Ich habe sie getötet: Roman (German Edition)
hierhergekommen.« Sie lächelt gewinnend in die Runde. »Jetzt ist alles gut.«
»Endlich mal was Erfreuliches!« Auf dem Gesicht von Schwarze Wolke erscheint ein ungewohntes Grinsen. »Wir wollen ein Interview mit Gerry Bonacorsi. Sie beschuldigen ihn nicht, also ist er jetzt Freiwild. Wir müssen ihn in die Sendung kriegen.«
»Finde ich gut«, sagt Marika ruhig.
»Er war zwar stundenlang im Fernsehen, aber es gab kaum mal ein Interview mit ihm, keine schärferen Fragen. Wenn du ihn direkt angehst und weniger rücksichtsvoll fragst, kommen vielleicht interessante Dinge heraus.«
»Verstehe«, sagt Marika.
»Es gibt da ein Problem«, wirft Matt ein.
»Von Problemen will ich nichts wissen!«, faucht Livvy.
»Seit die Polizei ihn vernommen hat, versteckt er sich. Keiner kommt an ihn heran.«
» Wir kommen an ihn heran. Wir haben ihn schließlich berühmt gemacht, er schuldet uns was!«
»Wir müssen uns einfach an seinen Agenten wenden …«, sagt Marika freundlich.
»Er hat keinen Agenten«, gibt Matt zurück. »Er hat in Südlondon gewohnt, aber jetzt ist er untergetaucht.«
»Dieser dämliche, hirnlose Schwachkopf …«
»Wir könnten’s bei den Boulevard-Leuten versuchen«, schlägt Marika vor. Sie lässt sich von dem neuerlichen Ausbruch nicht beeindrucken. »Die müssen doch wissen, wo er steckt. Ich bin mit einem Herausgeber befreundet, den ruf ich mal an; er kann uns bestimmt weiterhelfen.«
»Klasse, Marika!« Livvys düstere Wolken haben sich für einen Moment verzogen. »Wir müssen Gerry unbedingt in diese Show kriegen. Ohne Wenn und Aber. Wir finden ihn, bevor wir auf Sendung gehen, oder ich … Ich weiß nicht, was ich dann tue, aber schön wird es nicht!«
»Ist er denn nicht gefährlich?«, fragt Shaheena. »Ich meine, selbst wenn wir rausfinden, wo er ist – er bleibt ein verurteilter Mörder, und als die Polizei ihn geholt hat, soll er auch Widerstand geleistet haben. Irgendwo habe ich gelesen, dass er möglicherweise die Leute umbringt, die ihn über Inside-Out berühmt gemacht haben. Irgend so ein Syndrom, ich habe den Namen vergessen.« Als niemand ihr zu Hilfe kommt, redet sie einfach weiter. »Wollen wir wirklich in seine Nähe kommen – immer vorausgesetzt, wir kriegen überhaupt raus, wo er steckt?«
»Himmel noch mal«, knurrt Livvy. »Du redest über ungelegte Eier! Erst mal müssen wir ihn aufstöbern, und wenn wir das wollen, können wir uns dann immer noch zusätzlichen Schutz holen, bevor wir auf ihn zugehen.«
»Ich würde ihn rasend gern interviewen«, ruft Marika. »Er ist so total widersprüchlich. In einer Inside-Out -Episode habe ich gesehen, dass er sich Der weibliche Eunuch aus der Gefängnisbibliothek geholt hat. Sie mussten es extra aus dem Frauengefängnis in Holloway kommen lassen! Bevor wir auf Sendung gehen, werde ich mich mit ihm über den Feminismus unterhalten. Vielleicht hat er ja auch Betty Friedan gelesen?«
Jetzt wird Livvy nervös. »Das darf aber auf keinen Fall in das Interview eingehen. Die Leute schalten sonst scharenweise um.«
Marikas Lachen ist wie Honig auf Toast. »Vergiss nicht, dass es einige Bildung erfordert, so dumm dreinzuschauen.« Livvys Lachen ist eher wie Marmite-Würzpaste auf Knäckebrot, aber es kommt von Herzen.
Ich riskiere ein Lächeln, das mir allerdings vergeht, sobald Livvy sich mir zuwendet. Mit drohendem Unterton sagt sie: »Und du schläfst mit dem Feind, Kate.« Alle starren mich an.
»Wie bitte?«
Ich habe immer sehr darauf geachtet, dass nicht alle Welt weiß, in welchem Verhältnis ich zum Chef stehe.
Livvy schnaubt verächtlich. »Du bist schließlich auf Tuchfühlung mit Forwood. Keiner kennt Lex so gut wie Paul. Krieg wenigstens ein bisschen was Nützliches heraus!« Ich nicke langsam, während ich beim Gedanken an all meine Geheimnisse rot anlaufe.
Als wir am Ende der Sitzung aufstehen und Laptops, Notizbücher und Bleistifte einsammeln, überrascht Marika mich mit einer Frage. »Dann bist du mit Paul Forman verheiratet?«
Ich nicke. Sie schließt kurz die Augen mit den langen, dichten Wimpern, während die feinen Brauen nach oben wandern, in Richtung des blonden Haaransatzes. Dazu nickt sie anerkennend. Ich mache mich darauf gefasst, dass jetzt gleich eine weitere treue Anhängerin ein Loblied auf meinen Mann anstimmt. »Der Glückliche«, sagt sie, und ich würde die zierliche Gestalt am liebsten in meine mütterlichen Arme schließen; bestimmt ist sie leicht und weich wie Zuckerwatte.
Ich
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