutig genug waren, es zu senden, obwohl völlig offen war, wie es aufgenommen werden würde.« Hier und da fangen Leute an zu klatschen. »Vielen Dank euch allen für die gute Arbeit.«
    Bravorufe hallen von der hohen Decke wider, als Paul den Arm ausstreckt und mich zu sich heranwinkt. »Aber bevor ich mich setze und Sie bitte, den weiteren Abend nach Kräften zu genießen, möchte ich Ihnen noch jemanden vorstellen, dem ich zu danken habe. Ich danke ihr dafür, dass sie die schwierige und unabsehbare Aufgabe, es mit mir auszuhalten, so großartig meistert.« Irgendwo lacht jemand. »Ich bitte Sie alle, aufzustehen und das Glas zu erheben auf meine wunderbare Frau und Komplizin Kate, ohne die dies alles nicht möglich gewesen wäre.« Ich höre tausend Stuhlbeine scharren, Beifallklatschen wie Flügelschläge, Bravorufe, die hohl in meinen Ohren dröhnen. Paul hat die Arme ausgebreitet, als wollte er mich einfangen.
    Mein Mann ist ein elender, beschissener Lügner.
    Ich stehe da wie angewurzelt und spüre nichts als den Drang, Paul zu schlagen und noch mal zu schlagen, ihm eine zu verpassen für jede einzelne Stunde zwischen dem Zeitpunkt, als er sich von Lex verabschiedet hat, und seiner Rückkehr nach Hause. Aber ich bin angepasst und zurückhaltend, gefangen in kleinkariertem Statusdenken. Sie werden nicht erleben, dass ich einen Aufstand mache. Der Schlachthof wartet, Pauls Finger geben mir Zeichen. Mir ist flau, der Sauerstoff wird knapp. »Liebes?« Endlich ringe ich mir mein strahlendstes Lächeln ab, füge mich in die Umarmung und lasse damit den Riegel vor dem Käfig unserer Ehe zufallen.

9
    D ie Atmosphäre im Taxi nach Hause ist eisig. Paul drängt mich zu sagen, was eigentlich los ist. In mir halten sich Angst und Wut die Waage, und alles zusammen droht jeden Moment überzuschwappen.
    »Erzähl mir genau, was am Montagabend passiert ist.« Ich flüstere, weil ich auf keinen Fall will, dass der Taxifahrer etwas mitbekommt.
    Paul verdreht die Augen. »Ich war aus. Ich bin zu lange geblieben. Es tut mir leid …«
    »Wann ist Lex gegangen?«
    Er sieht mich grimmig an. »Du hast mit ihm gesprochen, oder? Du schnüffelst mir nach.«
    »Du

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