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Ich haette dich geliebt

Ich haette dich geliebt

Titel: Ich haette dich geliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Haferburg
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Louis Kampen einen Auftrag erteilte. Auch wenn es um das Bild meiner Mutter ging.

    Träume sind Schäume. Ein Sprichwort, was ich nie verstanden habe. Schäume? Weil sie wieder verschwinden, die Schäume oder was? Was denn überhaupt für Schäume? Man weiß es nicht.
    Nachdem ich wieder in Besitz eines gesunden Beines war, kam Deine Mutter nicht mehr in das Wohnheim. Ich glaube, sie hatte Angst gesehen zu werden. Sie war bis dahin flink und fast unsichtbar gewesen. Und die anderen hatten ja Schule oder Arbeit, während sie kam. Aber Du weißt, wie das ist. Kaum hat man das Gefühl, etwas „Falsches“ zu tun, wird man zum Tollpatsch. Man macht Fehler.
    Ich habe dann auch Bedenken gehabt. Ich gebe es zu. Aber eher wegen Marlene. Sie war im Herzen stockkonservativ, und ich glaube, ihre plötzliche Leidenschaft für einen so jungen Mann brachte sie in eine moralische Bedrängnis. Ich hatte Angst, sie würde mich sitzen lassen, mit dem Herzen voll Sehnsucht.
    Ich hatte also das gesunde Bein und besuchte sie von da an wieder in ihrem Radverleih. Zu ihr nach Hause durfte ich nicht. Noch nicht. Das war ihr heiliger Ort. Wäre ich dort zu früh eingedrungen, hätte sie wahrscheinlich das Gefühl gehabt, sich völlig aufzugeben.

    Aber wir fuhren weg. Übers Wochenende. Wir überlegten uns ein Ziel und entschieden uns für ein kleines Landhotel in unmittelbarer Umgebung. Uns ging es nicht um die Entfernung, sondern um einen neutralen Ort. Es war ein Versuch zu sehen, ob wir über unsere üblichen heimlichen Stündchen im Radverleih hinauskamen. Zum ersten Mal mussten wir andere anlügen. Meine Eltern fragten mich natürlich, warum ich sie nicht besuchen kam, und ich erzählte ihnen etwas von einem Freund und seinem Geburtstag. Ich dachte mir sogar einen Namen aus. Meine Eltern fanden das seltsam, denn ich war ja bis dahin ein Einzelgänger gewesen. Mein einziger Freund Karl war in Berlin, und den wollte ich da nicht mit reinziehen. Er konnte nicht lügen, ohne zu stammeln. Sie fragten mich fast inquisitorisch nach meinem neuen Freund, und ich musste einigermaßen flunkern. Mein Vater hatte sicher, anlässlich Ermangelung erzieherischer Härte durch den Wehrdienst, Angst, ich könnte homosexuell sein.
    Ich hätte natürlich auch die Wahrheit sagen können, aber es kam mir nicht in den Sinn. Es war unausgesprochen klar, dass Marlene und ich ein Geheimnis teilten.
    Wir fuhren mit dem Bus. Das Landhotel war eine mittlere Absteige. Direkt an einer Landstraße. Lastwagen donnerten vorbei und die Zimmer ähnelten denen im Wohnheim. Aber uns war es egal. Wir waren allein. Die Wirtin sagte so etwas wie: „Ach, Sie sind mit Ihrem Sohn auf der Durchreise.“ Und ich weiß noch, wie ich mich schämte, bei dem Gedanken, Marlene könne beleidigt sein, für meine Mutter gehalten zu werden.
    So richtig wussten wir nicht, was wir eigentlich erwarteten von der gewonnenen Zeit.
    Unsere Brote für die Busfahrt hatten wir nicht gegessen. Es war eine seltsame Situation. Marlene saß auf einem Bett und ich auf dem anderen Bett, ihr gegenüber. Wir packten unsere Brote aus und aßen. Es war hell in dem Zimmer, und ich dachte darüber nach, ob wir die Betten nachts zusammenschieben würden.
    „Schmeckt's?“, fragte Marlene mich.
    „Ein bisschen trocken. Wir haben nichts zu trinken“, sagte ich.
    „Dann, lieber Louis, hol doch was von der Wirtin.“ Marlene biss in ihre Stulle.
    Als ich mit zwei Flaschen Brause zurück auf das Zimmer kam, stand Marlene am Fenster und weinte. Ich war unfähig, etwas zu sagen. Wie ein Trottel öffnete ich die Brause und hielt ihr die Flasche hin. Ohne mich anzuschauen, griff sie nach der Flasche und nahm einen Zug wie ein Bauarbeiter.
    „Ob das alles ist?“ Ihr Blick ging ins Leere.
    Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was sie meinte. Ich traute mich aber auch nicht zu fragen. Ich war unerfahren. Vielleicht wäre einem langjährigen Ehemann klar gewesen, was mit dieser Aussage gemeint war. Und dann sagte ich einfach, ohne darüber nachzudenken, rein intuitiv: „Nein, Marlene“.
    Es schien zu passen. Sie lachte mich an und wischte sich mit dem Zeigefinger eine Träne aus dem Augenwinkel. Dann küssten wir uns. Bis tief in die Nacht lagen wir eng umschlungen auf dem linken Bett. Irgendwann schlief ich ein. Als ich erwachte, lag Marlene in dem anderen Bett. Sie hatte mir den Rücken zugekehrt, und ich konnte nur die weiße Bettdecke und ihre wuscheligen Haare sehen.
    Ich war so glücklich.
    Ich ging nach

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